Krise verändert Arbeitsbedingungen in New Economy

08.01.2003
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Auf einer Gratwanderung zwischen Tradition und Innovation befinden sich die Firmen der New Economy, wie die Ruhr-Universität Bochum in einer Studie feststellt. So setzen sie zwar auf moderne Instrumente wie Mitarbeitergespräche, greifen bei Konflikten zwischen Management und Beschäftigten aber auf tradierte Instrumente zurück.

Mittlerweile haben 40 Prozent der New-Economy-Unternehmen einen Betriebsrat. Damit ist der Anteil von Firmen mit dieser Arbeitnehmervertretung in der New Economy nicht geringer als in der Gesamtwirtschaft. Das fanden Sozialwissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum um Professor Ludger Pries in einer Befragung von 60 am neuen Markt notierten Firmen heraus.

Dass in den meisten jungen Firmen eine Mitarbeitervertretung etabliert wurde, heißt aber nicht, dass sie sich auch in anderen Fragen an der Old Economy orientieren. So sind nur 19 Prozent der Firmen Mitglied in einem Arbeitgeber- oder Wirtschaftsverband. Noch geringer ist der Anteil, der die Vergütung überbetrieblich in einen Tarifvertrag einbettet (sieben Prozent). Die Regel sind stattdessen individuell vereinbarte Gehälter, die oft einen 20-prozentigen variablen Bestandteil beinhalten.

Nachholbedarf in Sachen Weiterbildung

Ein zwiespältiges Bild vermitteln die Nemax-Firmen auch in Sachen Personal-Management. Einerseits legen sie auf moderne Instrumente der Personalführung und Organisation Wert: Sie arbeiten mit Mitarbeiter- und Zielvereinbarungsgesprächen (97 Prozent), Anreizsystemen (80 Prozent) oder Projekt-Arbeitsgruppen (78 Prozent). Andererseits existieren eine systematische Karriereplanung oder förmliche Beschwerdesysteme für die Beschäftigten kaum. Auch in Sachen Weiterbildung haben die neuen Firmen noch Nachholbedarf: In jedem dritten Unternehmen können die Mitarbeiter nicht regelmäßig an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen.

Auf ihre Fahnen schreiben sich die New-Economy-Firmen auch eine offene Kommunikationspolitik. Der Austausch findet vor allem in Meetings und Gruppensitzungen sowie per Intranet und E-Mail statt. Chatrooms spielen dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Auch wenn sich viele Unternehmen noch eine "Open-Door-Policy" zugute halten, fanden die Forscher heraus, dass in der aktuellen Krise die eine oder andere Tür geschlossen bleibt. Dementsprechend müssen sich die Mitarbeitervertretungen vor allem mit den Problemen der Beschäftigten, Kündigungen sowie Regelungen zu Arbeitszeit und Entgelt beschäftigen. Die Gestaltung von Arbeitsverträgen und -inhalten ist dagegen kaum von Bedeutung.