Markt der Informationsverarbeitung in der Bundesrepublik

Kommunikations-lnfrastruktur statt maßlos viel Information

29.05.1981

Datenverarbeitungstechnologie ist die Produktivitätsmaschine unserer Zeit geworden. Gleichzeitig sind Arbeitsplätze höherer Qualität entstanden.

Bei aller Euphorie, die man über diese technische Entwicklung empfinden mag, scheint mir die Frage berechtigt zu sein, ob hierdurch nur mehr Hardware in die Rechenzentren oder zu den Benutzern bewegt wurde oder ob wirklich auch im gleichen Maße der Nutzen für den Anwender verstärkt wurde. Anders gefragt: Was hat der Benutzer davon, daß jetzt in seinem System ein 64-K-Bit-Chip eingebaut ist, außer für das Gerät insgesamt einen niedrigeren Preis zu bezahlen?

Ich darf mich nicht verleiten lassen, hier eine Schwarz-weiß-Antwort zu geben, aber die Herausforderung, der wir uns derzeit gegenübersehen, liegt mit Sicherheit darin, daß mehr Hardware im Markt abgesetzt wurde, als es gleichmäßig stark gelang, den Anwendungsstau bei den Benutzern abzubauen.

Ich möchte mit dieser Aussage aber nicht zu der Annahme verleiten, als hätten die Hardware-Hersteller weniger in Software-Entwicklung oder in Anwendungsentwicklung investiert; jedoch ist gemessen an der Ausbreitung der Hardware in den letzten Jahren relativ weniger für die Erhöhung der Benutzer-Effizienz durch Software aufgewendet worden. Nun darf man nicht unterstellen, daß dies eine Auswirkung des Unbundlings der DV-Industrie ist; denn einerseits etablierte sich gerade hierdurch der Software-Markt, und Software-Häuser spielen heute eine wesentliche Rolle in der Unterstützung des Hardware-Absatzes der Hersteller durch Anwendungs-Software-Leistung.

Heute existieren in Deutschland über 2000 Software-Anbieter, wovon etwa 200 reine Software-Häuser sind und der Rest Programmierbüros und DV-Unternehmensberater, wobei die Zahl der Beschäftigten, mit Ausnahme weniger großer Unternehmen, im Durchschnitt nur zwölf Personen beträgt. Diese Betriebsgröße und die dadurch begrenzten Investitionsmöglichkeiten der Software-Häuser haben dazu geführt, daß hauptsächlich individuelle Anwendungsprogramme beziehungsweise individuelle Branchenlösungen mit nur geringer Multiplikatorwirkung erstellt wurden und nur in geringem Maße standardisierte Software-Pakete für breiteste Anwendung.

Von 1975 bis 1980 vergrößerte sich der Software-Anteil am Gesamt-DV-Umsatz von knapp 30 Prozent auf über 60 Prozent. Betrachtet man den Gesamt-DV-Umsatz, so stellt man fest, daß sich der Software-Engpaß in den letzten Jahren auf die Summe des DV-Umsatzes stagnierend bemerkbar gemacht hat, das heißt, bei zirka zehn Prozent jährlich steigenden DV-Budgets war Hardware-Volumenwachstum in diesem Marktsegment eigentlich nur im Rahmen verbesserter Preis-/Leistungsverhältnisse möglich.

Ich habe die Software als einen zentralen Bereich in der Entwicklung des Datenverarbeitungsmarktes der letzten Jahre angesprochen, weil ich andeuten will, daß wir nicht in den Fehler verfallen dürfen, bisherige Volumenssteigerungen einfach extrapolatorisch hochzurechnen, um uns das Wachstum der Informations- und Kommunikationsindustrie der nächsten Jahre vorzustellen. Wachstum dieser Branche wird in den nächsten Jahren wesentlich stärker durch das Beherrschen von Methoden und intelligentem Management von Komplexität bestimmt werden als durch Hardware-Technologie.

