Das neue IBM-Finanzierungsleasing, eine Alternative zum Broker-Leasing?

Leaser müssen noch mehr Phantasie aufbringen

13.05.1983

Die Katze ist aus dem Sack. Die IBM hat nach USA und England nun auch in einer Reihe von Ländern des Kontinents ihr Konzept für das Finanzierungsleasing eigener Produkte vorgelegt.

Aus dem Announcement und nach den bisher vorliegenden Informationen bietet die IBM für Neumaschinen ein klassisches Finanzierungs-Leasing mit Vollamortisation an. Das Mindestvolumen für einen Leasingvertrag liegt bei einem Equipmentwert von 0,5 Millionen Mark, für Upgrades soll es 10 000 Mark betragen. Für Maschinen, deren Afa-Dauer fünf Jahre beträgt, werden Laufzeiten von 36, 48 und 54 Monaten, für längerfristig abzuschreibende Vermittlungssysteme (IBM 1750) werden Laufzeiten zwischen 60 und 84 Monaten angeboten. Die Produktliste für das IBM-Finanzierungsleasing umfaßt alle zur Zeit marktgängigen Systeme. Gewährleistung, Wartung und Gefahrtragung sind in gleicher Weise geregelt, wie sie es bisher bereits in den Verträgen mit freien Leasinggesellschaften (Leasern) waren. Das Eigentum an den Maschinen soll während der ganzen Leasingvertragslaufzeit bei der IBM verbleiben. Entsprechend aktiviert der Leasinggeber IBM. Eine vorzeitige Ablösung der Leasingverträge durch ein sogenanntes "Herauskaufen" ist möglich. Nach Ablauf der Vertragsdauer kann der Leasingnehmer die Maschinen entweder zurückgeben oder auf der Grundlage eines Restwertes kaufen beziehungsweise weitervermieten. Auf Kundenanfrage gibt IBM folgende Konditionen bekannt:

36 Monate - 8 Prozent - Restwert 20 Prozent

48 Monate - 8,8 Prozent - Restwert 13,33 Prozent

54 Monate - 9 Prozent - Restwert 10 Prozent.

IBMs Argumentation

Es erstaunt, daß die IBM ihr eigenes Finanzierungsleasing als "Alternative" anbietet. Die von der IBM ins Feld geführten Vorteile sind nichts anderes, als das weithin bekannte Argumentationsrepertoire des allgemeinen Mobilienleasing. Die Liste der "Vorteile" reicht vom Hinweis auf die konstante Belastung durch feste monatliche Zahlungen über attraktive Leasingraten durch die Nutzung der besonderen Finanzierungsquellen der IBM bis hin zu der Feststellung, der Leasingnehmer könne die Maschinen während der gesamten Vertragsdauer uneingeschränkt nutzen.

Keineswegs ungewöhnlich ist die dem Leasingnehmer gebotene Möglichkeit der Realisierung einer Kaufoption ab dem 25. Vertragsmonat - sie wird ihm als besondere "Flexibilität" des Leasingkonzepts verkauft. Schließlich stellt die IBM dem Leasingnehmer auch noch eine hauseigene Bankfinanzierung der Kaufoptionen während und nach Ablauf der Vertragsdauer in Aussicht.

Vergleichsrechnung

Die nachfolgende Rechnung vergleicht das IBM-Finanzierungsleasing mit einem typischen Leasing nach dem Teilamortisationserlaß (Ta). Der User will erfahrungsgemäß weder während noch nach Ablauf der Vertragsdauer die Maschinen kaufen, sonst hätte er sich schließlich nicht für das Leasing entschieden. Die Vergleichsrechnung stellt deshalb die Hardwarekostenbelastung für ein fabrikneues IBM-Prozessorsystem (3081) bei einer Nutzung von 60 Monaten dar.

IBM3081-K32

Prozessoreinheit 32 MB

1550

3.Kanalgruppe

IBM 3082-024

Prozessorsteuereinheit

0853

Kanalverbindung

4650

Anschaltsteuerung

IBM 3087-001

Kühlungseinheit

IBM 3278-A02

Bildschirmkonsole

4641

Tastatur

IBM-Kaufpreis DM 10 755 235,-

IBM-Langzeitmiete (48 Monate)

mtl. DM 362 538,-

IBM-Wartung (nach Ablauf Gewährleistung)

mtl. DM 22 856,-

Mit den zur Zeit angebotenen Annuitäten, ohne Sonderkonditionen

- Bei 36 Monaten mtl. DM 336 640,- Restwertbasis 20 %

(DM 2 151 047,-)

- bei 48 Monaten mtl. DM 266 730,- Restwertbasis 13,33 %

(DM 1 433 673,-)

- Bei 54 Monaten mtl. DM 243 070,- Restwertbasis 10 %

(DM 1 075 523,50)

IBM-Verlängerungsraten auf der Grundlage der genannten Restwerte für ein einheitliches Nutzungsende von 60 Monaten, zu heute geltenden Finanzierungssätzen

- für 37. - 60. Monat

mtl. DM97 100,-

- für 49. - 60. Monat

mtl. DM 124 382,-

- für 55. - 60. Monat

mtl. DM 183 000,-

jeweils zzgl. MwSt.

