Konferenz fuer High Performance Computing und Communications Die EG buendelt Interessen bei der Arbeit an Workstation-Cluster Von Uwe Harms*

11.06.1993

Auf der internationalen Konferenz fuer High Performance Computing und Networking (HPCN) in Amsterdam tauschten Forscher und EG- Finanziers einmal mehr Projektplaene gegen Foerdermittel. Die ECU- Millionen fliessen in naechster Zeit vor allem in die Labors fuer Workstation-Cluster und Parallelrechner.

Die europaeische TeraflopInitiative raet, 1992/93 insgesamt 25 Millionen ECU zu investieren, um drei oder vier Rechner mit einer Leistung von 100 bis 200 Mflops zu beschaffen. 1994 und 1995 sollte fuer 40 bis 50 Millionen ECU ein Teraflop-System installiert werden.

Am Ei3-Report aus dem Jahr 1992 arbeiteten im wesentlichen Industrieunternehmen mit, die ihr Augenmerk auf die Echtzeitverarbeitung und die Konstruktion autonomer Systeme richten, zum Beispiel Bilderkennung im abgeschlossenen Fahrzeug. Der Aspekt der technisch-wissenschaftlichen Anwendungen wie numerische Simulation oder CAE wurde nicht betrachtet. Fuer Ei3 ist eine Foerderung von 250 Millionen ECU pro Jahr noetig.

Der Bericht des HPCN Advisory Committee - Rubbia Report - wurde im Oktober letzten Jahres fertiggestellt. In vier Arbeitsgruppen wurden die Themen Hardware und Architektur, wissenschaftliche Anwendungen, industrielle Anwendungen und Kommunikation im Netz untersucht. Der Schluss: Im EG-Programm sollten Anwender, Hardware- und Softwarehersteller, Ausbildungsorganisationen, Forscher und Investoren zusammenkommen. In die HPCN-Arbeit muesste ueber einen Zeitraum von zehn Jahren eine Milliarde ECU pro Jahr investiert werden. Die Summe sollte zu gleichen Teilen von der Industrie (Hersteller und Anwender), der EG und in nationalen oder regionalen Foerderprogrammen aufgebracht werden.

Die EG kann nach den Aussagen von Horst Forster vom Direktorat XIII nicht fuer ein gesamteuropaeisches Datennetz sorgen, darauf koennen sich nur die nationalen Postverwaltungen verstaendigen. Die EG werde aber die verschiedenen Interessengruppen zusammenbringen unter anderem auch die nationalen und regionalen HPCN-Forscher. Derzeit konzentriere man sich auf die Anwender aus Wissenschaft und Fertigung sowie auf die Arbeit an Echtzeitsystemen, ab 1997/98 rechnet Forster aber auch mit kommerziellen und administrativen Anwendungen. Zu den foerderungswuerdigen Systemen zaehlt er Parallelrechner und Workstation-Cluster, nicht aber die bewaehrten Vektor-Supercomputer. Er rechnet damit, dass im Fruehjahr 1994 ueber das HPCN-Programm mit einem Volumen von 120 bis 140 Million ECU pro Jahr entschieden wird.

Einige grosse Hersteller starten aber unabhaengig davon eigene europaeische Aktivitaeten. So arbeitet beispielsweise die Cray Research Inc. seit kurzem mit ACRI aus Lyon in Frankreich auf dem Gebiet der Compiler-Technologie fuer Parallelrechner zusammen, weitere Kooperationen sind geplant.

Am Rubbia-Report arbeiten seit kurzem auch Mitarbeiter des niederlaendischen Wissenschafts- und Wirtschaftsministeriums mit, die jetzt das interdisziplinaere Zentrum fuer rechnerbasierende komplexe Systeme in Amsterdam eingeweiht haben. Dort verfuegen sie ueber ein 64-Prozessor Meiko-System und einen Parsytec-Rechner mit 512 Prozessoren auf der Basis des Modells T805. Im Juli soll ein T9000-Rechner mit 64 Prozessoren installiert und bis Ende des Jahres auf 128 CPUs erweitert werden.

In den USA wurden 1992 etwa 655 Millionen Dollar im HPCC-Programm (High Performance Computing und Communications) ausgegeben. In diesem Jahr will die Administration die Foerdermittel auf 800 Millionen Dollar, im naechsten Jahr sogar auf etwa eine Milliarde Dollar erhoehen. Bereits zehn der zwoelf Forschungszentren verfuegen ueber massiv-parallele Systeme, mit deren Hilfe seit kurzem auch nach extrem schnellen Datenuebertragungswegen (Information Infrastructure and Applications Projectgesucht wird.

In Japan wurde nach den Aussagen von Raol Mendez vom ISR (Institute for Supercomputing Research) in Tokio kein eigenes HPCN-Programm defininiert. Statt dessen werden mehrere Initiativen gestartet, die diesem Umfeld zuzurechnen sind. So sollen umgerechnet 100

Milliarden Dollar in Netze investiert werden. Zehn Prozent dieser Summe sollen in diesem Jahr in die Infrastruktur fliessen, also zehn Milliarden Dollar fuer die Verbindung einzelner Hochschulen und deren Ausstattung mit Supercomputern. Daneben laeuft noch immer das Real World Computing Projekt, in dem weiter an Rechnern der 5. Generation geforscht wird.

Pietro Rossi vom CRS4 in

Cagliari kritisierte, dass die Programmierer von massiv-parallelen Rechnern heute noch Ruecksicht auf deren Architektur nehmen muss. Abhilfe koenne hier vielleicht ein WAN-Meta-Rechner schaffen, in dem die Prozessoren mehrerer Parallelrechner zu einem Ganzen verbunden werden. "Es ist meine Ueberzeugung, dass wir es erreichen koennen, einen Rechner geographisch ueber Europa zu verteilen", erklaerte Rossi. Dieses Projekt haette unter anderem den Vorteil, dass die verschiedenen Supercomputer im Hochschul-, Forschungs- und Industriebereich gemeinsam genutzt und erweitert werden koennten. Hart ging er mit der Industrie ins Gericht: "Die Industrie - zumindest in Italien - ist unwillig, all die Risiken zu schultern, die mit der Einfuehrung einer neuen Technologie verbunden sind".

Am letzten Tag zeigte Ulrich Trottenberg von der GMD in Bonn, dass durch moderne Algorithmen groessere Leistungssteigerungen moeglich sind als mit neuer Hardware. Ein schnelles Mehrgitterverfahren fuer einen 2D-Poisson-Loeser senkte die Rechenzeit von 1680 Sekunden auf demselben Rechner auf nur vier Sekunden. Koppelt man nun modernen Algorithmus mit neuen Rechnern, so sinkt die gesamte Zeit auf nur noch 0.1 Sekunden, was einer Beschleunigung um den Faktor 17000 innerhalb einer Dekade entspraeche.

In Amsterdam hat man sich schliesslich geeinigt, die lokale HPCN- Konferenz und die Supercomputing '94 parallel zu veranstalten und an den Kongress auch eine Ausstellung anzuschliessen. Die naechste HPCN-Konferenz in Deutschland wird vom 18. bis 20. April 1994 in Muenchen stattfinden.

* Uwe Harms ist freier Autor und Supercomputing-Berater in Muenchen.