Laptops ante portas: Tod der Desktops?

10.10.2005
Toshiba hatte es schon vor mehr als zehn Jahren vorhergesagt: Der PC der Zukunft ist ein mobiler Rechner. Klotzige Desktops seien out. Mit einem Dezennium Verspätung hat die Prognose mehr Gewicht bekommen.

Die Erfolgsgeschichte des Desktop-PCs ist durchaus bemerkenswert: Seit nunmehr rund einem Vierteljahrhundert hat er allen Angriffen von Seiten alternati- ver Rechnerkonzepte Stand gehalten: Windows-Terminals ebenso wie die als große Gefahr apostrophierten Net-PCs, im Prinzip alles, was als Thin Client am Thron der massigen Desktops rüttelte, konnte deren Erfolg in Unternehmen nicht erschüttern.

Hier lesen Sie …

• warum mobile PCs sich zunehmend auch in Unternehmen durchsetzen;

• warum Desktop-PCs aber noch lange nicht out sind;

• welche Risiken Notebooks mit sich bringen;

• welche Vorteile in der Mobilität liegen.

Mobilität ist wichtig - aber wie sicher ist sie?

Notebooks sind gefragt. Trotzdem dürften nicht nur die im Vergleich zu Desktops erhöhten Kosten IT-Verantwortliche bewegen, noch einmal über den flächendeckenden Einsatz der Mobilrechner zu reflektieren. Der mit der Mobilität einhergehende Faktor (Un-)Sicherheit ist ein weiteres, gewichtiges Argument für manche Unternehmen, sich nicht überstürzt und auf breiter Flur für tragbare Systeme zu entscheiden. In der Öffentlichkeit breit diskutiert wurde etwa das Beispiel eines Angehörigen des britischen Geheimdienstes, dessen Laptop aus einem Auto gestohlen worden war. Darauf gespeichert waren die Aufmarschpläne für "Desert Storm", den Angriffskrieg der US-Amerikaner gegen den Irak.

Neben dieser Gefahr sind es aber insbesondere Fragen der Authentifizierung, der Diebstahlsprophylaxe beziehungsweise der Schadensbegrenzung beim Notebook-Klau und Optionen, Daten durch Verschlüsselung zu sichern, die den Kauf von tragbaren Rechnern beeinflussen können.

Bei der Authentifizierung von Notebook-Benutzern haben sich vor allem Smartcards und biometrische Fingerabdruckverfahren als gangbare Sicherungsoptionen erwiesen. Hersteller wie Lenovo verwenden zudem in bestimmten Modellen so genannte Trusted-Platform-Module-Chips (TPM), auf denen der Anwender Passwörter ablegt.

Biometrische Fingerabdruckverfahren haben den Vorteil, dass Benutzer ihre Finger nicht vergessen können. Allerdings zeigen die Erfahrungen mit bisherigen Techniken, dass die Erkennungsquote vergleichsweise unbefriedigend ist: Immerhin einer von 20 Identifizierungsversuchen schlägt fehl, gibt ein Lenovo-Manager an. Dell bietet deshalb solch eine Technik in seinen Notebooks nicht an, sondern zieht die Smardcard-Lösung vor.

Ist der Mobilrechner gestohlen worden, besteht dank einer Technik, wie sie beispielsweise die Absolute Software Corp. mit dem Tool "Computrace" anbietet, immerhin noch die Hoffnung, die Daten wenigstens ferngesteuert zu löschen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Dieb sich mit dem gestohlenen Rechner ins Internet begibt. Die Agentensoftware von Absolute Software spürt dort das Notebook auf und löscht die gewünschten Daten.

Schließlich lassen sich die Daten auf einem Notebook auch verschlüsseln. Solch ein Schutz ist allerdings nur die halbe Miete. So nutzt die Windows-Dateiverschlüsselung insofern wenig, weil die Daten mit dem Benutzer-Login wieder dechiffriert werden. Der Anwender müsste also gezielt einzelne Bereiche oder Verzeichnisse oder auch einzelne Dateien wegsperren.

Der Softwareanbieter Credant Technologies Inc. geht einen anderen Weg: Seine Tools verschlüsseln bestimmte Dateitypen, egal wo auf der Festplatte sie abgespeichert wurden. Wurde allerdings bei diesen Softwarelösungen das Passwort auf der Festplatte abgelegt, ist das Sicherheits- risiko höher, als wenn das Sesam-öffne-dich etwa auf einem TPM-Modul gespeichert wurde.

Seagate Technology, einer der führenden Festplattenanbieter, arbeitet an einer hardwarebasierenden Verschlüsselungsmethode für seine "Momentum"-Festplatten, die noch dieses Jahr auf den Markt kommen. Angeblich zeigen Notebook-Anbieter wie Dell oder IBM/Lenovo Interesse am Einsatz dieser Laufwerke in ihren Mobilsystemen. (jm)

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*80567: Wie man Notebooks schützt;

*79777: Das Notebook als Notizblock;

*80865: Hotspots - wenig gefragt;

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Ein entscheidendes Argument gegen Laptops, das auch heute noch seine Bedeutung hat, ist der Kostenaspekt. Ein in der Leistung vergleichbarer Mobilrechner ist immer noch um rund ein Viertel bis ein Drittel teurer als das Pendant eines Standmodells.

