Kontakte knüpfen für die eigene Karriere

10.01.2003
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Seit offene Jobs nicht mehr dutzendfach in der Zeitung oder im Internet stehen, gelten auf dem IT-Arbeitsmarkt andere Regeln. Wer eine Stelle sucht, muss sich auch auf gute Kontakte besinnen.

„Der hat seinen Job doch nur über Vitamin B bekommen“, hieß es früher schon einmal abschätzig hinter vorgehaltener Hand über manche Kollegen. Heute spricht man nicht mehr von Vitamin B, sondern von Networking. Und das gilt nicht mehr als anrüchig. „Für mich ist Networking etwas Positives: Zuerst definiere ich meine kurz-, mittel- und langfristigen Ziele. Dann frage ich mich, was ich brauche, um sie zu erreichen. Ich suche mir Verbündete, die mich hierin unterstützen, und als Ausgleich dafür helfe ich ihnen bei ihren Anliegen.“

Die Beraterin und Trainerin Monika Scheddin hat vor sieben Jahren den ersten Woman’s Business Club in München gegründet, dem weitere in Hamburg, Berlin und Frankfurt am Main gefolgt sind. Kontakt-Management als Geschäft In Hotels treffen sich die Frauen, viele davon in Führungspositionen oder selbständig, alle zwei Monate, um Kontakte zu pflegen und miteinander Geschäfte zu machen. Die können unterschiedlicher Natur sein: Ob es die Anwältin ist, die ihrer Netzwerkkollegin in Sachen Arbeitsrecht hilft, oder die Unternehmensberaterin, die ein günstiges Coaching anbietet. Karriereexperten empfehlen Jobsuchenden in schwierigen Zeiten, sich auf ihre bestehenden Kontakte zu besinnen.

„Zwei Drittel aller Positionen werden nicht durch offizielle Ausschreibungen besetzt. Bevor ein Arbeitgeber eine Anzeige schaltet, sucht er intern nach Kandidaten oder fragt Mitarbeiter, ob sie jemanden kennen, der in Frage käme“, sagt die Karriereberaterin Madeleine Leitner. Von dieser Praxis profitiert Sabine Stimmer, die 1999 die Friends-Net-Work GmbH gründete und die Jobvermittlung über Networking zum Geschäft machte. Etwa 1500 Informatiker, Ingenieure, Mathematiker und Physiker gehören diesem offenen Netzwerk an. Wer eine Stelle sucht, wendet sich an Stimmer, die sich umhört, wo etwas Passendes frei ist und nach einem Gespräch mit dem Interessenten einen Vorstellungstermin vermittelt. Bei Einstellung bezahlt die Firma eine Vermittlungsgebühr.

Stimmer sieht sich nicht als klassische Headhunterin: „Wir haben schon im Vorfeld sehr viele Informationen über beide Seiten.“ Die Kontakte zu den Unternehmen laufen meist über Führungskräfte oder Mitarbeiter, die zum harten Kern von Friends-Net-Work gehören, und nicht über die Personalabteilung.

Bewerber brauchen viel Geduld

Auch Stimmer spürt die Kehrtwende auf dem IT-Arbeitsmarkt: „Es herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Bewerberanfragen und offenen Stellen. Diese gibt es eher in mittelständischen Firmen als in Konzernen.“ Vergingen in Hype-Zeiten oft nur zwei Tage, bis Kandidat und Stelle im Netzwerk zusammengebracht wurden, dauert das heute Monate. Geduld und systematische Aufbauarbeit sind gefragt, bis man von seinen Kontakten profitieren kann.

Monika Scheddin, Woman´s Business Club.
Monika Scheddin, Woman´s Business Club.

„Ein Netzwerk muss bestehen, bevor ich es brauche. Viele wollen sofort Geschäfte machen. Das funktioniert nicht“, warnt Scheddin, die als selbständige Unternehmerin in verschiedenen Netzwerken aktiv ist. „Die erste Phase ist immer kennen lernen und Vertrauen erwecken.“ Wenn man auf einem Kongress jemand getroffen und dessen Visitenkarte eingesammelt hat, sollte man binnen drei Tagen an den Erstkontakt anknüpfen: „Das Einfachste ist, eine kurze E-Mail zu schreiben: Es hat mich sehr gefreut, Sie kennen gelernt zu haben, und sollten Sie das nächste Mal in der Stadt sein, lade ich sie gern auf eine Tasse Kaffee ein.“

Identifiziert man diese Person als wichtig für die eigenen Ziele - arbeitet sie etwa bei der Firma, in der man ebenfalls unterkommen möchte -, sollte man einen Grund suchen, etwa einmal im Vierteljahr diesen Kontakt zu pflegen. Scheddin gibt dafür Anregungen: „Wenn Sie sich gemerkt haben, wofür sich diese Person interessiert und später zu dem Thema einen Artikel lesen, können Sie ihn ihr zuschicken.“ Es könne auch ein Buchtipp, eine Geburtstagskarte oder eine Einladung zum Golfturnier sein, je nach Interessenlage des Gegenübers.

Analog zu einer Freundschaft müsse auch Networking, das nicht auf Sympathie, aber Wertschätzung beruhen muss, die Möglichkeit bekommen, zu wachsen und zu reifen. Scheddins Faustregel heißt: „Nach sieben Kontakten ist eine Beziehung fruchtbar, so dass ich sie nutzen kann.“ Nicht alle geknüpften Kontakte lassen sich aber im persönlichen Dialog pflegen. Darum empfehle es sich, Veranstaltungen zu organisieren, auf denen sich mehrere zusammenfinden, die für das eigene Netzwerk nützlich sind.