Der Markt der Informationsverarbeitung hat sich von einem zentralistischen Markt, dessen Abnehmer in unmittelbarer Nähe von zentralen Rechenzentren etabliert waren, zu einem Endbenutzer-Markt und in einigen Branchen bereits heute, wenn Sie an "home computing" denken, sogar zu einem Konsumer-Markt entwickelt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist auch für die weitere Ausdehnung von Großrechnern das Befriedigen des Bedarfs an Kommunikationsgeräten beim Benutzer notwendig. Gelingt dies nicht, wird auch der Markt für Großrechner trotz weiterer technologischer Fortschritte in der nahen Zukunft jährliche Steigerungsraten von in den letzten Jahren 30 bis 50 Prozent der installierten MIPS- Millionen Instruktionen pro Sekunde nicht mehr abnehmen.

Der gesamte Computer-Hardware-Markt in Europa hat sich bis Ende 1979 auf zirka 26 Milliarden Mark entwickelt, wovon fast die Hälfte auf Small-Business-Systeme und Terminals entfällt. Dieses Segment der Computer-Hardware wächst heute fast doppelt so schnell wie "General Purpose-Systeme", das heißt, die treibende Kraft des Wachstums im Kommunikationsmarkt zu Beginn der 80er Jahre sind kommunikationsfähige Endgeräte und Kleinsysteme. Der stärkste Wachstumsimpuls im Verlaufe der 80er Jahre wird durch die Verknüpfung von Datenverarbeitungs- und Endbenutzersystemen zu Kommunikationssystemen entstehen.

DV-Bereich überholen werden

Hieraus entstehende, unternehmensweite Systeme oder Bürosysteme werden im wesentlichen aus folgenden Elementen bestehen, die wir aus den Erfahrungen der 70er Jahre als Einzelelemente technisch beherrschen, die jedoch in einen neuen System-Verbund zu stellen sind. Hierin sehe ich die größte Herausforderung an die Branche im Markt der 80er Jahre, zugleich aber auch ihre größte Chance auf Fortsetzung des gewohnten Wachstums.

Erst die Schaffung dieser Gate-way-Funktionen, die eine Kommunikation von "Jedem mit Jedem" ermöglicht, das heißt, das Kommunizieren von Teilnehmern verschiedener In-house-Kommunikationsnetze miteinander über die auswählbaren zur Verfügung stehenden öffentlichen Netze wird der Büro-Kommunikation zum wirklichen Durchbruch verhelfen; sie erfordert vor allem die Bereitschaft der Postbehörden, den Zugang zu dieser neuen Dimension der Kommunikation zu erschließen.

Wie ich erwähnt habe, wird die Ausweitung von Kommunikationsnetzen die Nachrichtenvermittlungstechnik miteinbeziehen. Dies wird überwiegend das Design von Gesamtkommunikationsnetzen zum Thema der Informationsverarbeitung und nicht mehr alleine zum Thema der Datenverarbeitung machen - was die Notwendigkeit nach einem System-Manager verstärken wird.

Modulare Endgeräte-Produktpalette

Die leistungsfähigsten Anbieter in diesem Markt von morgen werden die Hersteller sein, die eine modulare Endgeräte-Produktpalette anbieten, dabei Software-, Datenverarbeitung und Vermittlungstechnik beherrschen und über Netz-Know-how in breitbandiger Digitaltechnik verfügen. Der Schlüssel zu diesem Marktwachstum besteht meiner Meinung nach im wesentlichen in der Beherrschung folgender vier wichtiger Elemente, auf die ich nachfolgend gerne eingehen möchte:

1. die wirtschaftliche Erstellung von Anwendungslösungen vor Ort beim Benutzer,

2. die Kommunikationsfähigkeit von Geräten,

3. die Modularität von Produkten und

4. die Integrationsfähigkeit zu Kommunikationssystemen .

