Konventionelle und optische Medien sind starke Konkurrenten:DAT-Technik: Debüt mit Hindernissen

08.07.1988

MÜNCHEN (CW) - Ab Mitte Juli werden Massenspeicher auf DAT-(Digital Audio Tap)-Basis in großen Stückzahlen erhältlich sein. Außer in Deutschland beginnt auch in den USA die Auslieferung der Geräte. Die eben erst flügge gewordene Technik sieht sich jedoch einer Reihe von Hindernissen gegenüber, die erst noch bewältigt werden müssen.

Um die wichtigsten Faktoren zu nennen: Ein hoher Preis, mangelnde Standardisierung, langsamer Zugriff auf Daten und starker Wettbewerb durch andere innovative Datenaufzeichnungsverfahren (zum Beispiel löschbare optische Platten) sorgen dafür, daß der DAT-Technik der Wind ins Gesicht bläst.

Und als ob das nicht schon genug wäre, hat die DAT-Speichertechnologie auch noch kein gutes Ansehen bei den DV-Verantwortlichen. Die CW-Schwesterpublikation COMPUTERWORLD befragte kürzlich eine Reihe von Anwendern in den Vereinigten Staaten. Ein großer Teil von ihnen gab an, mit den eingeführten Viertelzollbändern für Archiv- und Backup-Zwecke im Bereich der Mikros, Minis und Workstations völlig auszukommen. Das ist das Marktsegment, welches die DAT-Protagonisten zu ihrem ersten Zielgebiet auserkoren haben. Später wollen sie nach den Worten von Walter Glogauer, bei DAT-Hersteller Gigatape für Marketingfragen zuständig, auch in den Bereich der Mainframe-Massenspeicher vordringen und auch gegen Systeme wie IBMs 3480 antreten.

Der DV-Chef einer großen Chicagoer Reifenfirma brachte die Bedenken der Anwenderszene auf den Punkt: "Unser Interesse richtet sich eher auf löschbare optische Platten, denn DAT erlaubt keinen wahlfreien Zugriff wie die Plattentechnik."

Dennoch will die in Puchheim bei München ansässige Gigatape GmbH im Juli sowohl in Europa als auch über eine kalifornische Tochtergesellschaft in den USA mit den Auslieferungen an die Kunden beginnen. Hewlett-Packard plant ebenfalls noch für dieses Jahr eine DAT-Premiere als Ergebnis eines Joint-Ventures mit Sony. Weitere Anbieter wie Hitachi, Wangdat und die California Peripherals Corp. sind nach Meinung von Branchenkennern ebenfalls gut für DAT-Produkteinführungen innerhalb der nächsten sechs Monate.

Die Befürworter der Data DAT, wie die Technik in den USA genannt wird, sehen ein großes Potential als Backup- und Archivierungsmedium für eine breite Palette von Computeranwendungen, besonders im Zusammenhang mit datenintensiven technisch-wissenschaftlichen Workstations, Darüber hinaus biete sich Data DAT auch als Online-Peripheriegerät in bestimmten vertikalen Märkten an.

"In der medizinischen Bildverarbeitung wäre die Technik wegen der dort anfallenden ungeheuren Datenmengen gut als Online-Massenspeicher geeignet", meint etwa Dennis Waid, Organisator des DAT-Standardisierungskomitees und Manager einer Beratungsfirma in Santa Barbara. Zwar beträgt die mittlere Zugriffszeit bei der DAT-Technologie rund 20 Sekunden und damit weit mehr als bei allen anderen Speichermedien. Aber, so Waid, in der medizinischen Bildverarbeitung seien schnelle Zugriffe nicht unbedingt vorrangig.

Industriebeobachter sind optimistisch hinsichtlich der neuen Technik. Ein kalifornisches Beratungsunternehmen hat eine Steigerung der Auslieferungen um knapp 300 Prozent für die nächsten fünf Jahre errechnet. Die jährlich unters Volk gebrachten Stückzahlen sollen von derzeit 600 auf 585 000 Einheiten in 1993 anwachsen, davon 350000 in den USA.

Im Vergleich zu den vorherrschenden Viertelzoll-Medien kostet Data DAT zwar das Vierfache. Dafür biete die DAT-Kassette aber auch ein Mehrfaches der Kapazität, erklärte

ein Gigatape-Sprecher. Giga 1200 speichert 1,2 Gigabyte auf einer Kassette und überträgt die Daten mit einer Rate von 192 Kilobyte je Sekunde. Ein typisches Konkurrenzprodukt in Viertelzolltechnik bietet 320 MB Kapazität und Transferraten von 240 KB je Sekunde bei einem Preis, der etwa ein Viertel bis ein Drittel des DAT-Gerätes beträgt. Der Preis soll nach Anlaufen der Massenproduktion drastisch fallen.