Ta-Leasingraten

Für ein Vertragsmodell mit 10 Prozent Restwert zu den oben genannten Einkaufskonditionen fabrikneuer IBM-Maschinen

- bei 36 Monaten Vertragsdauer

mtl. DM 310 000

- bei 48 Monaten Vertragsdauer

mtl. DM 244 000

- bei 54 Monaten Vertragsdauer

mtl. DM 221 000

Ta-Verlängerungsraten auf der Grundlage des- 10 Prozent-Restwertes für ein einheitliches Nutzungsende von 60 Monaten

für 37. - 60. Monat

mtl. DM 49 000,-

für 49. - 60. Monat

mtl. DM 93 000,-

für 54. - 60. Monat

mtl. DM 183 000,-

jeweils zzgl. MwSt.

Beim Ta-Modell wird unterstellt, daß keine zusätzlichen Finanzierungskomponenten bemüht werden wie Investitionszulage, US-Investoren, die Finanzierung betreffende Side-Letters, importiertes Equipment mit niedrigerem Einkaufspreis. Ebenso sei klargestellt, daß die Verlängerungsraten bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses festgelegt werden.

Ein Vergleich der Hardware-Kostenbelastung bei 60 Nutzungsmonaten zeigt eine Ersparnis des Ta-Leasing gegenüber dem IBM-Leasing

- bei 36 Monaten Grundmiete und 24 Monaten Verlängerung

von DM 2 083 464,-

bei 48 Monaten Grundmiete und 12 Monaten Verlängerung

von DM 1 460 712,-

bei 54 Monaten Grundmiete und 6 Monaten Verlängerung

von DM 1 161 648,-

Alle für das IBM-Finanzierungsleasing geltenden Rahmenbedingungen wie Möglichkeit der Ausrüstungsänderungen, Gewährleistungen, Wartung, Absicherung der Gefahrtragung über Schwachstromversicherung sowie Eigentum und Aktivierung beim Leasinggeber sind für das Ta-Brokerleasing gleichermaßen geregelt.

Wertung und Konsequenzen

Eine Wertung so kurz nach der Ankündigung kann nur mit angemessener Zurückhaltung erfolgen. Aussagen über die Absichten der IBM sind daher weitgehend spekulativer Natur.

Fest steht, daß die IBM den Computerleasing-Markt direkt beeinflussen will, was ihr bisher nur über den Preis und die Modellpolitik möglich war. Ergänzend wurden vor dem Announcement des IBM-Leasing die deutschen Preise für Großrechner der 308X-Serie gesenkt und das Preisgefälle zwischen verschiedenen westeuropäischen Ländern ausgeglichen. Das neue Leasing-Konzept kann somit durch Order-Diversions nicht unterlaufen werden.

Ähnlich wie in USA und England stellt die IBM auch in der Bundesrepublik ein "konservatives" Leasing vor. Selbst die Vergleichsrechnung mit einem ebenso klassischen Ta-Vertragsmodell fällt zuungunsten der IBM aus. Dabei wird der größte Anteil des Großrechner-Leasing gar nicht über ein derartiges Ta-Modell abgeschlossen. Auch die IBM-Ablösevarianten entsprechen keineswegs der Leasing-Realität. Vielmehr zeigt die Erfahrung der Broker/Leaser, daß User häufig von der vorzeitigen Ablösung zu kostenneutralen Bedingungen Gebrauch machen.

Neu ist die Situation für den IBM-Vertrieb und die Broker/Leaser durch die direkte Wettbewerbssituation im Feld. Inwieweit künftig noch eine Interessenkoordination vorhanden ist, wird sich zeigen. Sicher wird die IBM trotz objektiv ungünstigerer Konditionen mit ihrer flächendeckenden Vertriebsstrategie ihr Leasinggeschäft bei den IBM-Treuen machen.

Broker/Leaser werden noch mehr Phantasie bei der Lösung konkreter Problemsituationen im Hardwarebereich aufwenden müssen, um ihre Position zu behaupten. Eine größere Systematik in den Vertriebsaktivitäten ist zu erwarten.

Spekulieren muß man über die Restwertentwicklung von "Off-Lease "-Equipment. Da User kein Interesse daran haben, ihre Rechenzentren zu Computermülldeponien umzufunktionieren, dürfte für Kauf- und Nachmietoptionen nur geringes Interesse bestehen. Dem widerspräche im übrigen die von der IBM in USA geäußerte Überzeugung, wonach man gar nicht mit einem umfangreichen Rücklauf von geleastem Equipment rechne. Viel wichtiger ist hier die Frage, was die IBM mit rücklaufendem Equipment anfängt. In den USA, wo bisher die längste Leasingerfahrung - von etwa einem Jahr - besteht, herrscht bis heute noch keine feste Vorstellung darüber, ob und wie solches Equipment in den Markt zurückgeführt werden soll. Vorstellbar sind offene Ausschreibungen der IBM, die das Equipment meistbietend veräußern. Trotz der veränderten Situation am Computerleasing-Markt sehen die Broker/Leaser auch in Zukunft IBM in erster Linie als Computerhersteller und nicht als Finanzierer.

* Hans Martin Rehbein ist Geschäftsführer der HM Leasing GmbH, Heidelberg.