Krise dämpft Jobchancen in der Maschinenbaubranche

18.04.2002
Von Katja Müller
Der Maschinen- und Anlagenbau gilt derzeit als eine der wenigen Wachstumsbranchen in Deutschland. Doch trotz zunehmender Verknüpfung des traditionellen Zweiges mit neuen Technologien benötigen die Unternehmen vorerst kaum IT-Profis.

Nach wie vor verhalten reagieren die deutschen Unternehmen auf die sich entspannende Marktsituation. Besonders deutlich zeichnet sich die Passivität der Firmen bei Neueinstellungen ab. Das Marktforschungsunternehmen EMC/Adecco hat die Stellenanzeigen in 40 Zeitungen und in der Computerwoche untersucht.

Quelle: The European Commission
Quelle: The European Commission

Das Ergebnis ist ernüchternd: Die Zahl der Jobofferten ist im ersten Quartal 2002 um rund 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. Besonders schlimm traf es die Telekommunikationsbranche mit einem Einbruch des Anzeigenvolumens von 90 Prozent gibt.

Im Vergleich dazu zählen die Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus noch zu den einstellungsfreudigen Firmen. Hier ging die Zahl der ausgeschriebenen Stellen von 1308 auf 525 zurück. Ähnliche Ergebnisse kann nur die Fahrzeugbaubranche vorweisen. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) schätzt die Aussichten für IT-Profis, Fuß zu fassen, sogar positiv ein. So konnte laut Thomas Riegler, Referent für Wirtschaft, Marketing, Messen und Statistik, das vergangene Jahr mit einem Umsatzwachstum von 18 Prozent auf 255 Milliarden Euro abgeschlossen werden. Für 2002 erwartet der Verband ebenfalls ein zweistelliges Wachstum, was IT-Investitionen begünstigen könnte. Den Optimismus begründet Riegler nicht zuletzt mit den Meinungen von VDMA-Mitgliedern, wonach mittlerweile ein Drittel der Mitarbeiter im Bereich „Entwicklung und Konstruktion“ als Softwareentwickler tätig sind.

Verhaltene Nachfrage nach IT-Experten 

In der Tat gilt der Maschinenbau- und Anlagenbau mit knapp 900 000 Beschäftigten als einer der größten industriellen Arbeitgeber in Deutschland. Gemessen an der Zahl der Mitarbeiter ist er die Nummer eins, bezogen auf den Umsatz liegt er an dritter Stelle nach der Automobil- und der Elektroindustrie. Doch ist er nach Ansicht von Joerg Staufenbiel, Herausgeber des Karriere-Ratgebers „Berufsplanung für Ingenieure“, auch besonders stark von Konjunkturschwankungen in den Branchen der Kunden abhängig. Das könnte die Diskrepanz zwischen dem Innovationspotenzial und dem tatsächlichen Bedarf an Computerspezialisten erklären: Da der traditionelle Maschinenbau zunehmend mit Elektronik, Informations- und Kommunikationstechnik verknüpft wird, entstehen an den Schnittstellen neue Produkte, die unter anderem der Pflege von IT-Profis bedürfen.

Dennoch suchen die wenigsten Firmen des Maschinenbaufirmen derzeit nach einschlägigen Experten. Selbst die Großen der Branche halten sich mit der Einstellung neuer DV-Experten zurück. Auf Nachfrage der Computerwoche erklärten Sprecher von Heidelberger Druckmaschinen, Knorr-Bremse AG, München, und MAN Technologies, Augsburg, dass im Moment alle Stellen besetzt seien. Wolfgang Lott, stellvertretender Geschäftsführer des VDMA Bayern, gibt zwar zu bedenken, dass sich die Branche zu 80 Prozent aus mittelständischen Unternehmen zusammensetzt. Diese Firmen greifen, so die Einschätzung eines CSC Ploenzke-Sprechers, aber vorrangig auf Elektrotechniker zurück, anstatt Diplominformatiker einzustellen. Dies liege daran, dass sich die Tätigkeiten von Informatikern und Elektrotechnikern oft überschneiden. Dazu komme, dass viele mittelständische Unternehmen nicht ad hoc auf neue IT-Lösungen umstellten.

Die Bosch-Rexroth AG, Lohr am Main, ist eines der wenigen großen Unternehmen, die zurzeit Computerspezialisten für Projektteams suchen. Die Gesellschaft ist eine hundertprozentige Tochter der Robert Bosch GmbH und stellt in ihren ausländischen Niederlassungen auf die Standardsoftware SAP R/3 um. Die Rollout-Teams sollen vornehmlich in Spanien, Holland, Amerika und Asien zum Einsatz kommen. Der Anbieter von Systemlösungen hat allerdings hohe Erwartungen an die Bewerber aus dem IT-Bereich: Neben langjährigen Berufs- und Führungserfahrungen sollte der Kandidat möglichst ein einschlägiges technisches Studium mitbringen. Vor allem SAP-Spezialisten mit Zertifizierung und Softwareentwickler hätten gute Chancen auf eine Tätigkeit als Gruppenleiter, Abteilungschef oder Fachkraft. Für Quereinsteiger werde es schwierig, den Eintritt zu schaffen.

Mitarbeiter für Auslandseinsätze gesucht

„Flexibilität, Teamfähigkeit und Mobilität – das sind die wesentlichen Skills, die wir von unseren Mitarbeitern verlangen“, erklärt Marcus Bachmann aus der Rexroth-Personalabteilung. Darüber hinaus sollten die Bewerber zwischen 35 und 40 sein, da das durchschnittliche Alter der Teams bei etwa 35 Jahren liegt. Für Mitte des Jahres plane das Unternehmen auch Einsätze in Skandinavien und osteuropäischen Ländern wie Polen.

Symptomatisch für die derzeitige Zurückhaltung in der Branche ist auch das Recruiting bei der Linde AG, Wiesbaden. Der Konzern erwirtschaftete 2001 mit seinen 46 400 Mitarbeitern einen Umsatz von 9,076 Milliarden Euro. Auf der Homepage des Unternehmens findet der Bewerber gerade einmal eine Stelle als DV-Organisator für den Geschäftsbereich Linde Gas in Höllriegelskreuth bei München.

Der mit 3000 Mitarbeitern weltweit führende Hersteller von Textilmaschinen Karl Mayer mit Stammsitz Frankfurt am Main sucht einen Administrator für Internet und Intranet. Der Experte soll unter anderem entsprechende Applikationen erstellen und warten sowie unternehmensübergreifende Sicherheitskonzepte und Standards entwickeln können. Für die Installation und Administration von Catia V4 sucht der Konzern ebenfalls einen Administrator. Ideal wären hier eine Ausbildung zum Informatiker, Technischen Zeichner, Konstrukteur oder eine praxisnahe Ausbildung im Sektor Informatik oder Maschinenbau. CAD-Spezialisten könnten bei der 1996 gegründeten Ackermann CAD-Konstruktions GmbH gute Aussichten auf einen Job haben.

Das Unternehmen mit Sitz in Landau, Pfalz, sucht einschlägige Spezialisten zur Konstruktion von Fördermaschinen und auch für die Projektarbeit. „Wir fordern kein Ingenieursstudium von den Bewerbern, sondern Berufserfahrung“, erklärt Ackermann-Mitarbeiter Jens Kauffmann. Im hauseigenen Schulungszentrum können die Mitarbeiter ihre Kenntnisse unter anderem zur Konstruktionssoftware Catia V4 oder V5 sowie Unigraphics Solution erweitern.