Die zentrale Datenverarbeitung hat hocheffiziente Lösungen von Anwendungsentwicklung im Dialogverkehr erschlossen. Nur reicht sie nicht aus, wenn wir die Wachstumsmöglichkeiten der nächsten Jahre betrachten zumal der große Markt der Endbenutzer über diese Zentralität nicht verfügen wird.

Als Ausweg bieten sich zwei Alternativen an:

Die erste, nämlich die zentrale Lösung, besteht darin, den Multiplikatoreffekt für Anwendungsentwicklung zu erzwingen, wie zum Beispiel bei DDP-(Distributed Data Processing-)Systemen, was jedoch eine Großsystemlösung mit dezentraler Intelligenz und zentraler Anwendungsentwicklung erfordert.

Die zweite, die dezentrale, Lösung besteht darin, die Entwicklung von Software zur Vereinfachung des Anwendungsdesigns durch den Benutzer zu betreiben, das heißt, den Anwender selbst wirklich in die Lage zu versetzen, durch anspruchsvolle Methoden vor Ort individuelle Software zu generieren.

Beides ist relativ aufwendig und ist die Erklärung, weshalb bisher kaum Anbieter von Geräten der Basis-Datenverarbeitung oder früher Geräten der Mittleren Datentechnik in der Lage waren, dies effizient zu realisieren. Wichtig ist hier, daß. in die Anwendungsentwicklungs-Software Lernfunktionen für den Benutzer eingebaut sind, das heißt, daß der Benutzer mit seiner Problemsprache und nicht mit einer Programmiersprache seine Aufgabe lösen kann. Wenn ich von Zentralität als Alternative gesprochen habe, dann muß man sich vergegenwärtigen, daß diese Zentralität eher abnehmen als wachsen wird. Es gibt heute Anzeichen dafür, daß selbst in klassischen Branchen zentralisierter Datenverarbeitung, wie zum Beispiel im Kreditgewerbe, Veränderungen eintreten. Extremes, wenn auch bis heute nicht realisiertes, aber denkbares Beispiel hierfür, das zugleich auch typisch ist für die Möglichkeit neuer Technologien ist die Diskussion des "chips on a card", dessen Einführung durch die Verlagerung eines Datenspeichers auf die Kreditkarte für die Registrierung des Zahlungsverkehrs nicht nur das zentrale Buchungsvolumen reduzieren, sondern auch den Speicherbedarf zentraler Datenverarbeitungssysteme abbauen würde.

Wenn ich erwähnt habe, daß die Fortsetzung des Großrechnerwachstums um 35 bis 50 Prozent der installierten MIPS-Raten jährlich abhängig ist von der Penetrierung der Benutzerperipherie mit Online-Kommunikationsprodukten, dann ist dies die strategische Ausrichtung der Großrechner-Hersteller, um beim weiteren Preisverfall im Hardware-Bereich ein Umsatzwachstum zu generieren. Dies wird den Software-Schwerpunkt der DV-Hersteller noch stärker auf Datenbank-/Datenkommunikationsmethoden und auf Erhöhung der Programmiereffizienz durch interaktive Programmierhilfsmittel legen.

Dies bedeutet, daß Optimierungen notwendig werden wenn hierdurch ein rapide wachsender Bedarf an benutzernahen Anwendungslosungen in den nächsten Jahren auf weiterhin einem begrenztem Reservoir an Software-Entwicklern im Markt gegenübersteht.

Aus Kosten- und Verfügbarkeitsgründen guter Software-Entwicklung wird deshalb ein Trend zu Lasten von Individuallösungen und zugunsten von Anwendungspaketen entstehen. Außerdem bin ich davon überzeugt daß sich im Software-Markt eine neue Aktivität entfalten wird, nämlich in Kladde gesprochen, "Anwendungsbörsen", wo übertragbare Anwendungslösungen von einem Benutzer zum anderen transportiert werden. Außerdem werden Hersteller ihre Verbindung mit Software-Häusern festigen, um ihr Image als System-Haus mit weitgefächerter Anwendungspalette zu festigen.

