Kurt Servatius, Asic: Arbeiten auf mehreren Baustellen

29.11.2007
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Geräuschlos und effizient managt Kurt Servatius in München die Geschicke der IT-Service-Tochter des Assekuranz-Riesen Allianz, der Allianz Shared Infrastrucure GmbH (Asic). Damit überzeugte er im diesjährigen Wettbewerb "CIO des Jahres".

Er kann auf einen bewegten und abwechslungsreichen beruflichen Werdegang verweisen, und auch heute ist in seinem Job von Langeweile nichts zu spüren. Change-Management, um ein neudeutsches Wort für permanente Veränderung zu wählen, ist sein Tagesgeschäft. Erst vor ein paar Wochen wurde aus der Agis (Allianz Dresdner Informationssysteme GmbH) die neue Gesellschaft Asic. Es wurde outgesourct, Arbeitsplätze zentralisiert, Prozesse standardisiert, zentralisiert, und obendrein werden sukzessive die IT-Infrastruktureinheiten der europäischen Tochtergesellschaften der Allianz in die Asic integriert.

Kurt Servatius, Asic: "Man muss das Rad nicht jedes Mal neu erfinden." (Foto: Allianz)
Kurt Servatius, Asic: "Man muss das Rad nicht jedes Mal neu erfinden." (Foto: Allianz)
Foto: Joachim Wendler

Aber der Reihe nach: Kurt Servatius studierte Elektrotechnik und Betriebswirtschaftslehre und promovierte beim vor allem in der Telekommunikationsbranche bekannten Münchner Professor Eberhard Witte. Zu Beginn seiner Karriere arbeitete Servatius als selbständiger Berater und Dozent für Organisation und EDV bei einer Tochtergesellschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes, die sich auf Erwachsenenbildung spezialisiert hat. Danach ging es langsam aber sicher auf der Karrierleiter nach oben über eine Stelle als Vorstandsassistent, dann als IT-Chef und schließlich Geschäftsführer einer IT-Dienstleistungsgruppe in Essen.

Zusammengeführte Servicetöchter

1999, kurz nachdem der Versicherungskonzern Allianz die eigene IT-Tochter Agis ausgründet hatte, übernahm Servatius als Geschäftsführer die Funktion des RZ-Produktionschefs. Zwei Jahre danach wurde er Vorsitzender der Geschäftsführung und übernahm dann kurze Zeit später auch den Chefposten der Dregis (Dresdner Global IT-Services Gesellschaft). Die Herausforderung bestand darin, die IT-Servicetöchter der Allianz und der Dresdner Bank zusammenzuführen. Servatius übernahm somit die Gesamtverantwortung für die neue Agis Allianz Dresdner Informationssysteme GmbH.

Viel Integrationsarbeit

Diese Integration gehörte zu den Hauptaufgaben des neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung. "Es ging darum, die unterschiedlichen Steuerungs- und IT-Systeme sowie die größtenteils heterogenen und dezentralen IT-Infrastrukturen der beiden IT-Service-Provider zusammenzuführen. Erschwerend wirkte sich nicht nur aus, dass die beiden zu integrierenden Einheiten unterschiedliche strategische Ausrichtungen hatten, sondern auch, dass reichlich aufgeschobene Integrationsarbeit nachzuholen war." Die geerbten IT-Infrastrukturen gehörten in den Jahren davor zur Allianz Sachversicherung, Allianz Lebensversicherung, Vereinten Versicherungsgruppe, Magdeburger Versicherung, Staatlicher Versicherung der DDR, Dresdner Bank, Advance Bank sowie einigen weiteren Gesellschaften. Damit nicht genug: "Die kulturelle Integration ist viel schwieriger als die technologische." Letztere sei irgendwann nach zwei bis drei Jahren abgeschlossen, das Zusammenwachsen starker Unternehmenskulturen könne dagegen dauern.

Diese Veränderungen seien auch von "Stellenabbau und Stellenkonzentration" begleitet gewesen. Neben der Reduktion externer Dienstleistungen um zwei Drittel wurden rund 15 Prozent der Belegschaft überwiegend nach München verlagert und 550 Stellen mussten gestrichen werden. "Dieser Mitarbeiterabbau erfolgte sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen", betont Servatius. 2007 wurden dann mit dem Outsourcing der Desktop-, Netz- und Telekommunikationsservices zum Partner Fujitsu Services weitere 600 Mitarbeiter aus der AGIS verlagert. Diesen Strukturwandel zu bewältigen sei allerdings keine IT- , sondern eine Management-Aufgabe, so Servatius. "Durch viel Kommunikation" glaubt er, dass die Mitarbeiter die Hintergründe für die nötigen Schritte verstanden und mitgemacht haben, so dass "wir uns heute alle in die Augen sehen können".

