Erfolgsmeldung aus Baden-Württemberg

Landeszentralbank probiert das Euro-Add-on für R/3 aus

19.11.1998
Mit Beginn des Jahres 1999 muß die Bundesbank mit ihren Landeszentralbanken (LZB) ihr Rechnungswesen auf den Euro umgestellt haben. Die Banken sind R/3-Anwender. Was sie für die Umstellung tun müssen, berichtet Siegbert Kern*. Er leitete in der LZB Baden-Württemberg ein Pilotprojekt mit dem Euro-Add-on zum R/3-Release 3.0F.

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist die Hüterin des Euro. Die Informationen zur Geldmarktsteuerung und zur Rechnungslegung bekommt sie jedoch von den nationalen Zentralbanken. Diese liefern tages-, wochen-, monats-, quartals- und jahresgenaue Finanz- und Geldmarktdaten.

Deshalb muß auch die Bundesbank mit ihren neun Landeszentralbanken ihr Rechnungswesen bis zum 3. Januar 1999 auf Euro umgestellt haben. Der föderale Aufbau der Deutschen Bundesbank erfordert dabei eine Konsolidierung der Daten. Die Landeszentralbanken ermitteln die erforderlichen Rechnungslegungs- und Geldmarktdaten und geben sie täglich an die Dienststelle des Bundesbank-Direktoriums weiter. Dort werden sie mit den Angaben der Dienststelle zu einem Bericht der Deutschen Bundesbank zusammengefaßt.

Seit 1997 zählen die Landeszentralbanken zu den R/3-Anwendern. Sie setzen die Module "FI" in der Finanzbuchhaltung, "FI-AA" für die Anlagen- und "MM" in der Materialverwaltung sowie "CO" in der Kostenrechnung ein. Im Februar 1998 begann die Landeszentralbank Baden-Württemberg ein Pilotprojekt für die Umstellung auf den Euro. Mitte desselben Monats stellte SAP dem Projektteam aus Vertretern der Fachabteilungen, der Anwendungsentwicklung, der Systembetreuung, der Revision und SAP-Mitarbeitern eine erste Version des R/3- Add-ons zur Version 3.0F für Tests zur Verfügung. Bis Ende August 1998 sollte Gewißheit bestehen, daß mit dem R/3-Tool die Euro-Umstellung erfolgen kann, bis November die Programmschnittstellen zu anderen DV-Anwendungen stehen, so daß anschließend die Jahresabschlüsse möglich sind.

Für die vier Testläufe zwischen Februar und September 1998 richtete die LZB ein separates IT-Umfeld ein. Allerdings erwies sich der Testrechner wesentlich leistungsfähiger als der Produktionsrechner. So waren zwar die Testläufe sehr schnell. Allerdings ließen sich die gemessenen Laufzeiten nur mit Zuschlägen auf den Echtbetrieb übertragen.

Der erste Testlauf zeigte deutlich, daß der Datenbestand zunächst von Altlasten befreit werden mußte. Das Team untersuchte die vorhandenen Datenbestände und Customizing-Einstellungen auf währungsrelevante Inhalte und Datenkonsistenz. Dafür benutzte es das SAP-Tool, das zum Euro-Add-on gehört.

Inkonsistenzen traten etwa durch fehlerhafte Buchungen oder Stornierungen auf. Aufgedeckte Fehler protokollierte das Pilotteam, und es bereinigte die Daten anhand des Fehlerprotokolls manuell.

Im nächsten Schritt sicherte das LZB-Team den vorhandenen Datenbestand. Er sollte zur Verfügung stehen, falls in den folgenden Phasen, insbesondere bei der Konversion, Programmabbrüche zu Datenverlust führten.

Die Umsetzung selbst bestand aus den vier Phasen "Fill", "Generation", "Conversion" und "Reconciliation". Sie wurden jeweils nach einem Programmaufruf durchlaufen. In der Fill-Phase ermittelten einzelne Programme die betroffenen Tabellen und paßten die jeweiligen Steuertabellen an. Im Generation-Schritt generierte das SAP-Euro-Modul anhand von Muster-Reports Berichte für die Umsetzung der kundenspezifischen Daten. In der Phase Reconciliation wurden die neuen Datenbestände miteinander abgestimmt.

Während diese Tätigkeiten weitgehend automatisiert abliefen, mußten anschließend Eingriffe wie Rollback-Segmente zurücksetzen oder Matchcodes und Indizes aktivieren händisch ausgeführt werden. Danach erst ließen sich in einer "Post"-Phase die Rundungsdifferenzen ausgleichen und der Datenbestand mit den LZB-Büchern abstimmen.

