Siemens definiert Software-Berufsbezeichnungen

Langer Weg zum "Ersten Software-Berater"

10.02.1978

MÜNCHEN (uk) - Die Sprachverwirrung bei Berufsbezeichnungen für Software-Spezialisten ist groß: Wie lassen sich beispielsweise Systemanalytiker, Systemplaner, DV-Verfahrensplaner oder DV-Organisator gegeneinander abgrenzen? Auch die Begriffe Anwendungsprogrammierer und Organisationsprogrammierer sind lediglich verschiedenartig klingende Begriffe für gleiche oder sehr ähnliche Tätigkeiten. - Um diesem "Titelsalat" abzuhelfen, hat die Siemens AG Anforderungsprofile für Tätigkeiten bei Entwicklung und Einsatz von Software geschaffen.

Wie Paul Wiemann in der jüngsten Ausgabe der Siemensschrift "Data Report" erläutert, wolle man mit diesen Anforderungsprofilen vor allem die Anzahl der Berufs- beziehungsweise Tätigkeitsbezeichnungen auf das notwendige Maß beschränken und gleiche oder ähnliche Tätigkeiten ungeachtet "althergebrachter" und liebgewordener Differenzierungen unter einer einprägsamen und aussagekräftigen Bezeichnung zusammenfassen. Die Anforderungsprofile lassen sich jedoch nicht - so Wiemann weiter in dem Fach-Periodikum - zur Leistungsbewertung oder -beurteilung heranziehen, da die hierfür gültigen Kriterien und Aspekte bei der Entwicklung nicht berücksichtigt wurden.

Zur Abgrenzung der Tätigkeiten bei Entwicklung und Einsatz von DV-Software wurden vier Arbeitsfelder definiert:

- Bei der "System-Software-Entwicklung" werden in der Regel Betriebssysteme und betriebssystemunterstützende, anwendungsneutrale Software-Pakete geplant und realisiert,

- die " Anwender-Software-Entwicklung" umfaßt die Planung und Realisierung von Software für bestimmte Anwendungsfälle,

- der "Software-Einsatz" bezeichnet alle zum Rechenzentrums-Einsatz von Software notwendigen Arbeiten wie Arbeitsvor- und -nachbereitung, Anlagenbedienung, Verwaltung und Wartung der Betriebssysteme und Programmbibliotheken,

- die "Unterstützung bei Software-Entwicklung und -Einsatz" schließlich beschreibt beratende Tätigkeiten, wie die Mitwirkung von Fachleuten aus den Anwenderabteilungen bei der Entwicklung von Software oder von Spezialisten für bestimmte Anwendungsfälle wie Aufbau von DB-Systemen oder die Anwendung von Programmiertechniken.

Mit dem Ziel, ein praktikables Beschreibungs- und Zuordnungssystem zu schaffen, wurde von Siemens außerdem noch eine Unterteilung in drei Tätigkeitsstufen vorgenommen:

- Tätigkeitsstufe 1 bedeutet Einarbeitung in die normalen Aufgaben eines Tätigkeitsfeldes. In dieser Stufe werden die Aktivitäten neuer Mitarbeiter beschrieben, die durch Schulung und/oder Anleitung eingearbeitet werden. Zur sprachlichen Abgrenzung wird in den Anforderungsprofilen der Berufsbezeichnung das Wort "Assistent" angehängt.

- Tätigkeitsstufe 2 heißt durchführen der normalen Aufgaben eines Tätigkeitsfeldes. In dieser Stufe werden die Tätigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten solcher Mitarbeiter beschrieben, die aufgrund ihrer Fachkenntnisse befähigt sind, die normalen Aufgaben eines Tätigkeitsfeldes in angemessener Zeit weitgehend selbständig durchzuführen,

- Tätigkeitsstufe 3 enthält das Durchführen übergeordneter Aufgaben hohen Schwierigkeitsgrades. In dieser Stufe werden die Tätigkeiten von Mitarbeitern beschrieben, die aufgrund mehrjähriger Tätigkeit über Fachkenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen verfügen, um über den normalen Schwierigkeitsgrad hinausgehende Aufgaben selbständig durchführen zu können. Ihren Berufsbezeichnungen wird in den Anforderungsprofilen das Wort "Erster" vorangestellt.

Mit Hilfe dieser Definitionen wurde für den Siemens-internen Sprachgebrauch eine einheitliche Basis geschaffen, die vor allem bei Stellenbeschreibungen in der Personalabteilung eingesetzt werden. Darüber hinaus bietet sich nach Siemens-Ansicht der Gebrauch dieser Anforderungsprofile bei der Berufsberatung sowie bei der Programmgestaltung öffentlicher und privater Schulen an.