Dreiste Abzocke

Kunden hängen weiter in teuren Firmen-Warteschleifen

29.12.2009
Bei Service-Telefonnummern lassen viele Firmen ihre Kunden noch immer in langen Warteschleifen hängen. Dafür kassieren sie hohe Gebühren.

Die Grünen-Bundestagsfraktion stellte bei einer Erhebung unter 50 Anbietern verschiedener Branchen fest, dass Anrufer bei 15 Nummern im Schnitt länger als eine Minute auf eine Beratung warten mussten. Dabei seien die Wartezeiten bei Anbietern von Handy-Tarifen meist akzeptabel gewesen, bei Billigfliegern dagegen oft sehr lang. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisierte, es sei noch "viel Luft nach oben" für kundenfreundlichere Konditionen, zu denen sich mehrere deutsche Firmen in einem Leitfaden selbst bekannt haben.

"Bei vielen Anbietern scheinen die teuren Warteschleifen zum Geschäftsmodell zu gehören. Da werden viele Millionen Euro verdient ohne Gegenleistung", sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn laut einer Mitteilung von Montag.

Für die Erhebung seien rund 300 Anrufe bei Servicenummern mit 0900-Vorwahl ausgewertet worden. Die längste Wartezeit sei mit 23 Minuten bei dem Telekommunikationsanbieter 1&1 festgestellt worden, wegen niedrigerer Preise sei dies aber nicht die kostspieligste Verbindung gewesen. Die teuerste Schleife habe das Angebot "Tarotkönig" mit 13 Euro für sieben Minuten Wartezeit gehabt.

"Verbraucher sollten erst dann zahlen müssen, wenn sie einen Berater tatsächlich am anderen Ende der Leitung haben", sagte Höhn. Der vzbv forderte, Störungsnummern sollten kostenlos sein, da Kunden für nicht erbrachte Leistungen auch nicht zahlen müssten. Die Tarife müssten generell transparenter und niedriger werden, sagte ein Sprecher. Zudem sollten Firmen neue technische Möglichkeiten auch tatsächlich nutzen, durch die Warteschleifen und das eigentliche Beratungsgespräch getrennt voneinander abgerechnet werden könnten. Wenn Selbstverpflichtungen nicht griffen, seien gesetzliche Schritte zu prüfen.

Zum Informationstechnologie-Gipfel mit der Bundesregierung von 2007 hatten sich zahlreiche Unternehmen zu einem "Leitfaden für eine verbraucherfreundliche Kundenbetreuung" bekannt. Eine Ende 2008 aktualisierte Fassung sieht beispielsweise als Selbstverpflichtung vor, dass Wartezeiten bei Hotlines nicht über durchschnittlich 30 Sekunden liegen sollen. Bei Anrufen aus dem Festnetz sollen fürs Warten keine Kosten anfallen, bei Anrufen vom Handy höchstens Verbindungskosten. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) erklärte, damit sei die Hightech-Wirtschaft Vorreiter auch im Vergleich mit anderen Branchen.

Die Unternehmen hatten die Leitlinien vorgestellt, nachdem das Verbraucherschutzministerium ein Gesetz angedroht hatte. Allerdings haben viele Firmen den Leitfaden nicht unterzeichnet. (dpa/ajf)