Mit der Sicherung des neuen Datenbestands war die eigentliche Euro-Umstellung im R/3-System beendet. Um eine fachliche Nachbearbeitung per Hand kam die LVZ trotzdem nicht herum: zum Beispiel in der Kontenfindung für Kurzdifferenzen bei offenen Posten.

Heute steht für die Landeszentralbank Baden-Württemberg fest, daß die in 3.0F enthaltenen Funktionen nach der Konvertierung ausreichen, um das Rechnungswesen auf Euro zu trimmen. Im Modul FI können alle Transaktionen, Listen und Belege beliebig in Transaktions- und Hauswährung geführt werden. Dagegen gab es Einschränkungen bei den Modulen CO, FI-AA und MM. Sie zeigen nach der Umstellung größtenteils nur noch die neue Hauswährung Euro an. Lediglich auf der Belegebene sind in den meisten Fällen auch die Beträge der Transaktionswährung sichtbar. Komfortfunktionen für Massenänderungen etwa von Lieferantenkonditionen sind nicht verfügbar. Allerdings weist die R/3-Version "3,1I" ähnliche Mängel auf, so daß ein Umstieg auf dieses Euro-Release keine Abhilfe schaffen könnte.

Checkliste für den Countdown

"Innerhalb von 72 Stunden lassen sich die R/3-Module FI, FI-AA, CO und MM mit Hilfe des Add-ons für das Release 3.0F auf die Euro-Währung umstellen", behauptet Siegbert Kern, Leiter der Abteilung Anwendungs- und Systementwicklung bei der Landeszentralbank in Baden-Württemberg. Die Konvertierung gliedert sich in technische und fachliche Aufgaben.

Zu den technischen Aufgaben zählen:

- der Aufbau und die Einrichtung eines Testcenters,- die Installation des Euro-Add-ons,- das Sichern des aktuellen Datenbestands,- die Erstellung eines Leitfadens, der chronologisch alle Schritte und jede Aufgabe der Umstellung beschreibt,- die Anpassung und das Testen von Schnittstellen,- das Ändern und Überprüfen von Programmerweiterungen und -modifikationen,- das Starten und die Kontrolle des Euro-Übersetzungsprogramms sowie- manuelles Eingreifen während der Umsetzung.

Zu den fachlichen Aufgaben der Aktualisierung gehören:

- das Sammeln von Geschäftsvorfällen für Tests,- das Protokollieren der Tests,- das Erstellen eines Leitfadens für fachliche Vorbereitungsmaßnahmen,- den Jahresabschluß präparieren und- das Nachbearbeiten der Umstellung in den Fachabteilungen.

Föderation der Zentralbanken

Seit Mai 1998 steht fest: Die dritte Stufe der europäischen Währungsunion (EWU) beginnt am 1. Januar 1999 mit elf Teilnehmerländern. Bereits im Juni dieses Jahres hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Arbeit aufgenommen. Der EZB-Rat, dem die Präsidenten der beteiligten Zentralbanken sowie sechs Mitglieder des Direktoriums und der Präsident der EZB angehören, bildet das oberste Entscheidungsgremium für die Währungspolitik im gemeinsamen Euro-Währungsraum. Da Deutschland zu den Teilnehmerländern gehört, nimmt die Deutsche Bundesbank mit den zugehörigen Landeszentralbanken ebenfalls ab 1. Januar 1999 ihre Tätigkeit im Rahmen des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) auf. Mit der Euro-Einführung ergeben sich für die Bundesbank folgende Änderungen im Rechnungswesen.

1. Die Hauswährung wird nicht mehr Mark, sondern Euro sein.

2. Alle Mitglieder des ESZB werden ihr Rechnungswesen nach einheitlichen Rechnungslegungsregeln und Kontogliederungen führen, die der EZB-Rat endgültig festschreibt.

3. Periodisch werden ESZB-Finanzausweise erstellt. Das sind Bilanzen, die neben Daten aus dem Rechnungswesen auch geldpolitische Informationen ausweisen, etwa die Geldmenge, die im Umlauf ist, oder die Einlagen der Banken. Dafür werden die Finanzdaten aller beteiligten Zentralbanken und der EZB konsolidiert. Den ersten europaweiten ESZB-Finanzausweis gibt es am 4. Januar 1999.

*Dr. Siegbert Kern ist Leiter der Abteilung Anwendungs- und Systementwicklung bei der Landeszentralbank Baden-Württemberg, Stuttgart.