Krise? Welche Krise?

10.11.2008

Es ist immer wieder erstaunlich, wie gefährlich die Überbringer schlechter Nachrichten leben. Die Adressaten dieser Botschaften reagieren häufig nicht so sehr auf den Inhalt der Nachricht, sondern auf den Überbringer. Zwar ist dieser weder Urheber noch Verursacher, aber zunächst bekommt er den Zorn des Informierten ab. So geht es zurzeit Analysten und Journalisten, die über die Finanz- und Wirtschaftskrise berichten und Hersteller und Anwender dazu auffordern, sich auf rauere Zeiten einzustellen.

Besonders einige Anbieter reagieren verärgert, befürchten sie doch eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Nach dem Motto: Je mehr über die vermeintliche Krise gesprochen wird, desto mehr Anwender überdenken ihre Kaufentscheidungen und verschieben den Kauf neuer Systeme oder verzichten sogar ganz auf sie.

Dabei muss die Krise nicht herbeigeredet werden. Jedes Unternehmen merkt bei einem Blick in die Auftragsbücher, ob es gute oder schlechte Geschäfte macht. Danach richten die Verantwortlichen (hoffentlich) ihr Einkaufsverhalten aus. Deshalb sind auch Anbieter wahrscheinlich gut beraten, gegenüber den Anwendern nicht so zu tun, als wenn die Finanzkrise nichts mit der Realwirtschaft zu tun hätte, also nur Banken und andere Finanzdienstleister unter den schlechten Vorzeichen leiden müssten. Vielmehr sollten sie mit Verständnis auf Verzögerungen reagieren, bei Verkleinerungen und auch Stornierung von einmal beauftragten Projekten nicht auf Erfüllung drängen, sondern gute Miene zum bösen Spiel machen. Das Verteilen von rosaroten Brillen hilft nämlich niemandem weiter - ein Entgegenkommen bei Auftragsverkleinerung schon.

Allerdings ist das eine Solidarität, zu der Anbieter aus Gründen der kurzfristigen Ertragsorientierung häufig nicht in der Lage sind. Dabei würden die Anwender in besseren Zeiten garantiert nicht vergessen, wer sie in der Krise unterstützt hat.

Weitere Meinungsbeiträge und Analysen finden Sie im Blog des Autors unter www.wittes-welt.eu.