Belgisches Gericht lehnt Gläubigerschutz ab

Lernout & Hauspie endgültig am Boden?

15.12.2000
MÜNCHEN (CW) - Das angeschlagene Softwareunternehmen Lernout & Hauspie erhält in Belgien keinen Gläubigerschutz und sieht sich mit Bankforderungen konfrontiert. Der Weg aus der Misere könnte gelingen, wenn das US-Recht zum Zuge käme.

Lernout & Hauspie (L&H), Hersteller von Spracherkennungssoftware, erlitt vor dem Handelsgericht im belgischen Ypern eine Niederlage: Der Antrag auf Gläubigerschutz gemäß "Concordaat"-Gesetz wurde zurückgewiesen. Das Gericht nannte als Grund für die Entscheidung, dass das Unternehmen weder genaue Buchhaltungsunterlagen noch Restrukturierungspläne vorgelegt habe, die für eine Schutzgewährung notwendig sind. Damit wächst für den einstigen Börsenliebling die Gefahr einer Liquidation.

Die Gläubigerbanken - unter anderem Deutsche und Dresdner Bank - forderten jetzt das Unternehmen auf, binnen zwei Monaten neue Bilanzen für die Jahre ab 1998 vorzulegen. Erst danach werde man entscheiden, wie es mit L&H weitergehe. Ende November hatten sich die Banken darauf geeinigt, die sofortige Rückzahlung von Krediten in Höhe von 350 Millionen Dollar zu fordern, nachdem Unstimmigkeiten in den Bilanzen bekannt geworden waren. Belgische Banken hatten dem Unternehmen eine Kreditlinie in Höhe von 430 Millionen Dollar für die Übernahme von Dictaphone eingeräumt, die beiden deutschen Banken gaben 20 Millionen Dollar Kredit.

Die verbliebene Führungsriege der Softwarefirma - die beiden Gründungsmitglieder Jo Lernout und Paul Hauspie sind zurückgetreten - muss nun entscheiden, ob sie die angemahnten Unterlagen beibringt, die Gerichtsentscheidung anfechten will oder versucht, sich in den USA unter den Schutz von "Chapter 11" zu stellen. Damit hätten die Anwalte das Sagen, da offenbar unklar ist, ob das belgische oder das amerikanische Recht anzuwenden ist.