Strategic analysiert Marktstrategien von Big Blue:

l985 steigt IBM im Office-Automation-Markt ein

17.09.1982

LONDON (cmd) - Bis 1990 wird sich der Umsatz von IBM weltweit auf 100 Milliarden Dollar belaufen. In seiner Untersuchung "IBM - The Key Issues" deutet das US-Marktforschungsunternehmen Strategic Incorporated allerdings auch eine potentielle Schwäche von Big Blue an: Es bestehe die Gefahr, daß man sich in einer oder mehreren "technologischen Fallen" verfange. Als Beispiele sind in dem Report die Thermal-Conduction-Module-(TCM-)Technologie und die Großrechnerbetriebssysteme angeführt.

Obwohl die TCM-Packungstechnik, die IBM heute in allen Mainframern verwende, "elegant" sei, habe sie einen Nachteil: Sie erfordere Spezialwerkzeuge für die Herstellung, Erprobung und Wartung und sei damit sehr kostspielig. Strategic zufolge gibt es billigere Wege, um das Packungsproblem zu lösen.

Die Betriebssysteme der IBM-Großrechner charakterisiert das Marktforschungszentrum als "Dinosaurier", die die Einführung neuer flexibler Architekturen verhinderten. Falls diese Systeme nicht allmählich ersetzt würden, müßte Big Blue, statt in zukunftsträchtige Entwicklungen zu investieren, zusehends mehr Mittel für die Stützung der bestehenden Strukturen aufwenden. Dies mache die Armonker im Wettbewerb mit kleineren, technologisch aber fortschrittlicheren Unternehmen verwundbar.

Für ihre Analyse haben die Marktforscher die Position der IBM in den "vier strategischen Marktbereichen" Distributed Data Processing, Office Automation, Computer/Communications Services und Consumer Produkts untersucht.

Um das 100-Milliarden-Umsatzziel zu erreichen, hält die IBM laut Strategic Incorporated zunächst weiterhin an der Strategie der Marktverunsicherung fest. Man werde auch in Zukunft mehrere miteinander konkurrierende Vorhaben gleichzeitig ankündigen. Bis 1986 bleibe der Bereich Distributed Data Processing (DDP) Einnahmeschwerpunkt.

Die DDP-Strategie sei vor allem darauf ausgerichtet, die Erlöse mit den großen IBM-Kunden zu steigern. Unter diesem Aspekt sei auch die jüngste Straffung des Vertriebsapparates zu sehen. Der für 1986 angepeilte Umsatz von 54 bis 65 Milliarden Dollar werde - so Strategic Incorporated - zum überwiegenden Teil mit bestehenden oder erweiterten Versionen jüngst angekündigter Hard- und Software erzielt.

Von 1985/86 an rechnen die Marktforscher damit, daß Big Blue sich von der DDP-Strategie ab- und der Office Automation zuwendet. In der Zwischenzeit werde daran gearbeitet, bestehende und noch zu entwickelnde Büroprodukte in einem SNA-kompatiblen lokalen Netzwerk zumindest lose zu integrieren. 1986 kündige IBM dann integrierte Hard-und Softwaresysteme an, die auf spezielle Industrieanwendungen und organisatorische Einheiten zugeschnitten seien.

Diese neuen Produkte, die nach der Prognose von Strategic unter anderem Spracherkennung und preisgünstige OCR-Geräte beinhalten, würden es noch schwerer und teurer machen, Konkurrenzprodukte und -systeme über Schnittstellen zu verbinden. Darüber hinaus werde Big Blue vor allem mit magnetischen und optischen Speichersystemen hohe Umsätze erzielen.

Für die frühen neunziger Jahre erwartet das Marktforschungsunternehmen die Hinwendung von IBM zu Computer- und Kommunikationsnetzwerken. Mit dem Information System Network (ISN) trete man in direkte Konkurrenz zu AT & T.

Schon in den achtziger Jahren werde das ISN vom Umfang her schnell wachsen; die möglichen Dienstleistungen entwickelten sich jedoch erst später. Strategic hält es daher für fraglich, ob IBM tatsächlich in der Lage ist, auf dem Markt für Informationsnetze erfolgreich Fuß zu fassen.

Ein Engagement der Armonker auf dem Consumermarkt sei in den neunziger Jahren auch nicht ganz auszuschließen. Zur Begründung wird in der Untersuchung die "erzwungene Ankündigung" eines Personal Computers durch IBM angeführt. Das sei notwendig geworden, um nicht der Konkurrenz dieses Terrain abtreten zu müssen und damit das eigene DDP- und Office-Automation-Geschäft zu gefährden.