Gläubigerschutz beantragt

KPN Qwest steht vor dem Aus

31.05.2002
MÜNCHEN (CW) - Nach Global Crossing und Williams Communications steht jetzt auch KPN Qwest vor der Pleite. Der hoch verschuldete Glasfasernetzbetreiber beantragte vergangene Woche Gläubigerschutz. Wenige Stunden zuvor war der gesamte Aufsichtsrat zurückgetreten. Die Aktie, die seit Jahresbeginn mehr als 90 Prozent an Wert verloren hat, wurde vom Handel ausgesetzt.

Unter dem Gläubigerschutz nach niederländischem Recht, der mit dem US-Konkursgesetz (Chapter 11) vergleichbar ist, laufen jetzt Verhandlungen über den Verkauf von Teilen von KPN Qwest, einem Joint Venture von Qwest Communications und der niederländischen Telekom KPN. Interesse haben die US-Anbieter Cable & Wireless, AT&T und Verizon sowie die spanische Telefónica und die britische BT-Group bekundet.

KPN Qwest versucht unterdessen, die Probleme herunterzuspielen. "Das ist eine rein finanzielle Angelegenheit - die Geschäfte laufen ganz normal weiter", heißt es von offizieller Seite. Allerdings schätzen Analysten, dass der Notverkauf nicht mehr als 360 Millionen Euro einbringen wird. Insgesamt steht der Netzbetreiber mit 2,1 Milliarden Dollar in der Kreide.

Mitte Mai hatte KPN Qwest erklärt, seine Schulden nicht zurückzahlen zu können. Die Banken sperrten daraufhin die Kredite. Da die US-Telefongesellschaft Qwest selbst hochverschuldet ist, und KPN das Gemeinschaftsunternehmen seit dessen Gewinnwarnung im April abgeschrieben hat, ist von den beiden Großaktionären kein Geld mehr zu erwarten - eine Annahme, die nach Ansicht von Analysten durch den Rücktritt des Aufsichtsrats bestätigt worden ist.

KPN Qwest leidet wie die gesamte TK-Branche unter einem extremen Preisverfall und Überkapazitäten im Glasfasergeschäft, aus dem rund 55 Prozent seiner Gesamteinnahmen stammen. Mit einer Länge von 25 000 Kilometern hatte das Joint Venture in der Dotcom-Euphorie das größte Glasfasernetz Europas aufgebaut, das bis heute nur zu einem geringen Teil genutzt wird.

Auch dem Wettbewerber Cable & Wireless (C&W) machen die Investitionen in die zum Großteil brach liegenden Kabelnetze schwer zu schaffen. Der britische Anbieter musste für das Geschäftsjahr 2002 (Ende: 31. März) einen Nettoverlust von 5,12 Milliarden Pfund (rund 8,2 Milliarden Euro) hinnehmen. Rund vier Millionen Pfund (6,4 Milliarden Euro) gingen auf das Konto von Abschreibungen und zwar zum Großteil von Glasfaser- und Netzwerk-Equipment. Besserung ist nicht in Sicht. C&W rechnet daher nicht vor 2004 mit Gewinnen. (sp)

Abb: Im freien Fall

Seit Jahresbeginn hat die KPN Qwest-Aktie mehr als 90 Prozent an Wert verloren. Quelle: CW