Mit dem Siegeszug des Internets und vor allem mit drahtlosen Verbindungsoptionen via WLAN aber können Mobilrechner ihren trefflichsten Vorteil mit aller Macht ausspielen: ihre Mobilität. Die drahtlose Anbindung an die Welt des Internets und damit an den weltumspannenden Informationsfluss ist mittlerweile das Killerargument schlechthin für den Einsatz von Laptops. Hinzu kommen Entwicklungen in der Prozessor- und Speichertechnik, die explizit auf das Industriesegment der tragbaren PCs zielen und die Notebooks mit Leistungsmerkmalen ausstaffieren, die für viele Anwender in Unternehmen absolut ausreichen.

Allerdings liegt im Vorteil der Mobilität auch ein wesentliches Problem: das der vermehrten Sicherheitsrisiken. Daten - unternehmenswichtige zumal - lernen mit tragbaren Rechnern buchstäblich das Laufen. Dieser Effekt kann, muss aber für Unternehmen nicht wünschenswert sein.

Trotzdem wird sich der Trend hin zu tragbaren Rechnern und weg von Desktops fortsetzen. Seit Jahren wachsen die Zuwachsraten von Notebooks im Vergleich zu Desktops um das Doppelte. Der chinesische PC-Anbieter Lenovo, der Anfang 2005 die PC-Sparte von IBM kaufte und deren "Thinkpad"-Notebook-Linie übernahm, verbuchte bereits im vergangenen Jahr erstmals höhere Umsätze mit tragbaren Rechnern als mit Desktops.

Benutzten noch 1999 nur 20 Prozent der Anwender in Unternehmen ein Notebook als Arbeitssystem, arbeitet heute schon jeder Dritte damit. IDC geht davon aus, dass in den kommenden Jahren bereits die Hälfte aller Anwender mit Mobilsystemen arbeitet. 2008 werden, so die weitere Prognose der Marktforscher, Notebook-Verkäufe erstmals die von Desktops übertreffen.

Noch liegen Desktop-PCs bei den Verkauszahlen vorn: Die Marktforscher von Gartner haben für das zweite Quartal 2005 errechnet, dass weltweit 34 Millionen Tischrechner und 13,8 Millionen Notebooks an den Kunden gebracht wurden.

Laptop gehört zum guten Ton

Die mobilen Helfer haben sich dabei nicht nur beim klassischen Außendienstmitarbeiter von Versicherungen durchgesetzt. In dieser Branche gehört die Nutzung von Notebooks fast schon zum guten Ton bei der Beratung von Kunden. Ähnliches lässt sich von Finanzberatern sagen. Die flexiblen Geräte stehen aber auch in Autowerkstätten und diagnostizieren den Zustand von Kraftfahrzeugen.

Ein Grund für die zunehmende Beliebtheit der transportablen Datenschleudern ist - trotz des höheren Grundpreises im Vergleich zu Desktops - ihr Preisverfall. Der wiederum liegt daran, dass die LC-Displays von Notebooks immer billiger werden. Immerhin zeichnen diese Komponenten nach Berechnungen von Forrester Research für rund 60 bis 70 Prozent der Gesamtkosten eines Notebooks verantwortlich. Nicht nur nach Meinung der Marktforscher wird der Preis für die Flachbildschirme weiter fallen.

Einstiegs-Notebooks sind bereits für knapp 600 Dollar zu haben. Trotzdem werden Anwender bei Mobilrechnern immer einen Preiszuschlag einrechnen müssen. Dieser dürfte zwischen 300 und 500 Dollar betragen, kalkuliert Tim Mattox, Vice President of Marketing bei Dell.

Der PC-Direktanbieter wie auch die Konkurrenten Hewlett-Packard (HP), Lenovo etc. bedienen heute sogar Segmente wie das der Software- oder CAD-Entwicklung mit mobilen Systemen. Dies waren früher klassische Desktop-Reservate. Notebooks weisen Workstation-Leistung auf, die mit Mobilität kombiniert ist. Systeme mit Arbeitsspeichern von 2 GB, Grafikkarten mit zusätzlichem Speicher von 128 MB und Displays mit einer Auflösung von 1600 x 1400 Pixel sowie mit aktuell über 3 Gigahertz getakteten Intel-Prozessoren haben verschiedene Hardwareanbieter im Angebot.

Auch die Robustheit der tragbaren Rechner hat zugenommen. Tastaturen sind nicht mehr so klapprig, Festplatten in aller Regel stoßsicher (shockproof). Manche Unternehmen nutzen ihre Mobilsysteme vier bis fünf Jahre.

Existenzberechtigung verloren?

Haben Desktop-Systeme mithin ihre Existenzberechtigung verloren? Mitnichten, sagt Roger Kay, alter Hase der Analystenszene und jetzt bei Endpoint Technologies Associates Inc. beschäftigt. 30 Prozent aller Anwender in Unternehmen werden auch weiterhin den preiswerten Desktop benutzen. Call-Center-Angestellte oder Beschäftigte mit Assistenztätigkeiten beispielsweise benötigen wegen ihrer Arbeitsanforderungen kein Mobilsystem.