Kriterien für erfolgreiches Outsourcing

24.05.2006
Von Hans-Joachim Diercks und Michael Schmidt  
Jede IT-Dienstleistung ist nur so gut, wie sie in Auftrag gegeben wird. Wohl und Wehe einer Servicepartnerschaft entscheiden sich darum schon lange vor dem Start.
Fallstricke, Outsourcing
Fallstricke, Outsourcing

Erster Schritt jedes gelungenen Deals muss die genaue Dokumentation der eigenen Prozesse sein. Denn nur anhand der realen Unternehmensabläufe lässt sich ermitteln, für welche Aufgaben und in welchem Umfang eine Auslagerung die Effizienz steigern kann. Doch die Realität sieht anders aus. Besonders verhängnisvoll ist, dass Anwender immer wieder Auslagerungsvorhaben ohne Ziel und Strategie betreiben. Häufig bieten die eigenen Strukturen keine gute Grundlage dafür, die Ziele definieren zu können, denn wer seine internen Abläufe nicht als Prozess versteht und organisiert, kann keine klaren Leistungsabgrenzungen und eindeutige, messbare Leistungsübergänge formulieren. Der Weg zu einem erfolgreichen Outsourcing sollte darum als Prozess mit jeweils eigenständigen und prüfbaren Schritten verstanden werden. Im Folgenden werden die zehn wichtigsten Kriterien eines erfolgreichen Outsourcing-Projekts beschrieben:

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Neue ERP-Systeme machen es komplex

Für ein süddeutsches Pharmaunternehmen untersucht IDS Scheer derzeit die Möglichkeiten einer strategischen Zusammenarbeit mit einem oder mehreren Partnern in den Bereichen Projektdienstleistungen und Applikations-Management im Supportbereich.

Ziel der Erhebung ist eine an die Bedürfnisse des Kunden angepasste Sourcing-Strategie. Diese sieht vor, dass die IT-Abteilung künftig als internes Beratungshaus für die Fachbereiche arbeitet. Zudem sollen die Effizienz verbessert und die Gesamtkosten reduziert werden.

Zwischenergebnis ist unter anderem, dass

• insbesondere die neue Generation der einzusetzenden ERP-Backend-Systeme und ihrer Integrationstechniken sowohl stark gestiegene technische Spezialkenntnisse als auch eine neue prozessbasierende Sicht auf die bisher bekannten, funktional beziehungsweise transaktional ausgerichteten, modulspezifischen Abläufe erfordert;

• die Kenntnisse in diesen Bereichen daher entweder intern aufgebaut oder wegen der dringenden Anforderung von erfahrenen Spezialisten bereitgestellt werden können, die jedoch gut bezahlt werden müssen;

• die beabsichtigte Orientierung an globalen Prozessen höhere Anforderungen an die Qualität und an Geschwindigkeit der Supportprozesse stellt.

• die zunehmende Prozesssicht und -verantwortung in den Fachbereichen eine Neuausrichtung der IT-Dienste bedingt;

• sich deshalb der Wertbeitrag der IT weg von einfachen, standardisierten Dienstleistungen hin zu hochwertigen Beratungsdienstleistungen verschiebt.

Als Ergebnis zeichnet sich ab, dass die Verlagerung in ein Nearshore-Land mit punktueller Unterstützung durch Offshore-Ressourcen die flexibelste Lösung für die IT des Unternehmens bietet.

Sourcing-Strategie definieren: In einer ersten Analyse werden den Geschäftsprozessen die unterstützenden IT-Services zugeordnet und Erfolgsfaktoren für Prozesse sowie spezifische Anforderungen an die IT-Unterstützung definiert. Aus diesen lassen sich Ziele für IT-Services ableiten. Im zweiten Schritt sollte in Form von klaren Prozessschritten dargestellt werden, wie die Services erbracht werden und welchen Beitrag sie dafür liefern, das definierte Ziel zu erreichen. Erst auf Basis dieser zwei Analysen folgt dann die Betrachtung von Bereichen, die sich zum sinnvollen Outsourcing anbieten. Im Ergebnis bekommen die Anwender eine Entscheidungsmatrix, die neben dem Business Case und dem Gesamtziel auch die Prozessteile, Schnittstellen und Teilprozessziele festlegt.

Ausschreibung: Neben der Beschreibung der Infrastruktur gehören folgende drei Definitionen zum Mindestumfang einer Ausschreibung:

- Die Ausgangssituation mit den Services, deren Qualität und den Problemen, dem Ziel des Projektes, der Strategie und den Entwicklungstrends.

- Die zu Bereitstellung und Betrieb erforderlichen Tätigkeiten und deren Abläufe; die jeweiligen Verantwortlichen; die Eingangsgrößen; die Ergebnisse und die Prüfkriterien.

- Die Kennzahlen samt deren Erhebung und Reporting auf den zuvor beschriebenen drei Ebenen, die erwartete Entwicklung und der Innovationsprozess.

