Krafttraining für Söhne

17.07.1987

War's nicht so in der DV-Historie: Dem besten Fachmann wurde - in aller Regel - auch die Abteilungsleitung zugestanden. Er hatte nämlich - in aller Regel - die DV-Instrumente perfekt zu beherrschen erlernt. Und er war darüber hinaus persönlich außergewöhnlich engagiert. So zeichnete (und zeichnet) sich der DV-Leiter nicht selten durch hohe Fachkompetenz verbunden mit Pioniergeist und einem stark ausgeprägten Selbstbewußtsein, aus.

Wirtschaftlichkeitsaspekte traten bei Entscheidungen des systemtechnischen Spezialisten im Verlauf der Jahre nur sehr langsam aus dem Hintergrund hervor. Und die Vielseitigkeit des neuen Organisationsmittels rückte mitnichten in den Vordergrund.

Die "Säkularisation" ließ aber nicht allzulange auf sich warten. Doch: Wenn Hochmut vor den Fall kommen soll, war immer zunächst einmal Mut dagewesen.

Wunder gab es auch in den 60er und 70er Jahren noch nicht, das konnten Hardware-Tand und semantischer Software-Talmi kaum länger verbergen. DV-Leiter stolperten (und stolpern noch) über dezentrale Scharen immer potenterer Kraftzwerge. Der DV-Priesterkaste wurden kurzerhand vom Nutzer die angestammt geglaubten Pfründe abgenommen. Privilegien mußten auf einmal gerechtfertigt werden. Die Aura des Pioniertums verblaßte.

Der ehemals so agile Mann der ersten DV-Stunde verlor mehr als seine Überzeugungskraft - auch dem Management gegenüber: Sein Selbstvertrauen hatte Schaden genommen. Ironische Gesten des gestandenen, in die Jahre gekommenen DV-Chefs offenbaren da mehr, als sie verbergen.

Nicht nur der frische Wind, den technische Innovationen mit sich bringen, vor allem Entscheidungsfindungen auf der Grundlage betriebswirtschaftlicher und unternehmerischer Zielsetzungen bedrängen ihn. Er muß nämlich zeigen, ob er das proportionierte Muskelspiel des Informations-Managers auch beherrscht.

Der honorige DV-Manager indes ist bereit, seine Erfahrung der nachwachsenden Generation mitzuteilen. Er weiß, welches Krafttraining er den ,Söhnen - wenn er nicht von vornherein resigniert abwinkt (etwa in Richtung Fachabteilung) - empfehlen muß. Dabei nimmt er keine Rücksicht auf sichtbar werdende eigene Mängel: Er empfiehlt dem Nachwuchs, traditionelles DV-Fachwissen der Väter zu Kompetenz in Managementfragen zu erweitern, und zwar zusammen mit Technikwissen.

Was sich die Söhne aber abschauen müssen, wollen sie nicht zu - diesmal kompetenteren - Informations-Technokraten erstarren, sind Pioniergeist und Courage der Väter.