Wenn ich die Kommunikationsfähigkeit von Geraten als Voraussetzung für Wachstum angesprochen habe, dann deshalb, weil, je stärker sich die Datenverarbeitung zur Informationsverarbeitung wandelt die gleichzeitige Benutzung unterschiedlicher Informationsmedien, wie Daten Sprache Text und Bilder, an einem Arbeitsplatz zwingend wird. Das bedeutet für die Endbenutzer-Geräteentwicklung eine stärkere Integration von Funktionen, das heißt, die Schaffung einer "integrated workstation". Die Zukunft des Arbeitsplatzes liegt sicherlich nicht in einer Vielfalt von Geräten und liegt auch nicht in unterschiedlichen Kommunikationsschnittstellen, sondern in universellen oder General Purpose-Geräten mit einer hohen Modularität.

Es ist deshalb naheliegend, daß der Benutzer zunehmend einen Partner anstreben wird, der sowohl Text- und Datenverarbeitung als auch "voicecommunication" beherrscht, dies vor allem um so starker, je mehr sich die Digitaltechnik verbreitet, und dies auch deshalb, weil Sprache das Hauptelement in Kommunikationssystemen der Zukunft bleiben wird.

Immer mehr Unternehmen tun das gleiche

Aus diesem produktstrategischen Grund, aber auch aus Gründen, die Kosten einer notwendigerweise engmaschigen Vertriebsorganisation für den Endgeräte-Markt zu reduzieren, sehe ich zunehmend Zusammenschlüsse von Herstellern im Endgeräte- und Kleinsystem-Bereich zur Etablierung eines umfassenden Produktmenüs. Mich hat das Produktangebot in der Halle 1 der Hannover-Messe 1981 an diese Notwendigkeit erinnert, wenn Sie sich vergegenwärtigen, daß mit tausend Ausstellern immer noch nicht alle Firmen am Markt aus räumlichen Gründen in Hannover präsent sind, und wir von Jahr zur Jahr stärker erleben, daß immer mehr Firmen das gleiche tun und immer weniger wirkliche Novitäten als Messe-Exponate ausstellen .

Unsere Chance gegenüber internationalen Anbietern aus Ost und West sehe ich in der Größe und Potenz dieses möglichen Verbundes.

Im Umfeld der Endgeräte wird sich nun, wenn sie in einen Kommunikationsverbund gestellt werden, die Frage nach der zentralen Steuerung stellen. Hier sehe ich drei konkurrierende technische Möglichkeiten:

- zentrale Rechner,

- Vermittlungssysteme und

- "intelligente Netze".

Ich meine, daß Vermittlungssysteme heute bereits besser für multimediale Kommunikationsnetze geeignet sind als zentrale "General Purpose"-Rechner, ganz einfach, weil Vermittlungssysteme im Gegensatz zu kommerziellen Rechnern von Haus aus schon für benutzerfreundlichere Kommunikation ausgelegt sind und die Verbindung von Datenverarbeitungs- und Nachrichtenübermittlungs-Eigenschaften am ehesten herstellen können. Ich bin zuversichtlich, daß dies intelligente Netze künftig gleich gut technisch beherrschen werden. Intelligente Netze, weil sie als breitbandige Kommunikationsträger, zum Beispiel Lichtwellen-Leiternetze, wesentliche Teile der Intelligenz heutiger Datenendgeräte redundanzärmer in das Netz verlagern können.

Nach wie vor hat der DV-Leiter die Kompetenz

Man kann den Trend zu Kommunikationssystemen nicht kommentieren, ohne nicht auch auf die Rolle des Informationssystem-Managers im Unternehmen einzugehen. Solange dieser nicht etabliert ist, und es sind heute weniger als fünf Prozent der großen Unternehmen in der Bundesrepublik die eine solche Funktion etabliert haben, wird nach wie vor der DV-Leiter diese Kompetenz ausüben müssen und solange dies der Fall ist, wird im Mittelpunkt derartiger Kommunikationsnetze nicht die Vermittlungstechnik stehen oder die dezentrale Intelligenz der Netze, sondern das Großsystem.

