Schelte bei KI-Diskussionsrunde:

Künstliche Aufregung um das Schlagwort KI

27.03.1987

"An jedem dritten Stand auf der CeBIT stolperte man über das Schlagwort 'künstliche Intelligenz' - und keiner versteht's", ärgerte sich Dieter Schieferle, Consultant für neue Technologien bei Digital Equipment, gemeinsam mit Experten aus Wissenschaft und Industrie.

Anlaß für die Schelte gab eine KI-Diskussionsrunde, zu der die Münchner Software Technologies GmbH geladen hatte.

"Die meisten haben den Begriff einfach als Marketingparole übernommen", so das vernichtende Urteil von Schieferle, "doch kaum jemand weiß wie kontrovers selbst die Ansätze dieser neuen Technologie gehandhabt werden." Software-Ingenieure, die Erkenntnisse aus der KI verwenden, entwickelten ihre Systeme nach der Methode "bottom-up". Hier sei die Basis nämlich das Problem des Kunden, das gelöst werden müsse. Dagegen neigten Wissenschaftler dazu den Bereich der Artificial Intelligence nach dem Prinzip "top-down" zu erforschen.

"Der Mensch versteht nur, was er auch baut", so das Fazit von Arno Baruzzi, Professor für Philosophie an der Universität Augsburg. "Von der natürlichen Intelligenz des Menschen geschaffene Werke werden manchmal so komplex, daß sie nur noch mittels künstlicher Intelligenz beherrschbar bleiben." Dafür brauchten die eingesetzten Maschinen heute immer mehr "Wissen".

Als typisches Beispiel für den KI-Einsatz nannte Dieter Müller, Professor am Institut für Informatik der Universität Hannover, die Steuerung von städtischen Abwassersystemen: "Solche eigentlich gigantischen Bauwerke mit ihrer Komplexität beginnen dem Menschen zu entgleiten." Hier leisteten lernende Expertensysteme gute Dienste. Lernende Systeme deshalb, weil man den "Wasser-Experten" ihre Erfahrungen zwar abluchsen und in die Wissensbank des Systems einspeisen könne; jedoch hätten auch die Experten nicht alle denkbaren Möglichkeiten parat Müller: "So lernt das System eben von Wolkenbruch zu Wolkenbruch dazu."

Auch Lothar Fohmann, Leiter Knowledge Engineering bei Nixdorf verwertet die Erkenntnisse aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz bereits in der Praxis: "Die Transparenz des Lösungsweges bei der Programmierung wird durch die KI verbessert." Von unterschiedlichen Anatzpunkten ausgehend, komme man durch KI zu tendenziell gleichen Ergebnissen. Fohmann: "Das ist faszinierend - und neu."

Als eine wesentliche Komponente der Zukunft für die ingenieurmäßige Entwicklung von Programmen bezeichnete der Mitbegründer der Wiener Software Technologies, Bernd Hable, die neue Technologie: "KI wird in das Software-Engineering hineinwachsen." Damit ständen zu den bekannten Algorithmen, Verfahren und Methoden dann auch entsprechende Wissensbanken zur Verfügung. Dies eröffne etwa bei der Entwicklung von Benutzeroberflächen oder auf der übergeordneten Ebene des Desktop-Publishing ungeahnte Möglichkeiten. "Bislang hat der SW-Entwickler meist seine Sicht der Dinge abgebildet", kommentierte Hable, "bei KI muß er das Wissen der Benutzer im Programm unterbringen."

Aussteller wütend:Fahrverbot für kleine Leute

Mit mindestens zweierlei Maß hat die Messegesellschaft Hannover heuer die Fahrerlaubnisse auf dem Messegelände gemessen. Kleine Unternehmen wurden kühl auf einen VIP-Service verwiesen, große durften gleich zigfach mit eigenem Gerät sich und ihre Kundschaft vom CeBIT in die Satelliten-Hallen kutschieren und zurück. Das stieß den nach Einschätzung der Messegesellschaft offenbar schlecht behandelten "Kleinen" übel auf. Ohnehin fühlten sie sich an den Rand gedrängt, hofften auf einen Trendsetter, der den großen Auszug aus Hannovers CeBIT-Messe organisiert angeführt hatte. Wetterprobleme Anfang März - wie sattsam bewiesen - machten den Rundgang im weitläufigen Freigelände zum Gesundheitsrisiko, von der verschwendeten Zeit nicht zu reden.

Commodore als Lockvogel

"AIs Lokomotive" setzt die Rhone-Poulenc Systeme GmbH (RPS) laut Bereichsleiter Heinz Trippel Commodore im Diskettenmarkt ein. RPS schloß mit Commodore ein Lizenzabkommen und fertigt nun Disketten, die von den rund zwei Millionen Commodore-Usern gekauft werden sollen, da sie das Commodore-Label tragen. Nach Angaben von Winfried Hoffmann, Geschäftsführer von Commodore Deutschland, wird sein Unternehmen die Lizenz-Strategie noch fortsetzen. Erhältlich sind bereits Möbel und Sportbekleidung im Commodore-Look.