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Konzentration auf das Wesentliche

21.12.2001
Trotz Wirtschaftsabschwung, stagnierender Umsätze und sinkender Margen zeigte in der CW-Jahresendbefragung kein Anwender Anzeichen von Panik.

MÜNCHEN (CW) - Die Erfahrungen des vergangenen Jahres mahnen die IT-Chefs zur Wachsamkeit. Sie äußert sich unter anderem im Verzicht auf externe Dienstleister, in der distanzierten Betrachtung technischer Hypes sowie in der Konzentration auf Projekte mit hohem Nutzwert und schnellem Return on Investment.

Heinz Kreuzer

für die Tourismussparte verantwortlicher IT-Chef der Preussag AG und Geschäftsführer der Dienstleistungstochter TUI Infotec, Hannover:

Unsere diesjährigen Prioritäten lassen sich in vier Schlüsselbereiche zusammenfassen: Zu-nächst ging es darum, die Vertriebskanäle mit Web-basierenden Lösungen zu unterstützen. Der zweite Schwerpunkt lag im Bereich CRM. Der dritte Block betraf den Aufbau eines internen Marktplatzes für den Einkauf und Austausch von Hotelkapazitäten. Last, but not least galt es, eine einheitliche technische Infrastruktur für die Touristikunternehmen innerhalb des Konzerns zu schaffen. Unabhängig von den Ereignissen des 11. September haben wir erkannt, dass sich das Thema CRM für einen Konzern wie den unseren deutlich komplexer darstellt und eine wesentlich sorgfältigere Vorgehensweise erfordert, als wir zunächst gedacht hatten. Deshalb befinden wir uns dort - anders als geplant - noch in der Analyse-

beziehungsweise Vorbereitungsphase. Nach dem 11. September haben wir alle Aktivitäten noch einmal sehr genau auf Kosten und Nutzen hin geprüft und nach zusätzlichen Steuerungsmöglichkeiten gesucht. Es ist beispielsweise nicht unbedingt notwendig, innerhalb der nächsten sechs Monate komplett von Windows NT auf Windows 2000 oder XP zu migrieren. Vom Anwender wird der Service deswegen nicht als schlechter empfunden, und auf der Kostenseite macht es sich deutlich bemerkbar. Beim Budget rechnen wir für 2002 nicht mit großen Zuwächsen, was sich letztendlich auch im Personalstand widerspiegelt. Ganz oben auf der Prioritätenliste für das kommende Jahr stehen Projekte, die einen hohen wirtschaftlichen Nutzen haben, also nach kürzester Zeit einen Return on Invest bieten.

Frank Roth

Geschäftsführer der HVB Info, IT-Service-Provider der Hypo-Vereinsbank AG, München:

Einen Schwerpunkt des laufenden Jahres stellte das Thema Internet-Business dar. Das zweite wichtige Ziel war die Positionierung der HVB Info als internes Serviceunternehmen. Hinzu kam der Relaunch des Internet-Auftritts als Plattform, über die nicht nur gängige Web-Seiten angezeigt werden, sondern auch Banktransaktionen ablaufen. Unser IT-Budget ist im abgelaufenen Jahr leicht gestiegen. Im kommenden Jahr wird es konstant bleiben. Auch unser Personalstand hat sich kaum verändert, aber wir haben oft auf externe Dienstleister zugegriffen. Ich rechne damit, dass wir im kommenden Jahr Personal einstellen. Bei den Projekten haben solche Aktivitäten Vorrang, die in weniger als zwei Jahren einen Return on Investment bringen. Besonders hohes Rationalisierungspotenzial ergibt sich, wenn manuelle Prozesse ohne Medienbruch in IT abgebildet werden. Innovationsprojekte möchte ich nicht ausschließen, aber Innovation als Selbstzweck wird es nicht geben. Wir sind immer weniger bereit,

Betatester zu sein. Lieber ein früher Zweiter als um jeden Preis Erster.

Harry Lammich

IT-Leiter, Kasseler Energie-Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM):

Die konjunkturelle Schwäche wirkt sich in der Energiebranche weniger aus als in anderen Sektoren. Das IT-Budget ist in diesem Jahr nicht geschrumpft; auch im nächsten Jahr wird es keine Kürzungen geben. Wir haben das interne IT-Personal sogar aufgestockt. Im Gegenzug möchte ich aber die Anzahl der externen IT-Mitarbeiter und Dienstleister senken. Wir werden künftig verstärkt auf IT-Spezialisten zurückgreifen, die im eigenen Haus ausgebildet wurden. Das spart Kosten. Verzögerungen gab es in diesem Jahr bei der Einführung eines Mitarbeiterportals; es wurde durch die Integration in das konzernweite E-Business-Projekt gebremst. Bei der Einführung der SAP-Branchenlösung Industrial Solution Utility (ISU) haben wir die Projektplanung überarbeitet. Für die Privatkundenabrechnung ist die Software mit Verzug

produktiv gegangen; im nächsten Schritt planen wir die Einführung für die Geschäftskunden.

