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Thema des Tages

Licht und Schatten: SCM in USA und Europa

28.09.1999
Thema des Tages

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Das französische Beratungsunternehmen Cap Gemini und die Marktforscher der International Data Corp. (IDC) haben gemeinsam die Strategien von 250 großen Unternehmen in den USA und Europa für den Einsatz von SCM-Lösungen (Supply-Chain-Management = DV-gestützte Verwaltung der gesamten Wertschöpfungskette) untersucht.

Die befragten Unternehmen lassen sich aus Sicht der Experten in vier Kategorien einordnen:

Zur Gruppe der "führenden Unternehmen" mit einem voll entwickelten Supply-Chain-Modell gehören nur ein bis drei Prozent, diese betrachten die Supply Chain als ernstzunehmende Waffe im Wettbewerb. Sie betreiben meist ein virtuelles Netzwerk oder virtuelles Unternehmen und bemühen sich deswegen, ihre "Beweglichkeit" ständig zu verbessern.

Die folgenden 14 bis 16 Prozent sind sogenannte "innovative Unternehmen", die einen Supply-Chain-Ansatz verfolgen. Sie befinden sich in einer Phase der Differenzierung und Implementierung neuer Beziehungsmodelle und nutzen dazu ihre Netzwerke.

Die Gruppe der "nachahmenden Unternehmen" macht mit 39 Prozent den zweitgrößten Anteil aus. Diese Firmen befinden sich in einer ersten Phase der Optimierung ihrer Geschäftsprozesse. Dabei liegt der Schwerpunkt vorerst auf den Service-Levels und der Kostenreduzierung.

Die mit 44 Prozent weitaus meisten Companies sind aber noch immer "konservative Unternehmen", die einen rein produktorientierten Ansatz verfolgen. Ihre Strategie zur Integration der Supply Chain ist deswegen reaktiv und im Umfang sehr beschränkt. Deswegen können sie die Vorteile des SCM nicht voll nutzen.

Regional konstatieren die Auguren deutliche Unterschiede. Sie bescheinigen den amerikanischen Großunternehmen durch die Bank besser entwickelte und dynamischere Positionen und Strategien. Auf dem alten Kontinent gibt es wiederum von Land zu Land große Differenzen. Zu den dynamischsten Ländern gehören aus Sicht von Cap Gemini und IDC sowohl Deutschland als auch die Benelux-Staaten. Frankreich und England weisen demgegenüber einen höheren Anteil an "nachahmenden Unternehmen" auf. Diese Märkte erwachen offenbar gerade erst, verfügen aber deswegen auch über ein starkes Entwicklungspotential. Die südeuropäischen Länder und Skandinavien befinden sich in einem Übergangsstadium.

Stark differenzieren mußten die Experten auch bei den vertikalen Märkten. Hier gibt es erhebliche Unterschiede sowohl zwischen den einzelnen Branchen als auch innerhalb bestimmter Segmente. Die jeweiligen SCM-Ansätze unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich Entwicklungsstand und Größe, sondern auch in den Schwerpunkten ihrer Investitionen und der Anzahl laufender Projekte. Besonders aktiv sind zahlreiche Unternehmen im Einzelhandel und in der Transport- und Distributionsbranche; ebenfalls sehr dynamisch zeigt sich die Chemische Industrie. Den Status erwachender Märkte räumt die Studie der Glas-, Metall-, Papier- und Textilindustrie sowie der Industrie für abgepackte Konsumgüter ein. In der Autmobil- sowie Luft- und Raumfahrtindustrie sowie in der Elektro- und Elektronikindustrie wird aus Sicht von Cap Gemini und IDC die Schere zwischen Unternehmen, die einen SCM-Ansatz verfolgen und solchen, die das nicht tun, immer größer.

Die durchschnittliche Gesamtinvestitionen in laufende SCM-Projekte (inklusive Hardware, Software und Dienstleistungen) belaufen sich auf 9,6 Millionen Dollar. Die befragten Unternehmen rechnen für die kommenden zwei Jahre mit einem durchschnittlichen Gewinn von 6,5 Millionen Dollar. Dabei liegen die Erwartungen des "harten SCM-Kerns" doppelt so hoch wie die der "konservativen Unternehmen".

65 Prozent der SCM-Projekte werden von der obersten Führungsebene der Unternehmen (Geschäftsführung, CEO = Chief Executive Officer) geleitet, wie dies auch bei anderen funktionsübergreifenden Anwendungen (ERP = Enterprise Resource Planning, CRM = Customer-Relationship-Management) oft der Fall ist. In den meisten Fällen werden sie gemeinsam mit Systemintegratoren oder Beratern entwickelt und implementiert. Dabei erwarten die Auftaggeber neben profunden Kenntnissen über die eigene Branche und die ihrer externen Partner (Zulieferer, Kunden, Vertriebsgesellschaften) von ihren Projektpartnern ein vollständiges Dienstleistungsportfolio von der Beratung über die Implementierung bis zum Support. Diese Anforderung grenzt aus Sicht der Experten die Anzahl der möglichen Partner von vornherein stark ein.

Als größter Hemmschuh für die Umsetzung eines Supply-Chain-Ansatzes erweist sich laut Cap Gemini und IDC immer wieder der "kulturelle Aspekt". Die befragten Unternehmen hoben insbesondere den Widerstand gegen Änderungen bei ihren Arbeitsmethoden, die gewachsene Unternehmenskultur, die Organisation und soziale Probleme als wichtigste Barrieren in der Entwicklung ihres Supply-Chain-Projekts hervor.