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Konstanzer Informatikprofessoren kassierten bei Studenten und Firmen ab

09.06.2004

Informatikprofessoren der Fachhochschule Konstanz haben offensichtlich jahrelang Gelder von Diplomanden eingefordert, um deren Abschlussarbeiten zu betreuen. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen des Verdachts auf Vorteilsannahme und sogar Erpressung.

Wie "Spiegel online" mit Bezug auf die Zeitung "Südkurier" schreibt, ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen 17 von 24 Informatikprofessoren der Fachhochschule. Zwei FH-Professoren erhielten Strafbefehle über 10.000 beziehungsweise 15.000 Euro. Beide werden der Vorteilsannahme beschuldigt. Einer der beiden mit einem Strafbefehl belegten FH-Angehörigen hat gegen diesen Einspruch eingelegt

Verfahren gegen acht Hochschullehrer wurden gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Sechs weitere Professoren kamen wegen geringer Schuld ungeschoren davon. Nur in einem einzigen Fall hatten sich die Anschuldigungen als gegenstandslos erwiesen.

Der Vorwurf der Erpressung ergab sich, weil einige Hochschullehrer die Betreuung von Diplomarbeiten an die Zahlung von Geldern knüpften. Bis zu 2000 Mark sollen sie sich für diese Tätigkeit bezahlt haben lassen, obwohl diese Aufgabe zu ihren Tätigkeitsverpflichtungen gehört. Studentensprecher haben schon häufiger auf diese Praxis hingewiesen und sie moniert. Auch Rektor Olaf Harder hat nach den vorliegenden Informationen die Zahlungspraktiken kritisiert und auf deren Rechtwidrigkeit hingewiesen. Die FH-Verwaltung soll aber immer ein Auge zugedrückt haben. Erst als sich ein Absolvent beim Wissenschaftsministerium beschwert hatte, erstattete die Behörde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft.

Die Professoren kassierten aber auch bei Firmen ab. In aller Regel hat es sich an deutschen Fachhochschulen - und so auch in Konstanz - eingebürgert, dass Studenten ihre Abschlussarbeiten in enger Kooperation mit lokal ansässigen Firmen erarbeiten. Die Firmen profitieren von den Forschungen solch einer Diplomarbeit, ziehen sich zudem jungen Nachwuchs an Land, die Studenten andererseits machen erste Schritte ins Berufsleben und öffnen sich Türen für eine Anstellung. Diese nicht zu beanstandende Praxis machten sich einige der beschuldigten Professoren aber zueigen und verlangten auch von den Firmen für den angeblich entstehenden Mehraufwand wegen der Diplomarbeitsbetreuung Gelder. Die Hochschulverwaltung wusste von dieser Praxis, billigte sie sogar und hielt eigens hierfür auch ein Formular für Firmen bereit.

Laut einem Bericht im "Südkurier" soll ein Professor einem Prüfungskandidaten via E-Mail mitgeteilt haben, seine Note wäre besser ausgefallen, wenn er sich an die Vereinbarungen gehalten hätte. In einem Fall hat sich ein Professor eine Geldsumme auf sein Privatkonto überweisen lassen. Die Weiterleitung auf ein Hochschuleigenes Konto sei erst erfolgt, als die vom Wissenschaftsministerium initiierte Anzeige staatsanwaltschaftliche Nachforschungen nach sich zogen. (jm)