Keine gesetzliche Anspruchsgrundlage

Krank? Kein Dienstwagen!

13.01.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Keine Pflichtverletzung aus einem Schuldverhältnis (hier: dem Arbeitsvertrag)

Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Schadenersatz wegen Entzugs der privaten Nutzungsmöglichkeit an dem Dienstfahrzeug. Ein solcher Anspruch ergebe sich nicht aus §§ 280 Abs. 1, 283 BGB. Voraussetzung für einen solchen Anspruch wäre, dass das Unternehmen eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis (hier dem Arbeitsvertrag) verletzt hätte. Eine solche Pflichtverletzung liege aber nicht vor. Es sei nämlich schon gar nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger im streitigen Zeitraum die Privatnutzung an einem Dienstfahrzeug zur Verfügung zu stellen.

Die Privatnutzungsbefugnis stelle als Sachbezug eine zusätzliche "synallagmatische Gegenleistung" zur vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung dar. Der Kläger habe aber im streitigen Zeitraum seine geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht. Er sei von seiner Arbeitspflicht deshalb frei geworden. Damit einhergehend sei aber zugleich der Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung freigeworden gem. § 326 Abs. 1 BGB ("ohne Arbeit kein Lohn").

Eine Fortgewährung der Nutzungsbefugnis habe der Kläger somit allenfalls als Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 3 Abs. 1 EFZG beanspruchen können. Der Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall bestehe aber für dieselbe Krankheit nur für maximal 6 Wochen. Dieser Zeitraum sei aber zum Zeitpunkt der Nutzungsentziehung schon lange abgelaufen gewesen. Mit dem Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums ende jedoch auch der Anspruch auf die Naturalvergütung der privaten Nutzungsüberlassung des Dienstfahrzeuges.

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat jedoch die Berufung zugelassen. Dem Rechtsstreit werde grundsätzliche Bedeutung beigemessen, zumal sich das Bundesarbeitsgericht über die Frage der Fortgewährung der Pkw-Nutzungsüberlassung in Krankheitsfällen sich noch nicht geäußert habe und auch eine einheitliche LAG-Rechtsprechung hierzu nicht (mehr) erkennbar sei.

Henn empfiehlt, das Urteil zu beachten, die weitere Entwicklung in diesem Rechtsstreit zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist.

Weitere Informationen und Kontakt:

Michael Henn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VdAA-Präsident, c/o Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll., Theodor-Heuss-Str. 11, 70174 Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de und www.vdaa.de