IBM betont Verfügbarkeit von Mikrokanal-Add-Ons, aber:

Lediglich zwei MCA-Clones auf der Comdex

25.11.1988

LAS VEGAS (IDG) - Die Kontroverse in der PC-Welt um den künftigen Standard bei Bus-Architekturen zeigte auf der US-Computermesse Comdex erste Auswirkungen: Die erwartete Flut von MCA-Clones blieb vorerst aus. Davon unbeeindruckt, versucht IBM weiter seinen Mikrokanal zu pushen.

Wer sich von der wohl wichtigsten PC-Messe in den USA den Durchbruch für die Mikrokanal-Architektur erwartet hatte, kam nicht auf seine Kosten. Lediglich zwei Aussteller unterstrichen ihr MCA-Engagement mit ihren kompatiblen Arbeitsplatzrechnern. Diese beiden, Mitac aus Taiwan und Normerel aus Frankreich, zeigten fertige, von IBM lizenzierte Mikrokanal-Maschinen, während ein dritter Anbieter, Advanced Logic Research, die Besucher nur auf eine bevorstehende Ankündigung verweisen konnte.

Mitass MCA-Modelle sind gegen IBMs PS/2-Typen 50 und 80 positioniert. Dazu ist das kleinere Modell, Typenbezeichnung MPC 2386, mit dem 32/16-Bit-Prozessor 386SX sowie 1 bis 8 MB Hauptspeicher, Cachespeicher, und Raum für bis zu vier Massenspeicher-Einschübe bestückt. Die größere Maschine ist ebenso konfiguriert, enthält aber einen mit 20 MHz getakteten 80386 als Zentraleinheit. Die Preise wurden zunächst nur für die USA bekannt; sie liegen bei 3000 beziehungsweise 2700 US-Dollar.

Unter Normerels PS/2-Kompatiblen finden sich mit den Prozessoren 80286, 386SX und 80386 bestückte Modelle mit Arbeitsspeichern zwischen 1 und 4 Megabyte sowie Festplattenkapazitäten von bis zu 120 MB. Das Spitzenmodell NS 70 weist darüber hinaus einen 64-KB-Cache auf. Normerel will die Produktion im Dezember anlaufen lassen und die Maschinen außer unter seinem eigenen Label auch auf OEM-Basis an Memorex Telex und die kanadische Firma Xios verkaufen.

Zu dieser kurzen Revue MCA-kompatibler Maschinen konstrastieren die erheblichen Aktivitäten des Branchenführers IBM, den Mikrokanal als Standard gegenüber der von neun Konkurrenten gemeinsam konzipierten Alternative EISA zu festigen. So gab das Unternehmen bekannt, bisher seien nicht weniger als 624 verschiedene Add-On-Produkte für Mikrokanal-Maschinen entwickelt und am Markt. Eine Auswahl dieser Steckkarten sollte denn auch die Überlegenheit des MCA über die am Markt etablierte AT-Architektur unter Beweis stellen.

Was der Anwender durch den beim Mikrokanal möglichen Multimaster-Betrieb gewinnen kann, wurde mit einer Faximile-Karte von Pacific Image Communications vorgeführt. Die Karte erlaubt auf Hardware-Ebene den parallelen Betrieb des Rechners als Telefax-Gerät, während bisherige Produkte die Rechenleistung des Prozessors gemeinsam mit der im Vordergrund laufenden Anwendungssoftware nutzten. Das Resultat ist eine deutliche Beschleunigung des Fax-Vorganges ohne negative Auswirkungen auf eventuell laufende weitere Anwendungen. Ähnliche Effekte waren auch beim Einsatz des von IBM demonstrierten Grafikadapters 8514 zu verzeichnen. Die Karte soll allerdings erst im nächsten Jahr offiziell eingeführt werden. In die gleiche Richtung zielte auch die Vorführung der von IBM kürzlich vorgestellten technischen Workstation 7437 VM/SP, die auf dem PS/2 Modell 60 basiert. Mit Hilfe einer Speichererweiterungskarte kommunizierte die Workstation mit einem 370-Mainframe und zeigte dabei - unter einer vollständigen Version des Betriebssystem VM/SP5 - die Performance einer 9370 Modell 40. "In dieser Konfiguration wird der Mikrokanal de facto zum System/370-Kanal", erklärte ein IBM-Sprecher. Nach den Worten von George Conrades, IBMs Senior Vice President für das US-Marketing, intensiviert Big Blue zur Zeit die PS/2-Produktion "in Erwartung eines starken vierten Quartals und eines noch stärkeren neuen Jahres".