Kriterien zur Auswahl von Datenerfassungsgeräten

13.08.1976

Prof. Dr. Lutz J. Heinrich ist ordentlicher Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Betriebsinformatik, an der Universität Linz, befaßt sich in seiner wissenschaftlichen und praktischen Tätigkeit schwerpunktmäßig mit der Entwicklung und Anwendung von Methoden zur Planung und Lenkung computergestützter Informationssysteme. Prof. Heinrich ist u. a. Mitglied des Sachverständigenkreises "DV-Systeme und DV-Technologie" beim BMFT.

Erstaunlicherweise wird bei der Gestaltung von Datenerfassungssystemen heute noch recht "hemdsärmelig" ohne methodische Unterstützung vorgegangen. Dabei sollte man bei "Methoden" nicht gleich an quantitative Verfahren denken, die in der Regel nur für Teilprobleme der Systemgestaltung anwendbar sind. Vielmehr geht es in erster Linie darum, den Gestaltungsprozeß so zu strukturieren, daß die Gestaltungsziele klar definiert und die einzelnen Gestaltungsmaßnahmen geplant und abgewickelt werden können. Das mehr zufällige Gestalten muß durch einen plan- und nachvollziehbaren Gestaltungsprozeß abgelöst werden.

Grundsätze nur bedingt brauchbar

Ein optimales Datenerfassungssystem ist nicht beschreibbar durch Forderungen wie "Aktualität", "Wirtschaftlichkeit", "Qualität" o. ä.; man findet solche "Kriterien" in der Literatur, in Seminarunterlagen und in Handbüchern der Praxis. Derartige Hinweise können bestenfalls den Charakter von Grundsätzen haben (analog den bekannten Grundsätzen der Organisationsarbeit), die den Systemplanern globale Handlungsziele angeben. Sie sind nicht in der Lage, in irgendeiner Weise nachvollziehbare Handlungsanweisungen zu geben, aus denen der Systemplaner ablesen kann, wie er vorzugehen hat, um ein Datenerfassungssystem unter bestimmten Zielen optimal zu gestalten.

Methoden sind keine Rezepte

Man begegnet immer wieder der Meinung, daß es notwendig und möglich sei, rezeptartig anwendbare Optimallösungen anzugeben. Dies ist auch im System der Datenerfassung (sieht man von Einfachstanwendungen ab) eine unzutreffende Ansicht. Methoden sind keine Rezepte. Sie können aber den Systemplaner in die Lage versetzen, zweckmäßige Datenerfassungssysteme zu entwickeln und zu implementieren, Was dabei "zweckmäßig" ist, hängt vom einzelnen Anwendungsfall ab und kann daher nicht generell beantwortet werden.

Systemtheoretischer Ansatz

Methoden zur Planung des Datenerfassungssystems heißt zunächst einmal: Den richtigen Ansatz wählen, um die anwendungsspezifischen Probleme erkennen und lösen zu können. Dieser Ansatz kann wie folgt beschrieben werden:

- Man ermittelt die der Systemplanung vorgegebenen Anforderungen z. Beispiel Anforderungen an die verplanbare Investitionssumme, die maximalen Gesamtkosten, den verfügbaren Planungshorizont.

- Man ermittelt die Anforderungen der realen betrieblichen Prozesse an die Planung des Datenerfassungssystems, z. B. der Datenanfall, die Zeichenart, die Umweltbedingungen.

- Man ermittelt die Anforderungen der Datenverarbeitungsprozesse an die Planung des Datenerfassungssystems, zum Beispiel den Datenumfang, die Datenträgerart, den Satzaufbau.

Alle Anforderungen werden für sämtliche Datenerfassungsprozesse bestimmt und zu einem "Anforderungsprofil" für die Planung des Datenerfassungssystems aggregiert.

Verfahrensauswahl

Das Anforderungsprofil ist zunächst, einmal Grundlage zum Bestimmen eines optimalen Datenerfassungsverfahrens, für das die spezielle Gerätetechnik noch völlig unerheblich ist Hier geht es sozusagen um die Grundsatzentscheidungen, etwa um folgende Fragen:

- Wie soll der Verbindungsgrad zwischen Realprozeß und DV-Prozeß gestaltet werden, zum Beispiel indirekt und mit dem Datenträger Magnetband?

- Wie soll die Datenerfassung in die Realprozesse eingefügt werden, zum

Beispiel, dezentral oder zentral?

- Wie soll der Intelligenzgrad der Gerätetechnik sein?

- Welcher Abhängigkeitsgrad (Einzelgeräte öder Sammelsystem) soll gewählt werden?

Als Ergebnis hat man für die im Anforderungsprofil dokumentierten Datenerfassungsprozesse ein optimales Datenerfassungsverfahren bestimmt.

Geräteauswahl

Durch die Wahl des Datenerfassungsverfahrens sind die zulässigen Gerätealternativen schon abgegrenzt Damit entfällt auch der immer wieder anzutreffende Unsinn, für die Geräteauswahl die "Vorteile" und "Nachteile" von zum Beispiel Magnetbändern und Disketten vergleichen zu wollen. Das sind Grundsatzfragen der Verfahrensauswahl, die mit der Geräteauswahl nicht nur nichts zu tun haben, sondern in diesem Zusammenhang auch gar nicht beantwortet werden können. Die Geräteauswahl erfolgt jetzt aus einer Anzahl schon recht homogener Gerätealternativen (zum Beispiel aus verschiedenen Magnetbandsammelsystemen) mittels Nutzwertanalyse.

Auswahlkriterien

Dazu müssen die Auswahlkriterien festgelegt, definiert und so beschrieben werden, daß es möglich ist, für jede betrachtete Gerätealternative die "Erträge" je Auswahlkriterium zu ermitteln. Gegebenenfalls sind hierzu spezielle Ermittlungsmethoden zu entwickeln oder anzupassen. Als typisches Beispiel kann das Ermitteln der "Durchsatzleistung" genannt werden, weil bei moderner Gerätetechnik die "handgestrickten" Verfahren (zum Beispiel das Verwenden von Erfahrungswerten) nicht mehr ausreichen. Zum Festlegen der Auswahlkriterien kann man vorhandene Kataloge verwerten; die dort genannten Kriterien sind in der Regel durch Streichen, Ergänzen Detaillieren und Zusammenfassen anzupassen. Hauptkriterien sind immer:

- Kosten

- Leistung

- Bedienerfreundlichkeit

- Umweltanforderungen

- Anbieterunterstützung

Die Geräteauswahl ist mit dem Bestimmen der optimalen Gerätealternative abgeschlossen; das Datenerfassungssystem ist grob projektiert. Jetzt kann man auch die erforderlichen Verträge mit dem Gerätelieferanten abschließen.