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Kritik an Telekom-Debis-Fusion

24.03.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Immer noch nicht völlig geklärt ist, ob nun die Deutsche Telekom die Debis Systemhaus GmbH kaufen wird. Die Parteien geben sich ausgesprochen zugeknöpft. Bei der Deutschen Telekom wollte man einen Bericht des "Wall Street Journal" nicht kommentieren, der besagt, dass am kommenden Montag der Aufsichtsrat des Telefonriesen den Kauf absegnet. "Wir machen weder Aussagen zur Sache selbst, noch kommentieren wir mögliche Termine des Aufsichtsrats," hieß es kurz angebunden aus Bonn.

Beim Debis Systemhaus in Berlin mauert man ebenfalls und verweist wie bereits früher auf Ende März. Dann werde eine Entscheidung getroffen sein. Alle Indizien sprechen aber dafür, dass der Kommunikationsriese den Zuschlag für das Systemhaus erhält. Daimler-Chrysler-Vorstandsvorsitzender Jürgen Schrempp scheint vor allem an einem schnellen Verkauf gelegen zu sein. Strategische Überlegungen plagen ihn offenbar weniger. Denn die Hochzeit des IT-Unternehmens mit dem Bonner Carrier wird von Branchenexperten eher kritisch beurteilt.

So moniert Peter Cunningham die mangelnde multinationale Präsenz der Deutschen Telekom. Der Analyst des Marktforschungsinstituts Input, das sich auf die Bewertung von Service-Unternehmen spezialisiert hat, glaubt ferner, dass Beteiligungsmodelle zwischen der Ron-Sommer-Company und dem Debis-Mutterkonzern Daimler-Chrysler kaum denkbar seien. Das gebe nur Sinn, wenn die Telekom-Tochter Deutsche Telekom Computer Service Management GmbH (DeTeCSM) per Spinout wieder aus dem Mutterkonzern gelöst werde. Eine Beteiligung wäre allerdings sinnvoll, wenn Debis auch in Zukunft die IT des Stuttgarter Autokonzerns betreiben soll.

Als wesentliches Manko vermerkt der Input-Mann zudem, beide Heiratswilligen verfügten über wenig E-Business-Erfahrungen. Genau in diesem Bereich geht aber in der Industrie die Post ab. Allerdings ist die Deutsche Telekom in eine Kooperation mit dem Chemiekonzern Bayer AG und der Infraserv Hoechst involviert, die sich den Aufbau eines virtuellen Marktplatzes zur Aufgabe gemacht hat. Hier sollen Unternehmen Rohprodukte und Chemieerzeugnisse handeln können. Von Seiten des Carriers steuert dessen Tochter DeTeSystems GmbH Gehirnschmalz zu dem Internet-Handelsplatz bei. Cunningham fällt nur ein Argument ein, warum die Deutsche Telekom als Käufer des Debis Systemhauses in Frage kommen könnte: sie kann mit einer fetten Geldkatze winken.

Auch Jochen Klusmann, Analyst der Julius-Bär-Bank in Frankfurt, spielt auf die mangelnden Kompetenzen im Bereich Internet und E-Business an. Diesbezüglich lasse sich das Debis Systemhaus nicht unbedingt als der stärkste denkbare Partner bezeichnen. Helmuth Gümbel von Strategy Partners in München nimmt die nach wie vor nicht völlig geklärte Frage auf, ob neben der Telekom nicht auch der IT-Dienstleister Siemens Business Services (SBS) noch als Käufer in Frage kommen könnte. Beim Streit um Debis habe die Telekom im Zweifelsfall tiefere Taschen als Siemens.

Für die Telekom als Käufer spricht nach Meinung von Gümbel zudem, dass der Kommunikationsriese in Zukunft Content verkaufen wolle. Bei der Ausführung dieser Idee, die einen ziemlich starken Wandel des Geschäftsmodells erfordere, sei die Telefongesellschaft bisher nicht sonderlich weit voran gekommen. Hier könne das Debis Systemhaus hilfreich sein. Dessen Akquisition könne Telekom-Chef Ron Sommer auch dazu nutzen, um den "Beamtenverein der DeTeCSM", dem IT-Servicearm der Telekom, eine Runderneuerung zu verpassen.

Für Andreas Pestinger von der Meta Group ist die Deutsche Telekom ebenfalls der wahrscheinlichste Kaufaspirant. "Die Deutsche Telekom muss sich international viel stärker aufstellen", sagt Pestinger. Dies könne ihr aber nur gelingen, wenn sie auch im Heimatland extrem stark sei, "und das nicht nur im Telekom-Bereich, sondern auch im IT-Umfeld". In ihrem Kerngeschäft mussten die Bonner wegen der Deregulierung Umsatzrückgänge vermelden. Neue Möglichkeiten bieten sich nach Meinung des Meta-Analysten vor allem im IT-Umfeld. Die DeTeCSM erwirtschafte derzeit 90 Prozent ihres Umsatzes mit der Telekom selbst. "Ohne Akquisitionen kann die DeTeCSM dieses Verhältnis auf Jahre hinaus nicht verändern", sagte Pestinger.