Kompatibilität zum bestehenden Equipment und Datenkompression gab den Ausschlag:

Kompromiß bei Magnetbandlaufwerken gefunden

29.11.1985

HERZOGENAURACH (CW) - Datensicherung auf Magnetbandspule oder Cartridge, diese Wahl wird noch eine ganze Weile eine Qual bleiben. Magnetbandspulen und die dazugehörigen Laufwerke sind (noch) nicht so tot, wie die Hersteller von Cartridges und involvierter Hardware manchmal glauben lassen möchten. Kompatibilität zum Bestehenden und Datenkompression heißen die Schlüsselwörter. Dr. Bernd Klaiber, DV-Chef bei der fränkischen INA Wälzlager Schaeffler KG, hat für sein Rechenzentrum einen Kompromiß gefunden.

Das Großunternehmen zählt in Herzogenaurach über 4000 Beschäftigte. Rund 600 Terminals greifen auf die beiden CPUs von IBM - eine 3081 K und eine 4381 P03 - zu, der gesamte kommerzielle Bereich eines Industriebetriebes einschließlich Personalwesen, Lagerverwaltung, PPS und Erstellung von Arbeitsplänen wird hier zentral abgewickelt.

Das verwendete Betriebssystem DOS/VSE erlaubt eine Verwendung von Magnetbändern nicht nur zur Datensicherung, sondern auch zum File Handling, wodurch die Bedeutung der Magnetbandlaufwerke im Rechenzentrum eine gewisse Steigerung erfährt. Das hohe Alter der bisher verwendeten Magnetbandgeräte IBM 3420 führte in der Vergangenheit immer häufiger zu Jobabstürzen infolge "data check errors", besonders zeitraubend und ärgerlich beim nächtlichen Batch-Betrieb, wenn bis zu 400 Magnetbandspulen einzulegen und zu verarbeiten sind.

Deswegen sowie aus allgemeinen Performancegründen sah das DV-Management eine Neuausrüstung mit Magnetbandgeräten als erforderlich an. Für Rechenzentrumsleiter Glessmann war dabei die Möglichkeit, auf die vorhandenen 15 000 Magnetbandrollen zugreifen und sie weiterhin nutzen zu können, eine Bedingung "sine qua non", und dies nicht nur wegen der aufgezeichneten Daten, sondern auch wegen des materiellen Wertes der Bänder an sich.

Die Entscheidung fiel auf BASF-Laufwerke vom Typ 6070/6378. Diese bieten nicht nur die gewünschte Kompatibilität zum vorhandenen lBM-3420-Datenformat, sondern mit ihrer zuschaltbaren Hardware-Datenkompression nach Darstellung des Anwenders eine Reduzierung des Verbrauchs an Bandmaterial von bis zu 50 Prozent besonders bei der Verwendungsart Datensicherung, was sich auch in entsprechend weniger Bandmounts und im Durchschnitt, nach einer formeninternen Erhebung, um 27 Prozent kürzeren Joblaufzeiten niederschlage. Gegenüber der von IBM angebotenen Softwarelösung DF/DSS für die Datenkompression belastet die Kompressions-Hardware nicht die CPU.

Die geringere benötigte Stellfläche war für die platzmäßig etwas beengten Franken ein weiteres Pro-Argument, und der deutlich geringere Preis gegenüber einem vergleichbaren IBM-Equipment fiel bei vier gekauften Einheiten (sechs weitere wurden gemietet) besonders ins Gewicht. Nach Auskunft des Ludwigshafener Herstellers müßte der Käufer einer solchen Anlage, bestehend aus zwei Steuereinheiten zu je 90 000 Mark und zehn Laufwerken zu je 60 000 Mark, insgesamt 780 000 Mark aufbringen. Eine IBM-Anlage vergleichbarer Leistung würde, immer noch nach Angaben der BASF, mit rund 1,3 Millionen zu Buche schlagen. Dabei wären die somit erforderlichen neuen Cartridges im Wert von weiteren 250 000 Mark noch gar nicht mitgerechnet.

Verlagerung des File Handling geplant

Langfristig ist damit aber noch nicht das letzte Wort gesprochen: Mit der gegenwärtig durchgeführten Umstellung auf das Betriebssystem MVS/XA bezwecken die Herzogenauracher eine sukzessive Verlagerung des File Handling auf Platten-GDGs. Dann dienen die Bänder lediglich noch der Datensicherung, und diese soll langfristig ebenfalls allmählich auf Wechselplatten umgestellt werden. Da das voraussichtlich noch bis Mitte nächsten Jahres im Betrieb befindliche DOS-Betriebssystem die Datensicherung auf Cartridge nicht unterstützt und außerdem weiterhin ein Datenträgeraustausch mit anderen Rechnern erforderlich bleibt, mußte allerdings zu der erwähnten Zwischenlösung gegriffen werden. Die zu erwartenden Vorteile, besonders hinsichtlich Zeitgewinn durch automatisiertes Kassettenhandling, schlagen laut DV-Leiter Dr. Klaiber in einem Rechenzentrum dieser Größenordnung jedoch so deutlich zu Buche, daß nach der zu erwartenden allmählichen Ausmusterung der Bandbestände ein nochmaliger Systemwechsel durch aus sinnvoll ist