Konstruktion und Fertigung/Ergebnisse beim Verbundprojekt "Mokoko" CAD-begleitende Kalkulation hilft die Produktkosten senken Von Reinhold Bopp*

02.06.1995

Das Stuttgarter Fraunhofer-Institut fuer Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) hat die Ergebnisse des dreijaehrigen Verbundprojekts "Mokoko - Montage-, fertigungs- und kostengerechte Konstruktion" vorgestellt. Dabei ging es um die kostenorientierte Produktentwicklung mit innovativen CAD-Systemen, fuer die Methoden und Verfahren zur konstruktionsbegleitenden Kalkulation untersucht wurden.

Der Erfolg kundenorientierter Produkte haengt in besonderem Masse von der Entwicklungsarbeit ab. Neue Impulse in dieser Hinsicht sollten im Rahmen des Verbundprojekts Mokoko erarbeitet werden, das vom Wirtschaftsministerium Baden-Wuerttembergs gefoerdert und vom IAO gemeinsam mit den Firmen Mettler-Toledo GmbH, Straessle Informationssysteme GmbH, VLU Hightech-Entwicklungs GmbH und Werner Eberle GmbH durchgefuehrt wurde. Ziel war die Konzeption und Realisierung eines Prototypen als Werkzeug zur montage-, fertigungs- und kostengerechten Konstruktion. Zu den wesentlichen Elementen gehoerten dabei die Parallelisierung von Konstruktionsschritten, die Automatisierung von Routinetaetigkeiten und eine verbesserte Informationsbereitstellung. So sollten eine Verkuerzung und Optimierung des Produktentwicklungsprozesses sowie eine Unterstuetzung der Prozesskette "Entwicklung- Arbeitsvorbereitung-Kalkulation-Fertigung" erreicht werden.

Die Projektergebnisse wurden kuerzlich in Stuttgart auf dem IAO- Forum "Kostenorientierte Produktentwicklung mit innovativen CAD- Systemen" praesentiert. Neben Methoden und Verfahren fuer die Konstruktion wurden verschiedene Software-Tools vorgestellt. Dazu gehoert das kommerziell erhaeltliche Produkt "Design for Manufacture and Assembly

(DFMA)" aus den USA, das dort zunehmend in der Industrie eingesetzt wird, in Europa jedoch bislang weitgehend unbekannt ist.

Bevorzugt fuer mittelstaendische Betriebe wurde im Rahmen des Projekts ein Blechteile-Kalkulationsprogramm auf PC-Basis entwickelt. Diese Loesung beruht auf einer Standardsoftware und ermoeglicht die fruehzeitige, schnelle und effiziente Vorkalkulation von Teile- oder Baugruppenkosten. Das Tool kann ebenso in der Auftrags- und Angebotskalkulation fuer Zulieferer verwendet werden. Neben der einfachen Handhabung kennzeichnen dieses System die minimalen Pflege- und Wartungsarbeiten, die sich vom Systembetreuer selbst durchfuehren lassen. Interessierte Betriebe haben die Moeglichkeit, sich an der Weiterentwicklung des Systems in Richtung auf die von ihnen geforderten Funktionalitaeten zu beteiligen.

Der Mokoko-Prototyp eines Feature-basierten, objektorientierten CAD-Systems zur Unterstuetzung der Produktentwicklung zeigt, wie eine konstruktionsbegleitende Kalkulation in naher Zukunft zu realisieren ist. Zentrale Ansatzpunkte sind:

- die Zielkostenverfolgung durch Feature-basierte Vorkalkulation;

- die Senkung von Konstruk-

tionszeiten durch die Verwendung von Komplex-Features;

- die bessere Produktionseignung durch Montage- und Fertigungsinformationen am Entwicklerarbeitsplatz;

- die Teilestandardisierung durch Wiederholteilverwendung und

- mehr Arbeitskomfort durch anwendungsorientierte und Motif- basierende Oberflaechen.

Schon im Bereich der Konstruktion lassen sich durch eine geeignete Anpassung des Systems an firmenspezifische Gegebenheiten die Zeitaufwaende fuer die Produktmodellierung auf rund 50 Prozent reduzieren. Die mit der CAD-Komponente von Mokoko gekoppelte objektorientierte Datenbank auf Basis von "Hyperwork" erfuellt vielfaeltige Funktionen wie die Speicherung von Einzelteilen, Baugruppen und Produkten zusammen mit dem jeweiligen Aufbau, den Zeichnungen und verschiedenen Attributen.

Eine Teilesuche ueber Sachmerkmalleisten und Attribute ermoeglicht ein schnelles Wiederfinden der benoetigten Komponenten. Zudem lassen sich mit der Datenbank Teileverwendungsnachweise erstellen. Neben einer Abschaetzung der Materialkosten ermoeglicht die Datenbankkomponente eine Kalkulation von Fertigungs- und Montagekosten, jeweils sowohl Feature-basiert als auch ueber MTM- Zeiten beziehungsweise Regressionsanalysen. Die Feature-basierte Kalkulation kann vom CAD-System aus ueber eine Schnittstelle direkt angesprochen werden, die Ergebnisse liegen dann im CAD-Bereich vor. Die hinterlegten Regelwerke ermoeglichen eine fertigungsoptimierte Produktgestaltung und Variantenbildung.

Zur umfassenden Informationsversorgung des Konstrukteurs gehoert besonders bei raeumlich entfernt gelegenen Produktentwicklungs- und Fertigungs- oder Montagebereichen eine Abbildung der vorhandenen Anlagen, des Layouts, der Arbeitsplaetze, der Werkzeuge und Taetigkeiten. Dies ermoeglicht dem Konstrukteur eine schnelle Ueberpruefung, ob und mit welchem Aufwand sich die Fertigung von neuen Produkten oder Varianten auf den gegebenen Anlagen realisieren laesst. Durch den Einsatz der objektorientierten Datenbank als Informations-speicher fuer Arbeitsvorbereitung, Kalkulation, Produktion und Montage werden die einzelnen Bereiche informationstechnisch integriert.

Mit Hilfe der im Rahmen des Projekts durchgefuehrten Methodenvalidierung von Regelwerken, der DFMA-Software sowie des Mokoko-Prototypen wurde die Praxistauglichkeit dieser Loesung nachgewiesen. Ausserdem konnte man feststellen, dass die fuer ein Produkt ermittelten Umgestaltungsmassnahmen zu einer Reduktion der Montagezeiten um 30 Prozent fuehrten.

Von wachsender Bedeutung vor allem im Bereich der Automobil-, Elektronik- und Elektrotechnikindustrie sind die Anforderungen bezueglich Service und Recycling. Die Abschaetzung der entstehenden Produktkosten wird also aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen, der Marktanforderungen und der steigenden Entsorgungsaufwaende kuenftig den gesamten Produktlebenszyklus umfassen muessen.

Das Mokoko-Projekt hat gezeigt, dass eine konstruktionsbegleitende Kalkulation von Produkten ueber deren gesamten Lebenszyklus moeglich ist, in der Praxis jedoch bislang nur unzureichend umgesetzt wird. Hier koennen eine enge Kooperation mit Forschungseinrichtungen und eine gemeinschaftliche Entwicklung branchenspezifischer Loesungen kurzfristig Abhilfe schaffen.

* Reinhold Bopp , Diplomingenieur, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut fuer Arbeitwirtschaft und Organisation in Stuttgart