Kreuzlizenzierung und gemeinsame Entwicklung geplant

Kreuzlizenzierung und gemeinsame Entwicklung geplant IBM und Dell verabreden OEM-Deal in Milliardenhöhe

12.03.1999
MÜNCHEN (CW/IDG) - IBM und der texanische PC-Anbieter Dell haben ein weitreichendes OEM-Abkommen und die Kreuzlizenzierung verschiedener Patente verabredet. Während IBM sein florierendes Komponentengeschäft weiter ausbauen kann, erhält Dell Zugriff auf dringend benötigte Technologien, die die Absatzchancen im Enterprise-Markt verbessern sollen.

Als das bislang größte OEM-Abkommen in der Computerindustrie bezeichnen die Branchengiganten die vergangene Woche angekündigte Vereinbarung. Der zweitgrößte PC-Hersteller Dell wird demgemäß innerhalb der nächsten sieben Jahre Computerkomponenten im Wert von rund 16 Milliarden Dollar vom weltweit umsatzstärksten IT- Konzern IBM kaufen. Im Rahmen von Kreuzlizenzierungen erhalten die Unternehmen Zugriff auf Technologien des Partners. Darüber hinaus wollen die Firmen auch in der Produktentwicklung kooperieren. Laut Michael Lambert, Chef von Dells Enterprise-Systems-Sparte, ergäben sich für den PC-Anbieter deutliche Einsparungen bei den Lizenzzahlungen, die man gegenwärtig an IBM abführe.

Für IBM bedeutet der Deal vor allem eine Stärkung seines Komponentengeschäfts. Schon jetzt verkaufen die Armonker PC- Bauteile im Wert von rund 350 Millionen Dollar pro Jahr an Dell. Dabei handelt es sich in erster Linie um Festplattenlaufwerke. Werden die Vereinbarungen umgesetzt, erhöhte sich der Wert auf schätzungsweise 2,3 Milliarden Dollar pro Jahr.

Neben Disk Drives soll Big Blue künftig unter anderem auch Netzadapter, Flachbildschirme und verschiedene Halbleiterprodukte wie Speicherchips an Dell liefern.

Dell andererseits profitiert durch die Partnerschaft von den technischen Errungenschaften, die IBMs finanziell hervorragend ausgestattete Forschungs- und Entwicklungsabteilungen erarbeiten. "Dell erhält Zugriff auf Technologien, die es dringend braucht", kommentierte etwa David Takata, Analyst bei der Investment-Firma Gruntal & Co. Dazu gehört beispielsweise IBMs Kupfertechnik für Halbleiter. Wegen sinkender Gewinnmargen im Geschäft mit herkömmlichen PCs versuchen die Texaner schon seit längerem, sich auch als Anbieter höherwertiger Workstations und Server zu profilieren.

Das OEM-Abkommen zwischen IBM und den Texanern soll nicht exklusiv abgeschlossen werden; das heißt, Dell wird weiterhin auch Teile von anderen Herstellern einkaufen. Trotzdem haben Branchenkenner die bisherigen Zulieferer des PC-Bauers schon als Verlierer des Deals ausgemacht. Die größten Einbußen könnten die Festplattenanbieter Seagate und Maxtor erleiden.

Obwohl IBM und Dell im PC-Markt heftig konkurrieren, beurteilen die meisten Experten das Abkommen positiv. Weniger erfreut dürften sich die Hardwaresparten innerhalb IBMs von dem Vorhaben zeigen, einen Mitbewerber mit den eigenen High-Tech-Komponenten zu beliefern. IBM-Chef Louis Gerstner habe diesen Schritt indes wohl bedacht, glauben Analysten. Der Manager betrachte den Deal nicht zuletzt als Motivation für die schwächelnden Hardware-Abteilungen, konkurrenzfähig zu bleiben.

Das Abkommen

-Dell kauft von IBM PC-Komponenten im Wert von rund 16 Milliarden Dollar (Festplatten, Halbleiter, Displays, Netzadapter). Der Vertrag wird auf sieben Jahre angelegt.

-Durch Kreuzlizenzierung von Patenten könnte Dell die an IBM abgeführten Lizenzkosten senken.

-In der Produktentwicklung sind Kooperationen vorgesehen.