Dirk Ventur

Chief Information Officer, Degussa AG, Düsseldorf:

Das laufende Jahr war geprägt durch den Merger der Degussa-Hüls AG und der SKW AG sowie das Deinvestement der Nicht-Kerngeschäfte. Vor diesem Hintergrund haben wir eine neue IT-Strategie entwickelt sowie die laufenden und anstehenden IT-Projekte angepasst. Dazu wurde eine Genehmigungsprozedur für Projekte sowie eine über das Intranet zugängliche Datenbank für den Know-how-Transfer eingerichtet, mit deren Hilfe die Projektverantwortlichen von vorhandenem Wissen profitieren und überflüssige Kosten vermeiden können. Das Projekt "best@chem IT Landscape und Standards" diente dazu, globale Standards und Richtlinien für unsere SAP-Systeme zu erarbeiten. Im Rahmen der aktuellen IT-Strategie haben wir einige kleinere Aktivitäten - etwa die Evaluierung des Trust-Centers oder WAP-Gateways - zurückgefahren

beziehungsweise eingestellt. Die Homogenisierung unserer weltweiten SAP-Systeme und die damit verbundene Umstellung auf eine einheitliche Version nimmt zurzeit so viele Ressourcen in Anspruch, dass für alle anderen Projekte zwangsläufig weniger Kapazitäten vorhanden sind. Trotzdem wird im Frühjahr 2001 die weltweite Umstellung auf Lotus Notes abgeschlossen sein. Ebenfalls vorgesehen ist die Migration auf Windows. Außerdem wird unsere eigens gegründete IT-Service-Gesellschaft "its.on", eine hundertprozentige Degussa-Tochter, Anfang des Jahres an den Start gehen. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Harmonisierung und Konsolidierung unserer IT- und Telekommunikationslandschaft.

Wilfried Grewe

Bereichsleiter IT, Multivac Sepp Haggenmüller GmbH & Co. KG, Wolfertschwenden:

Unsere Pläne für dieses Jahr haben wir verwirklicht. Auf der Hardwareseite haben wir Server konsolidiert, softwareseitig den Java-Umstieg vorangebracht und im Bereich Infrastruktur die gruppenweite Konsolidierung - beispielsweise mit Frame-Relay- und VPN-Technik - umgesetzt. Zur geplanten Anbindung unserer vier bis fünf größten Zulieferer sind wir nicht gekommen, weil wir andere Prioritäten gesetzt haben. Unser Budget für den IT-Bereich hat im vergangenen Jahr 30 bis 35 Prozent zugelegt, auch beim Personal verzeichnen wir steigende Tendenz. Das hängt in erster Linie mit der Konsolidierung innerhalb der Multivac-Gruppe zusammen. In diesem Rahmen übernimmt die IT mehr Verantwortung und Steuerungsaufgaben. Für die Zukunft gilt: Wir wollen uns auf solche Projekte konzentrieren, die wir auch umsetzen können.

Joachim Weber

IT-Leiter, Schwartauer Werke GmbH & Co., Bad Schwartau:

Wir hatten für dieses Jahr die Inbetriebnahme des SAP-Moduls SD (Vertrieb) geplant. Das haben wir auch geschafft. Außerdem stand die Integration einer Tochterfirma als Mandant unter SAP an. Da diese Integration für uns ziemlich überraschend kam, gab es zeitliche Verschiebungen bei anderen Vorhaben. Aber einstellen mussten wir kein Projekt. Unser Personalstand ist unverändert. Beim IT-Budget haben wir eine moderate Steigerung um fünf Prozent. Daher kann ich die derzeitige Hysterie nicht teilen.

Frank Raker

Leiter der Abteilung Informationstechnik, E. Heitkamp Bauunternehmung GmbH, Herne:

Unser wesentliches Vorhaben für das nun abgelaufene Jahr war ein Outsourcing-Projekt. In diesem Rahmen wurde die gesamte IT ausgelagert, bestehend aus rund 40 Servern, 1500 PC-Arbeitsplätzen, 400 Druckern sowie sieben SAP-R/3-Modulen samt Oracle-Datenbank. Zudem war die Migration von SAP 4.0 auf SAP 4.6 erfoderlich, um die ERP-Branchensoftware "Aristoteles" einzuführen. Der Produktivtermin für die Lösung wurde von Anfang September auf den Jahreswechsel verschoben, weil Probleme auftauchten, die mit der Euro-Einführung zusammenhingen. Die Planungen für das nächste Jahr blieben unberührt von der wirtschaftlichen Gesamtsituation. Wir haben allerdings den Vorteil, dass das Budget aufgrund des abgeschlossenen Outsourcing-Projekts ohnehin niedriger ausfallen wird als im letzten Jahr. Auch die Investitionen schrumpfen, weil weniger Projekte anstehen. Die wichtigen Vorhaben für 2002 drehen sich um Dokumenten-Management und Archivierung. Über das nächste

Jahr hinaus ist Application-Service-Providing für uns ein interessanter Trend. Wir stehen bereits in Verhandlungen mit einem Anbieter von Projekt- und Collaboration-Management-Services.

Sven-Torsten Huster

Corporate Executive Director für die Bereiche Information Technology, Order to Delivery, Supply Chain und Procurement, Volkswagen AG, Wolfsburg:

Unsere IT-bezogenen Pläne für das laufende Jahr betrafen den Aufbau eines Business-to-Business-Lieferantenmarktplatzes, die Integration weiterer Marken und Regionen in unseren Konzernstandard, dazu die Abbildung des Kundenauftragsprozesses und den Rollout eines Produkts für die Fertigungssteuerung im Konzern. Unser Budget ist mit 30 Prozent deutlich stärker gewachsen als das Personal (zehn Prozent). Für das kommende Jahr zeigt das IT-Auftragsvolumen eine 40-prozentige Steigerung - obwohl die Fachbereichsbudgets eingefroren oder erheblich reduziert wurden. Weiter im Fokus sind E-Business-Projekte im Bereich Supply-Chain-Management und Procurement sowie Order-Management, in Wartestellung befinden sich SAP-Projekte.