Das Ziel: Synergieeffekte

Kurt Servatius auf einen Blick: Stationen, Projekte, Ansichten.
Kurt Servatius auf einen Blick: Stationen, Projekte, Ansichten.

Integration und Merger bedeuten natürlich auch den Wunsch, Synergieeffekte zu erzeugen. Dies sei in hohem Maße geschehen, wie der vielbeschäftigte Manager versichert. Rechne man die beträchtlichen Portoausgaben des Druckzentrums als Durchlaufposition nicht ein, wurden die Kosten bisher um 40 Prozent reduziert, konkreter gesagt: "Die Synergien machen pro Jahr fast 400 Millionen Euro aus." Dabei half auch der Aufbau und die Optimierung eines zentralen IT-Einkaufs. Für die kaufmännische und organisatorische Bewältigung der Aufgaben führte Servatiusunter anderem SAP/R3 ein, um mit neuen Controlling-Konzepten "mehr Kostentransparenz zu erreichen". Damit konnte das Unternehmen die externe Rechnungslegung im Rahmen der Konzernkonsolidierung verbessern sowie einen Beitrag zur Sicherstellung der Sarbanes-Oxley-Compliance leisten.

Ebenfalls auf der Agenda stand die Konsolidierung und physische Integration von acht Allianz- und Dresdner-Bank- Rechenzentren im zentralen Rechenzentrum in Unterföhring sowie der Aufbau eines überregionalen Back-up Rechenzentrums in Stuttgart. Servatius ist überzeugt, dass er "einen der größten Rechenzentrumsumzüge – rund 2500 Server, 17 000 Mips, zirka 65 TB - in nur15 Monaten" umgesetzt hat. Dieser Prozess wird jetzt auf europäischer Ebene fortgesetzt. Abgeschlossen ist der Umzug und Betrieb der Host-Umgebungen der Allianz Elementar (Österreich), der Allianz Suisse, Euler Hermes Deutschland, der zur Allianz-Gruppe gehörenden AGF Belgien sowie der Allianz Niederlande nach Unterföhring. Für die genannten Landesgesellschaften sowie einige weitere wie Allianz Irland und Großbritannien sind die Server-Umzüge geplant oder stehen kurz vor dem Start.

Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse

Ein Riesenprojekt ist auch die Auslagerung der Bereiche Desktop-Computer, Datennetze und Telekommunikation mit einem Gesamtvertragsvolumen von rund 400 Millionen Euro netto über eine Vertragslaufzeit von etwa fünf Jahren. 600 Mitarbeiter sollen dabei ebenfalls mitgehen. Servatius begründet dieses Geschäft mit einer "konsequenten Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse". Innovative und preisgünstige IT-Dienstleistungen seien wichtig, damit der Konzern die Marktführerschaft beim Kundenservice und in der Beratungsqualität halten könne.

Stolz ist der IT-Macher auch auf den Aufbau eines der größten VPNs für die über 45.000 Allianz-Außendienstler: "Damit waren wir in dieser Größenordnung sicher Vorreiter in Deutschland." Der Münchner IT-Manager ist stark an Best Practices interessiert: "Der IT-Betrieb muss weg vom Kunsthandwerk und hin zu einer industriellen Produktion." Dies sei ein steiniger Weg, weil die IT-Mitarbeiter es "als Einschränkung ihrer Kreativität erachten und die Fachabteilungen um Flexibilität, Schnelligkeit und Qualität fürchten". Er halte diese Sorgen allerdings für unbegründet, einheitliche Prozesse könnten Freiräume für Neuerungen schaffen: "Man muss das Rad nicht jedes Mal neu erfinden."

Um sicherzugehen, dass die Kunden (also die zahlreichen Fachabteilungen des Allianz-Konzerns) mit seinen Dienstleistungen zufrieden sind, beteiligt sich die Asic an der Customer Focus Initiative (CFI) der Muttergesellschaft. Als Messinstrument zur Ermittlung der Kundenloyalität setzt der Finanzdienstleister den "Net Promoter Score" (NPS) in den Versicheungsgesellschaften ein. Dieser ermittelt die Kundenloyalität auf Basis der Weiterempfehlungsbereitschaft. Daneben wird regelmäßig ein Feedback abgefragt, das dazu dient, den Service weiter zu verbessern.

Servatius ist mit den bisherigen Ergebnissen seiner Veränderungsinitiativen zufrieden: "Wirtschaftlich gesehen haben wir die Ziele deutlich übererfüllt." Als Verbesserungspotenzial sieht er insbesondere die Prozesslandschaft, die "noch einiges an Historie mit sich schleppt". Als habe man ein Projekt aufgesetzt, das sich der Methodik Six Sigma bedient, allerdings in einer für die Allianz Gruppe angepassten und etwas weniger aufwendigen Form.