Mit diesen Angaben können Anbieter einheitlich strukturierte Angebote erstellen, so dass sich Leistungen und Preise vergleichen lassen.

Auswahl, Angebotsprüfung, Benchmark:Für die Anbieterauswahl ist eine gewichtete Kriterienliste erforderlich, deren Punkte sich aus der Ausschreibung ableiten. Die eingereichten Angebote werden sodann von fachlich geeigneten Personen bewertet. Zur Unterstützung der eigenen Bewertungskompetenz bieten sich neutrale Benchmarks an. Als Ergebnis lassen sich Partner auswählen, mit denen die Kernpunkte des Projekts und der zukünftigen Zusammenarbeit grob skizziert und vereinbart werden können.

Due Diligence:In dieser Phase ist es erforderlich, klare Vorstellungen von den Strukturen und Verfahren des zukünftigen Partners zu erhalten. Dem Projektteam obliegt die Aufgabe, die vom Anbieter offerierten Leistungen auf Vollständigkeit, Struktur und konkrete Umsetzung hin zu untersuchen. Hierzu zählen neben der technischen Implementierung auch die Betriebsabläufe, Sicherheitsfragen, das Service-Management, Monitoring, Reporting und die wirtschaftliche Situation. Die Due Diligence liefert Daten, die für die anschließende Konzeptionsphase wichtig sind.

Konzeption von Migration, Betrieb und Optimierung:In der Konzeptionsphase werden die technische Lösung auf Basis der erhobenen Anforderungen konkretisiert und die vereinbarten Leistungen in Form einer Prozessabfolge inklusive Schnittstellen beschrieben. Um einen späteren reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, müssen jedem einzelnen Aspekt Prüf- und Bewertungsverfahren zugeordnet werden. Sie bilden die Basis für das Kennzahlengerüst (Scorecard). In dieser Vorbereitungsphase werden zudem die Migrationsschritte entwickelt und mögliche Risiken identifiziert. Die Konzeption bildet die Basis für die Service-Level-Agreements (SLAs). Als Ergebnis stehen allen Beteiligten nach Abschluss dieses Projektabschnitts Beschreibungen und Handbücher zur Verfügung.

SLA-Entwicklung und Verhandlung:Heutzutage gibt es erfreulicherweise einen großen Fundus an fachlich fundierten SLA-Vorlagen zu unterschiedlichsten IT-Dienstleistungen. Dennoch bleibt ein nicht zu unterschätzender Anpassungsaufwand übrig. Derart gerüstet, können die Unternehmen eigene Forderungen und Vorstellungen in die Verhandlung einbringen. Ein wesentliches Element in den SLAs muss ihre Flexibilität und Veränderungsfähigkeit sein. Unterm Strich bekommen die Partner faire, eindeutige und prüfbare Verträge.

Projekt und Risiken managen:Die Planung und Koordination aller für eine Migration erforderlichen Arbeitsschritte sollten unbedingt Experten übernehmen, die über ausreichend Erfahrung verfügen. Neben dem klassischen Projekt-Management ist zudem ein Risiko-Management zu etablieren. Aufgabe der letzteren Disziplin ist es, für die jeweiligen Gefahrenpunkte eindeutige Gegenstrategien zu entwickeln. Unter anderem sollten nach Abschluss dieser Phase Backout- oder Fallback-Pläne vorhanden sein.

Migrations-Management:Die Aufgabe des Projektleiters ist es, nach jedem Prozessschritt zu berichten, ob Ergebnisse in welcher Qualität erreicht wurden, und die skizzierten Risiken zu bewerten. Insbesondere die Migration erfordert eine gesonderte Freigabe, da sich alle Aktivitäten auf die Geschäftsprozesse auswirken können. Unter diesen Voraussetzungen ist das Management jederzeit über den Fortgang des Projekts informiert und kann die Auswirkungen auf das Geschäft kontrollieren.

Monitoring des Betriebs:Die Steuerung der externen Partner muss von allen Beteiligten als Lernprozess verstanden werden. Auf der operativen Ebene werden zu Beginn der Laufzeit klare und berechtigte Forderungen oft vermieden, weil oft noch ein fachlicher Vertrauensvorschuss herrscht. Die Mitarbeiter, die an den Schnittstellen zum Dienstleister arbeiten, sollten daher auf diese Aufgabe vorbereitet und in ihrer Tätigkeiten unterstützt werden.

Kontinuierliche Optimierung:Auf Basis der langfristigen Kennwerte und der Trendanalysen wird in den folgenden Monaten die Optimierung der Zusammenarbeit vorangetrieben. Neben der Servicequalität sollten insbesondere die Serviceprozesse betrachtet und verbessert werden. Verantwortlich hierfür ist ein Gremium aus Experten der unterschiedlichen Fachbereiche des Kerngeschäfts, des internen IT-Services und des externen Dienstleisters. (jha)