Das Angebot an Branchen-Software bleibt undurchsichtig:

Lahmer Vertrieb läßt Käufer im dunkeln

18.09.1981

MÜNCHEN - Eine Schwemme von Branchen-Software überzieht den deutschen Markt. Dem Anwender bleibt bei seinem "Griff in den Wühltisch" nur die Hoffnung auf ein wenig Fortune, denn Übersichten über Standard-Software, die für eine bestimmte Branche einsetzbar ist, sind zwar vorhanden bieten aber nach Meinung der Anwender keine auch nur ausreichende Transparenz. Fingerspitzengefühl allein genügt nicht. Und der Blick aufs Etikett verrät nichts über das realisierbare Preis-/Leistungsverhältnis.

Als Mangel empfindet auch Hartmut Schormann, geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Vieweg und Partner Unternehmensberater GmbH, Hamburg, das Fehlen einer Programmbörse. "Das Problem liegt darin, das eine Vielzahl von Paketen auf dem Markt ist, ohne daß man weiß wo man sie finden kann", meint Schormann. In den bisher verfügbaren Katalogen - die mit Sicherheit nicht vollständig sind - findet der Unternehmensberater zwar die Mehrzahl der Programme von renommierten Software-Häusern, nicht jedoch das, "was in der Waschküche" produziert wurde. Denn auch hier blühe manches Pflänzchen im verborgenen; davon ist der Hamburger überzeugt.

Kein Blick fürs Marketing

Dem größten Teil der Software-Häuser fehle ein Marketing-Konzept, stellte Günther P. Brussmann, Pressesprecher des EDV-Benutzerverbandes, Pfreimd, bei seinen Recherchen fest. Die kleinen Entwickler seien Individualisten, die kreativ seien, meint Brussmann, "aber ohne Vertriebskonzept bei den Kleinen schieben sich beim Kunden immer die großen Häuser vor". Sein Vorschlag geht dahin, daß sich die Software-Häuser zusammenschließen und ihre Produkte in eine gemeinsame neutrale Börse zur Vermarktung einbringen.

Aus dieser Idee heraus offeriert der Benutzerverband seinen Mitgliedern einen " Empfehlungs-Service ", allerdings wegen der Fülle des Materials auch nur auf einigen ausgewählten Gebieten. Erfreulich fand Brussmann daß sich bei der Aktion fast die Hälfte aller angeschriebenen Software-Häuser mit einer Rückantwort beteiligte.

Anwender wünschen neutrale Infos

"Tod und Teufel" angeschrieben hatte auch der Zentralverband des deutschen Baugewerbes, um eine Übersicht über Bau-Software zu erstellen. Die Firmen waren nach Ansicht eines Beteiligten sehr auskunftsbereit. Die vom Bau nehmen den Service ihres Verbandes gerne in Anspruch, verlautet aus der Bonner Zentrale. Der Software-Input, der mittels normierter Fragebögen erhoben wurde, soll jetzt computergestützt verwaltet werden.

Warum sich allerdings die Software-Entwickler noch nicht zusammengeschlossen haben zwecks gemeinsamen Marketings, fragt sich Brussmann weiter. Vielleicht sei zuviel Transparenz in der harten Konkurrenzsituation gar nicht erwünscht. Ob man die Transparenz überhaupt schaffen kann, scheint für Hartmut Schormann zumindest bei komplexeren Programmen zweifelhaft. Ein bißchen mehr Licht im Dunkel könne aber auch zusätzliche Verwirrung beim Anwender stiften, befürchtet Schormann.

Glück und Kataloge

Auf sein Glück, den Erfahrungsaustausch mit Kollegen und bekanntes Katalogmaterial vertraut Wolfgang Klahn, DV-Chef der Loewe Pumpenfabrik GmbH, Lüneburg, bei der Auswahl fremd eingekaufter Branchen-Software. Man habe oftmals keine andere Wahl, als der Mundpropaganda zu trauen, resümiert der DV-Chef. Er als Anwender würde sich über eine neutrale Stelle freuen, die ihm bei der Suche nach geeigneten Lösungspaketen zur Seite steht.

Dennoch sieht er die Schwierigkeiten, die bei einem solchen Projekt erwachsen. Allein das "Up-daten" der angebotenen Programme erfordert in diesem schnellebigen Markt einen nicht zu unterschätzenden Personal und Zeitaufwand.

Davor sollten sich nach Meinung von Günther Brussmann die Software Häuser nicht scheuen. Entwickler bleiben aufgefordert, ihre Marketing Strategien zu überdenken, denn "grundsätzlich ist jede Aktion begrüßenswert, die die Marktsituation erhellt".

Zu überdenken ist auf seiten der Software-Häuser auch der "Datenträger" für ihre Produktankündigungen. Das gezielte Herantreten an Berufsverbände, die Berücksichtigung nicht nur der fach-, sondern auch der branchenspezifischen Publikationen und letztlich eine konsequente Produktwerbung können neben der Produktqualität der wichtigste Schritt zum Erfolg sein.

"Obwohl Papier geduldig ist", sagte ein Anwender, "gibt die aus guten Katalogen ersichtliche Zahl der Installationen einen ersten Eindruck über die Qualität der Programme", allerdings nur für solche, die die Chance des Experimentierens nicht nutzen wollen.