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Studenten üben erstmals offene Kritik an Internet-Zensur

Kuba: Offizielle Suchmaschine umfasst 150.000 Webseiten

08.02.2008
Von pte pte
In Kuba wird das Internet streng kontrolliert - wer surfen will und es sich leisten kann, darf dies im nationalen "Intranet" tun. Der Staat argumentiert mit technischen Herausforderungen, die eine Anbindung an die Online-Welt erschweren.

In Kuba haben Studenten erstmals öffentlich Kritik an der von der Regierung betriebenen Internet-Politik geäußert. In einem 52-minütigen Online-Video werfen sie den staatlichen Behörden dabei vor allem die einseitige Beschränkung beim Zugang zu Internetseiten vor. So sei es einem kubanischen Bürger beispielsweise nicht möglich, Webseiten wie YouTube oder MySpace zu nutzen. Auch auf die Suchmaschine Google müsse man verzichten und sich stattdessen mit einer Beta-Version einer eigenen in Kuba entwickelten Suchtechnologie zufrieden geben, die auf den Datenbestand von 150.000 offiziellen Webseiten reduziert ist. Während Touristen in teuren Hotels über schnelle und völlig freie Internetzugänge ins Netz einsteigen könnten, sei die einheimische Bevölkerung in ihren Möglichkeiten diesbezüglich sehr eingeschränkt. Wer im Netz surfen will, kann dies meistens nur in Internet-Cafes tun, die von der Regierung streng kontrolliert werden, lauten die Vorwürfe.

"Die Nutzung des Internets in Kuba unterliegt einer strengen Regierungskontrolle", erklärt Clothilde Le Coz, Leiterin des Internet Freedom Desks bei Reporter Ohne Grenzen (ROG), im Gespräch mit pressetext. In erster Linie mache sich dies durch einen in der Regel nur sehr eingeschränkten Zugang zu Webinhalten bemerkbar. "Das Internet ist in Kuba ein wichtiges politisches Objekt, durch das die staatlichen Behörden versuchen, die Bevölkerung von ungewollten Inhalten fern zu halten", meint Le Coz. Internet-Cafes seien beispielsweise dazu verpflichtet, sich bei der staatlichen Kommunikationsbehörde zu registrieren. "Nur unter der Bedingung strenger inhaltlicher Kontrollen und Beschränkungen gibt der Staat das offizielle Einverständnis für den Betrieb eines derartigen Lokals", ergänzt Le Coz.

Erschwerend komme hinzu, dass sich die große Mehrheit der Kubaner einen Gang in ein Internet-Cafe gar nicht leisten könne. "Die Tarife sind gemessen an den durchschnittlichen Monatsgehältern sehr hoch angesetzt", erläutert Le Coz. "Der Durchschnittskubaner verdient zwischen zehn und zwölf Dollar im Monat. Da kann er nicht fünf Dollar dafür ausgeben, um vier Stunden im Internet zu surfen", kritisiert die ROG-Mitarbeiterin. Auch der Zugang zum kubanischen "Intranet" sei mit rund einem Dollar pro Stunde für viele unerschwinglich. Private Internetanschlüsse seien eine äußerst seltene Ausnahme, der Großteil der Bevölkerung verfüge nicht einmal über einen eigenen Telefonanschluss.

Von den insgesamt 3,5 Millionen Kubanern, die an ihrem Arbeitsplatz oder in einer öffentlichen Einrichtung Zugang zu einem Computer haben, können sich kubanischen Angaben zufolge nur rund 27 Prozent direkt mit dem Internet verbinden. Die Mehrzahl der Nutzer muss sich mit dem nationalen Intranet begnügen. Dieses erlaubt zwar den Versand von E-Mails, ermöglicht aber nur Zugang zu Seiten offizieller Institutionen und Medien, ausgewählter Unternehmen und einiger Universitäten. "Die Regierung rechtfertigt diese Situation mit dem Argument, dass es einfach schwierig sei auf einer Insel wie Kuba eine gute Internetinfrastruktur aufzubauen", so Le Coz. In Anbetracht solch fadenscheiniger Gründe findet die ROG-Mitarbeiterin für die künftige Entwicklung der Lage keine positive Einschätzung: "Ich glaube persönlich nicht daran, dass sich an dieser Situation in Kuba in nächster Zeit etwas ändern wird", meint Le Coz abschließend. (pte)