Ein weiterer bestimmender Faktor des Wachstums der Kommunikationstechnik werden die Service-Leistungen der Bundespost, das heißt die neuen Dienste, sein.

Im Bereich von Datex-P und Teletex zum Beispiel bietet die Post Dienste an, die entscheidenden Einfluß auf den Gerätestandard und auf die Kommunikationsfähigkeit von Geräten haben. Die Post geht hiermit in einem für DV-Hersteller bislang ungewohnten Tempo vor, und es ist wesentlich, daß diese neuen Dienste frühzeitig in eine Geräteentwicklung der Hersteller umgesetzt werden.

Ich halte es für ein Nichtausnutzen einer gegebenen Marktchance, wenn nur sehr wenige der Schreibmaschinen-Hersteller bei Einführung des Teletexdienstes im November 1981 über einen Teletex-Kommunikationszusatz verfügen und die Geräte am Markt durch den zu hohen Kostenanteil des Kommunikationszusatzes für eine breite Anwendung zu teuer sind. Allerdings sollte durch die Vorgabe nur einiger grober Parameter und Spezifikationen der Wettbewerb möglichst vieler Hersteller solange wie möglich aufrechterhalten werden.

Ich bin davon überzeugt, daß die Markt-Akzeptanz der neuen Dienste auch dadurch wesentlich verstärkt wird, daß in der vor uns liegenden Dekade immer mehr Menschen ihre Arbeit außerhalb der Büros verrichten werden. Sie wird sich zum zweiten dadurch verstärken, daß wir uns von der öffentlichen Massenkommunikation, wie sie beispielsweise in der heutigen Werbung angewandt wird, zu mehr exklusiver, interpersoneller Kommunikation hinwenden werden.

Der Vorteil dieser Kommunikationstechnik besteht auch in der heutigen, bereits in der Bundesrepublik vorhandenen Infrastruktur, in der heute 93 Prozent der deutschen Haushalte mit Fernseher und 70 Prozent mit Telefonanschlüssen ausgestattet sind, woraus man eine Vollversorgung unseres Landes bis zum Jahre 1985 unterstellen kann.

Je vielfältiger Kommunikationssysteme werden und je stärker die Benutzer ihre Hardware nach den besten Preis-/Leistungsverhältnissen am Markt auswählen werden und je mehr unterschiedliche Informationsmedien in einem System verknüpft werden, desto stärker erwächst die Forderung nach einem Systemintegrator, das heißt des Fachmannes, der die physische Verbindung von Kommunikationseinrichtungen zu einem Kommunikationsnetz herstellt. Je starker der Preisverfall der Hardware den Hersteller zwingt, sein Produktangebot zu optimieren, je weniger wird der heute bekannte klassische Hersteller von Datenverarbeitung diese neue Aufgabe lösen können. Auch der Anwender selbst kann hierfür nur limitiert Mittel zur Verfügung stellen, aber es ist de facto heute so, daß der Kunde bereits jetzt in einem noch relativ frühen Stadium von Kommunikationssystemen zum Systemintegrator geworden ist.

Diejenigen Unternehmen, die als Kommunikationssystem-Anbieter im Markt der 80er Jahre erfolgreich sein werden, müssen deshalb neben der bereits von mir erwähnten Software-Fähigkeit, neben dem Anbieten eines kompletten Endgeräte-Produktspektrums und neben der Datenverarbeitungs- und Nachrichtenvermittlungstechnik Nachrichtenübertragung beherrschen.

