PRISM

Kritik an US-Datensammelwut - Aufenthaltsort von Snowden unbekannt

11.06.2013
In Europa häuft sich die Kritik an der Datensammelwut des US-Geheimdienstes. Auch Kanada betreibt ein ähnliches Programm, wie das Land nun zugab. Die Zukunft des Informanten, der das Schnüffelprogramm öffentlich machte, ist unklar.

Die US-Regierung steht wegen des Vorwurfs massenhafter Sammlung von Daten über Internetnutzer heftig in der Kritik. Gleichzeitig versuchen Politiker, mehr über das Ausmaß und die rechtlichen Grundlagen des Programms zu erfahren. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte am Dienstag, seine Behörde arbeite derzeit einen Fragenkatalog an die Amerikaner aus. Kanada gab zu, ein ähnliches Spionageprogramm zu betreiben. Ein russischer Politiker sprach sich dafür aus, dem Ex-Geheimdienstler Edward Snowden in Russland Asyl zu gewähren. Snowden hatte Informationen über das Geheimprogramm an die Medien gegeben und war nach Hongkong geflohen.

Das deutsche Innenministerium will von den USA wissen, in welchem Umfang Daten gesammelt worden seien und nach welchen Gesetzen oder Vorschriften. Innenminister Friedrich sagte, er habe erst aus den Medien über die Vorgänge erfahren. Abgeordnete des Europaparlaments kritisierten, dass die USA unterschiedliche Datenschutzstandards bei eigenen und fremden Bürgern anlegten.

Die Zeitungen "Guardian" und "Washington Post" berichteten auf Basis von Snowdens Informationen, der US-Geheimdienst NSA sammele und analysiere massenhaft Nutzer-Daten von Unternehmen wie Google, Yahoo, Microsoft, Apple oder Facebook. Die Internet-Dienste bestreiten, Behörden einen direkten Zugang zu ihren Servern zu gewähren.

Der republikanische US-Senator und einstige Präsidentschaftskandidat John McCain verteidigte das Programm mit dem Decknamen "PRISM". Allerdings mangele es an Transparenz, sagte er dem Fernsehsender "Phoenix". "Ich glaube, dieses Programm ist praktikabel und nützlich, aber das amerikanische Volk und unsere Partner sollten besser informiert werden."

Kanadas Verteidigungsminister Peter MacKay bestätigte, dass sein Land ein eigenes globales Abhör- und Spähprogramms betreibe. Er habe den kanadischen Geheimdienst CSE autorisiert, die Telekommunikation weltweit auszuspähen und digitale Spuren von Telefon- und Internetverbindungen zu sammeln, sagte er am Montag im Parlament. Kanadier seien davon nicht betroffen. "Dies ist Auslandsspionage. Das ist etwas, was seit Jahren passiert", sagte MacKay.

Währenddessen hält sich der Ex-Geheimdienstmitarbeiter Snowden an einem unbekannten Ort auf. Er suchte in Hongkong Zuflucht und enttarnte sich dort selbst als Quelle für die Informationen über "PRISM" enttarnt hatte. Am Montag soll er sein bisheriges Hotel verlassen haben.

Ein führender russischer Außenpolitiker sprach sich dafür aus, Snowden politisches Asyl zu gewähren. Die US-Geheimdienste verletzten mit der Überwachung von Telefongesprächen und des Internets Gesetze, sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, Alexej Puschkow. "In diesem Sinne ist Snowden ein Bürgerrechtler, dem Russland Zuflucht gewähren sollte - auch wenn die USA einen hysterischen Anfall bekämen", sagte Puschkow der Agentur Interfax zufolge.

Der Kreml äußerte sich zurückhaltend. "Sollte Snowden Russland um Asyl bitten, werden die Behörden seinen Antrag prüfen", sagte ein Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin der Zeitung "Kommersant". Der Wikileaks-Gründer Julian Assange empfahl Snowden, Asyl in Lateinamerika zu suchen. Assange hält sich in der Botschaft Ecuadors in London auf, um einem Gerichtsprozess in Schweden zu entgehen.

Wenn die USA einen Auslieferungsantrag an Hongkong stellen sollten, würde letztlich China über Snowdens Schicksal entscheiden. "Da Hongkong zu China gehört, ist die chinesische Regierung der einzige Beteiligte, der entscheidet", sagte der renommierte Professor für internationale Beziehungen an der Volksuniversität, Shi Yinhong, in Peking der Nachrichtenagentur dpa. Shi Yinhong geht nicht davon aus, dass China von sich aus in den Fall eingreift. "Die chinesische Regierung muss vorerst nichts tun, weil es nichts mit China zu tun hat, außer dass Snowden jetzt in Hongkong ist", sagte er. (dpa/tc)