Krauss-Maffei will Rechenzentrum aussiedeln

05.03.1982

MÜNCHEN - Die Flick-Tochter Krauss-Maffei (KM) in München schmiedet Pläne zur (Kosten-)Reduzierung ihrer zentralen EDV. Sie zielen darauf, die RZ-Hardware des rüstungsintensiven Unternehmens - hier läuft unter anderem der "Leopard" vom Band - zur benachbarten Motoren und Turbinen Union (MTU) auszusiedeln.

"Solche Gespräche sind im Gange", bestätigt ein Verhandlungspartner der alteingesessenen Aktiengesellschaft bei der MTU. Vorausgegangen sei diesen Gedankenspielen im Oktober vergangenen Jahres bereits ein Vertrag über ein umfangreiches Softwarepaket, das MTU im eigenen Hause entwickelt und auch außer Haus bereits viermal vermarktet habe. Das MTU-Package beinhalte ein "Copies" auf der Basis von IMS DC, "das weit über das hinausgeht, was IBM da anzubieten hat". Es bestehe aus Stücklistenprogrammen, der Arbeitsplanverwaltung, der kompletten Zeitwirtschaft und der Auftragsabwicklung. Damit sei jetzt fast die Hälfte der Software, die bei Krauss-Maffei laufe, aus Nachbars Garten. Es war von einem Kaufpreis von 1,2 Millionen die Rede. Buchhaltung, Bilanzierung und Personalwesen stammten aus der Historie.

Der RZ-Chef der Krauss-Maffei AG, Kurt Lauwe, mochte sich zu dem ungelegten Ei "Umsiedlung" noch nicht äußern. Lauwe hatte vor vier Jahren von sich reden gemacht, als er kurzerhand neben eine IBM 370/148 eine Itel-Maschine AS/5-3 stellte. Das Antwortzeitverhalten für rund 60 Bildschirmanwender im Unternehmen war "unzumutbar" geworden. Lauwe, von Haus aus kein DV-Profi, sondern Controller, wird im eigenen Lager und auch außerhalb des Hauses "unkonventioneller Stil" attestiert.

Wie damals, 1978, sind nun auch wieder "Engpässe" aufgetreten, klingt es vergleichsweise sachte aus den KM-Fachabteilungen.

Als Flucht nach vorn - in Richtung günstigstes Preis-/Leistungsverhältnis - scheint nun erneut eine unkonventionelle Problemlosung anzustehen. Für die betroffenen RZ-Mitarbeiter ein Grund, Zeter und Mordio zu schreien, obwohl sie die in dieser Größenordnung ungewöhnliche Transaktion bereits als "beschlossene Sache" betrachten: "Krauss-Maffei löst Rechenzentrum auf", verkünden KM-Insider ungeniert.

Der Fünfjahres-Mietvertrag für die Itel AS/5 (CW Nr. 35, 19X8, Seite 4) läuft erst im nächsten Jahr aus, jetzt aber scheint der Bedarf nach weiterer Kapazität beziehungsweise nach Kostenminimierung brennend zu werden.

Mit im Planspiel ist das Beratungsunternehmen AHP, München, unter der Geschäftsführung von Hermann Havermann. Ihm werden gute Beziehungen zur Vorstandsetage der KM nachgesagt.

Beratung scheint offenbar dringend notwendig zu sein, nachdem ein im Januar dieses Jahres frisch angeheuerter RZ-Leiter das Haus bereits -wieder verlassen hat, dieweilen er sich habe fragen müssen: "Was macht ein DV-Chef ohne Rechenzentrum?"

Nun suchen sie wieder, die Akteure, dieses Mal indes nicht unter der Krauss-Maffei-Flagge. Im Anzeigenteil der Süddeutschen Zeitung vom 20./2 1. Februar wird nach einem Controller für die MTU-Abteilung Planung/Controlling und nach einem Leiter der MTU-Einkaufsgruppe Dienstleistungen und EDV-Hardware gefahndet.

In diesem Zusammenhang bliebe nur noch "und eins zusammenzuzählen", erläutert einer der Beteiligten, der noch zum Schweigen verdonnert ist. Vorsorglich versichert er zur Personalsituation: "Man braucht die gleichen Leute, die heute da sind, an einer anderen Stelle." Vielleicht würden einige wenige Mitarbeiter freigesetzt. Das sei vernachlässigbar - "weit unter zehn Leute".

Und so liegt es nahe, den propagierten Rationalisierungseffekt in der Zusammenlegung von Rechnern zu suchen. Auch in der Produktion des fertigungsintensiven Betriebes mit einer gewissen Anhänglichkeit an Traditionen, wird zur Zeit auf sparsamstes Wirtschaften gedrängt. Erst recht da, wo durch Rationalisierung in der EDV signifikante Ergebnisse-eingefahren werden könnten, müsse einer Unternehmensleitung ein entsprechender Schritt relativ leichtfallen.

Vor dem angepeilten Termin für den Vertragsabschluß "in einigen Monaten" stehen noch etliche rechtliche Probleme an: Da geht es um Haftung und Gewährleistung, und um geheime Daten. Das neuerstandene Softwarepaket von MTU soll dann "vermutlich mit Sicherheit" auch auf MTU-Grund-und-Boden auf MTU-Maschinen laufen.

In der Buchhaltung könne man sich die Bilanz "anschauen", die Lieferanten und die Lieferbedingungen seien greifbar, und auch die Preise würden dann quasi "nicht mehr unter hausinternem Verschluß" bleiben. Auch die Tatsache, daß MTU in Teilbereichen KM-Konkurrent verstößt den Kritikern des geplanten "Hausverweises" in diesem Zusammenhang besonders übel auf. Im übrigen sei es leichter, an sensitive Daten des Wehrbereichs heranzukommen, "die gesamte technisch-logistische Datenbank".

Zweifellos gibt es Hindernisse rechtlicher und psychologischer Art, die diesem exemplarischen Rationalisierungstrick (nun auch für Großunternehmen) noch im Wege stehen: "Man gibt", so eine Stimme aus dem KM-Umfeld, "eine gewisse Selbständigkeit auf - mit einem solchen Schritt -, indem man seine Bewegungsfreiheit einschränkt."