Deutlicher denn je ist in den letzten zwei Jahren ein Trend erkennbar in der Formierung von neuartigen Informations- und Kommunikationskonzernen, die sich die Kompetenz in der dargestellten Komplettheit international als ein Kommunikationssystem und auch Kommunikationsservice-Anbieter aufbauen. Dies wird den Service den Benutzern gegenüber verbessern und den Wettbewerb der Hersteller untereinander im Datenendgeräte-Bereich von einem heutigen Box-Wettbewerb zu einem System-Wettbewerb gestalten.

Hat in diesem Szenario die deutsche Kommunikationsbranche große oder kleine Chancen, an diesem Wachstum zu partizipieren? Zunächst glaube ich, daß wir unsere Stärken in einen neuartigen Verbund stellen müssen, um die Komplettheit des Angebotes zu etablieren. Ich meine hiermit das Intensivieren von "joint ventures", aber durchaus auch aus wirtschaftlichen Gründen den sinnvollen Zusammenschluß von Firmen. Wenn wir in Deutschland gegen die Konkurrenz von Herstellern im Kommunikationsgeräte-Bereich aus dem Silicon-Valley erfolgreich sein wollen, dann müssen wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Produkte im Silicon-Valley üben. Ich sage dies nicht nur wegen der unverzichtbaren Stückzahlen, die der US-Markt einem leistungsfähigen internationalen Anbieter erschließt, sondern auch wegen der Etablierung einer Wettbewerbsfähigkeit auf dem übrigen Weltmarkt. Ich bin mir darüber im klaren, daß aufgrund der etablierten PlT-Hoheiten in Europa und ganz besonders in Deutschland fast unverrückbare Barrieren bestehen, in diese Dienste einzutreten aber auch die Deutsche Bundespost wird zunehmend Lieferanten bevorzugen, die Know-how in der Verschmelzung von Datenverarbeitung und Nachrichtentechnik besitzen.

Ich habe beschrieben, welchen Stellenwert Anwendungs-Software und System-Software für die Beherrschung von Kommunikationssystemen der Zukunft einnehmen werden. Software ist nicht nur die unverzichtbare Klammer der System-Kompetenz von Anbietern in diesem Markt. sondern auch der Bereich, der die größte Wertschöpfung in der Kommunikationstechnik erzeugt. Wenn wir in den traditionellen Bereichen der Software-Entwicklung heute bereits mehr als 60 Prozent der Gesamtsystem-Kosten aufwenden, dann liegt dieser Anteil im Bereich von VLSI-Technologien bereits bei 90 Prozent, und wenn Sie Japaner heute nach ihren Starken, aber auch nach ihren Schwachen der Beherrschung der VLSI-Technologie befragen, dann werden Sie feststellen, daß man einige europäische Länder gerade um ihr Software-Know-how beneidet. Dies erklärt im übrigen auch das zunehmende Engagement von japanischen Halbleiter-Herstellern, zum Beispiel in England, wo zweifellos ähnlich wie in der Bundesrepublik Deutschland dieses Talent relativ stark entwickelt ist.

Die Stärkung unserer Software-Kompetenz wird massive Anstrengungen in der Ausbildung erfordern.

Und wenn ich VLSI-Technologie im Zusammenhang mit Software angesprochen habe, dann meine ich, liegt auch hier eine Chance für uns im internationalen Wettbewerb. In der Tat wird hier Deutschland, wie im übrigen auch andere europäische Länder, von den Japanern und von der US-Chip-lndustrie als Spätstarter betrachtet, weil wir uns offensichtlich zu spät das mögliche Marktvolumen für VLSI in Kommunikations- und Consumer-Produkten vorgestellt haben. Je mehr jedoch die Vielfalt des Einsatzes von Mikroprozessoren wächst, je mehr etabliert sich ein Bedarf an "customized", das heißt, an individualisierten Chips mit viel Basistechnologie, aber Modularität mittels Software.

Eine weitere wesentliche Stärke sehe ich im schnelleren Nutzen innovativer Technik.