Kooperationsmodell für DV - Unterricht:Rechenzentrum als Klassenzimmer

04.06.1976

*Wolf Rüdiger Bornhak ist Leiter der Abteilung DV - Anwendungen bei er WMF in Geislingen.

GEISLINGEN - Noch keine 5000 Mark im Jahr kostet es die kaufmännischen Schulen Geislingen, ihren Schülern praxisnahen DV - Unterricht zu bieten: Sie haben - als Alternative zum Schulcomputer - die Zusammenarbeit mit einem ortsansässigen Industriebetrieb gewählt, der 30mal im Jahr für jeweils bis zu 20 Schüler gegen Kostenersatz zweistündige Demonstrationen in seinem Rechenzentrum durchführt. Die Erfahrungen nach einem Jahr Modellversuch sind positiv: Die Lösung ist wirtschaftlich und macht den Schülern Spaß.

Anfang 1975 war die Leitung der kaufmännischen Schulen Geislingen / Steige (Wirtschaftsgymnasium, Wirtschaftsschule, kfm. Berufsschule) an die Württembergische Metallwarenfabrik (WMF) mit der Bitte herangetreten den theoretischen Unterricht durch praktische Unterweisungen zu ergänzen.

Begründet wurde dieser Wunsch mit folgenden Argumenten:

1. Ein EDV - Unterricht ohne EDV - Anlage ist nicht denkbar. Der schulische Lehrstoff muß durch Anschauung und durch in eigener Tätigkeit gewonnene Erfahrung vertieft und ergänzt werden.

2. Die Anschaffung einer zu Demonstrationszwecken brauchbaren Anlage ist mit außerordentlich hohen Kosten verbunden, die nur vertretbar sind, wenn das System auch für Probleme der Schulverwaltung eingesetzt werden kann.

3. Eine ausschließlich zu Lehrzwecken eingesetzte Anlage kann aus Kostengründen nicht über die Größenordnung eines Bürocomputers hinausgehen. Aufgrund der beschränkten Möglichkeiten der Hard- und Software und des Fehlens entsprechender Anwendungen ist ein derartiges System nicht geeignet den Schülern einen praxisnahen EDV - Betrieb zu veranschaulichen.

4. Durch sorgfältig vorbereitete Demonstrationen bei einem EDV - Anwender muß es möglich sein, bei relativ geringen Kosten ein Maximum an EDV - Realität zu erhalten und die Schüler mit der echten EDV - Praxis zu konfrontieren.

Das wird demonstriert

Von Lehrkräften und Mitarbeitern des EDV - Bereichs - wurde darauf ein EDV -Praktikum konzipiert, das drei zweistündige Demonstrationen in der WMF mit folgenden Themen vorsieht:

A. Wozu EDV bei der WMF? (Überblick über das Rechenzentrum Besichtigung des Maschinenraums mit detaillierter Erläuterung der einzelnen Geräte).

B. Datenträger und Datenerfassung (Kartenlocher: Jeder Teilnehmer erstellt seine Schülerstammkarte; Erfassung mit einem Datensammelsystem und mit Lochstreifenautomaten).

C. Anwendungsbeispiel Finanzbuchhaltung (Vorführung der Dialogbuchhaltung mit Datensichtgeräten in der Fachabteilung; Demonstration einer einfachen Verarbeitung im Rechenzentrum - Schülerliste).

Interna für die Schüler

Bei einer Zwischenbilanz nach mehreren Monaten der Zusammenarbeit kamen die Fachlehrer zu folgenden Ergebnissen:

- Die Effizienz der Praktika für den Unterrichtserfolg im Fach Datenverarbeitung kann nicht hoch genug veranschlagt werden.

- Positive Resonanz bei den Schülern, positive Motivation

- Jede Demonstration steigert das DV - Interesse und fördert das Verständnis.

- Die Schüler werden mit EDV - Interna vertraut, die kein noch so guter theoretischer Unterricht und kein "Schulcomputer" vermitteln kann.

- Die Schüler lernen eine große und moderne EDV in Aktion kennen.

- Verschiedene Möglichkeiten der Datenerfassung sowie der Ein- und Ausgabe werden im praktischen Betrieb gezeigt (Datensammelsystem, Datensichtgeräte, COM - Anlage).

- Die Schüler können sich selbst an Maschinen betätigen (Kartenlocher, Sortiermaschine, Kartenleser) und sehen, wie als Ergebnis ihrer Arbeit die Klassenliste erstellt wird.

Auch aus der Sicht der WMF ist die in Geislingen gefundene Form der Zusammenarbeit zwischen Schule und einem Industrieunternehmen ein interessanter und vor allem wirtschaftlicher Weg, um den Schülern praxisbezogene EDV - Grundkenntnisse zu vermitteln.