Kleinst-PCs als Schlüsselelement beim " Computer Aided Selling"

Laptops geben der Beratung im Finanzwesen neue Qualität

19.07.1991

Massive Veränderungen in den Verwaltungsstrukturen von Banken, Versicherungen und Bausparkassen sind durch den zunehmenden Einsatz von Laptops im Vertriebsaußendienst zu erwarten. Bei einem Seminar zum Thema "Laptop-Einsatz im Bereich Allfinanz", das in Frankfurt stattfand, machten Vertreter von Software- und Hardwarehäusern deutlich, daß der zunehmende Wettbewerbsdruck im Rahmen des europäischen Binnenmarktes sowie der gewachsene Qualitätsanspruch der Kunden eine "Revolutionierung" der Beratungs- und Angebotstechniken erzwinge.

Allein in der Versicherungsbranche werden nach Expertenmeinung in den kommenden Jahren rund die Hälfte der etwa 300 000 Außendienstmitarbeiter mit Laptops und entsprechender Datenbank-, Beratungs- und Angebotssoftware ausgerüstet. Dies stellt nicht nur ein riesiges Auftragspotential für Computer- und Programmanbieter dar, sondern wird langfristig auch die Informationsverarbeitung in den Innendiensten verwandeln .

Auch Mißerfolge werden meßbar

"Im Regelfall lassen sich 90 Prozent der am Laptop eingegebenen Beratungsdaten als Angebotsdaten nutzen. Deshalb wird sich die bisherige Zweiterfassung und Policierung an zentraler Stelle weitgehend erübrigen, sobald der Computer die Datensätze bereits bei der Eingabe überprüft und Außendienstmitarbeiter sie täglich per Electronic Mail an die Vertriebszentrale weitergeben", schildert Dieter Andersen vom Has Program Service, Hamburg, die Entwicklungsmöglichkeiten.

Darüber hinaus könnten die Marketing-Abteilungen der Banken, Versicherungen und Bausparkassen durch die hohe Anzahl der elektronisch erfaßten Daten ihr Vertriebscontrolling wesentlich verbessern. Und das berge Sprengstoff: "Es werden dann nämlich nicht mehr nur Verkaufserfolge, sondern auch Mißerfolge meßbar", umschreibt Andersen die Brisanz der Lage.

Daß die Hürden für den Laptop-Einsatz im Außendienst der Allfinanz-Unternehmen hauptsächlich in der Zurückhaltung der Konzernführungen, nicht aber auf technologischer Seite zu suchen sind, betonten sowohl Hardware- als auch Software-Hersteller. So erläuterte Roland Härtner, Marketing Chef von Compaq, da schon in Kürze Laptops im Kleinstformat machbar seien, die Plattenkapazitäten von mehr als 200 MB aufwiesen, mit 10-Zoll-Farbbildschirmen für verbesserte Grafikdarstellungen ausgerüstet seien und einen deutlich verlängerten Batteriebetrieb ermöglichten. Auch im Bereich der Betriebssysteme und grafischen Benutzeroberfläche scheinen kaum Grenzen erkennbar. Zwar hat sich Windows 3.0 im Bereich der Allfinanz-Software bislang noch nicht durchgesetzt, weil die schon vorhandenen Laptops meistens nicht die notwendigen Speicherkapazitäten mitbringen. Dies wird den Siegeszug der grafischen Benutzeroberfläche jedoch langfristig auch hier nicht aufhalten können.

Mit den Stichworten "Embedding" und "Linking" stellte Jochen Haink von Microsoft eine Neuerung für die Kommunikation zwischen verschiedenen Programmen vor: Daten, die in einem Programm eingegeben werden (etwa numerische Daten in der Tabellenkalkulation), können dann automatisch in ein fremdes Programm (etwa Grafik) eingespielt und entsprechend umgesetzt werden.

Gegenwärtig arbeiten Software-Anbieter intensiv an Programmpaketen, durch die vor allem die Beratung von Kunden wesentlich erleichtert wird. Für die verschiedenen Versicherungs-, Bauspar- und Finanzierungsangebote entstehen Datenbanken, die nach Eingabe der für den jeweiligen Kunden maßgeblichen "persönlichen" Daten sämtliche Finanzmengen, Belastungen und steuerlichen Auswirkungen in der gewünschten Zeitperiode automatisch errechnen und anzeigen. In Sekundenschnelle können dann auch Alternativmodelle entwickelt werden.

Der Vorteil für den Kunden liegt vor allem in einer höheren Transparenz des Beratungsgespräches und der Angebotserstellung. Für den Außendienstmitarbeiter entfällt das umständliche Wälzen von Handbüchern und Tabellen.

Bei komplexen oder ungewöhnlichen Versicherungs- oder Finanzierungsformen erübrigt sich die zeitraubende Nachfrage in der Zentrale - der Laptop hat auch hierfür die notwendigen Informationen parat. "Computer Aided Selling" (CAS) nennen das die Fachleute. Für den Laptop-Einsatz bedeutet dies den Wandel vom bloßen Verwaltungsinstrument zum umfassenden Vertriebs-

und Marketing-System.