Marschrouten und Haltungen der Hersteller

Kommunikation in einer X.25- oder einer IBM-Welt?

16.11.1979

MÜNCHEN (je) - Wie die Hersteller zu den beiden Konzepten X.25 und SNA stünden, ob es dezidierte Haltungen gebe hinsichtlich des Mit- oder Gegeneinander der beiden - ungleichen - Kontrahenten, oder ob in diesem Markt eine bestimmte Unternehmenspolitik verfolgt werde, wollte CW wissen. Befragt wurden namhafte Hersteller von DÜ Hardware.

Hier die Stellungnahmen:

Control Data, Frankfurt

Klaus Lormann, im Hause Control Data (CDC) mit Datenfernverarbeitung und Rechnernetzen befaßt, meint, CDC werde sich zu gegebener Zeit sicherlich an X.25 anschließen und dadurch "haben wir auf den drei unteren Ebenen eine gemeinsame Basis". Die verschiedenen Hersteller-Philosophien in Sachen Netzwerk - so auch seit 1974 das CDC-Netzwerk - sind nach Auffassung Lormanns vor allem deshalb entstanden, weil die Benutzer Netzwerke haben wollten, bevor es irgendeine Standardisierung gab. CDC plane nicht, SNA nachzubilden; die Verbindungen zu IBM hinüber beruhten auf Terminalemulationen.

Racal-Milgo, Neu-Isenburg

Helmut Durinkowitz, Verkaufsleiter bei Racal-Milgo, meint: "Dadurch, daß wir mit dem Monopol der Post schlechte Erfahrungen gemacht haben, halten wir uns mit Produkten in Richtung X.25 momentan sehr zurück; vielleicht gehen wir auch gar nicht in diesen Markt." X.25, so der Verkaufsleiter weiter, laufe gegen die Produktlinie von Racal-Milgo, kommen werde es, nur wann, das sei die Frage. Gezielt auf SNA angesprochen,verweist Durinkowitz auf eigene berufliche Erfahrungen und erklärt: "Wenn der Anwender untersucht, was er mit SNA und was mit X.25 tun kann, dann schneidet SNA ganz ganz schlecht ab."

EMI Technology, Köln

Zu X.25:

Unser DFÜ-Konzept "PIX" ist eine Entwicklung der Paradyne Corp., Florida. Was den internationalen Standard X.25 betrifft, sind wir gut vorbereitet und können unsere Interessenten, die sich für das Datex-Netz entscheiden, bedienen. Beim Packet-Switching befinden wir uns in Warteposition. Die bisher bekannten Leistungsdaten in der Übertragung befriedigen uns noch keinesfalls. Wir hoffen, daß die Post hier noch einiges zulegen wird.

Zu SNA:

Unser Konzept ist, den Hauptrechner zu seiner ursprünglichen Funktion - der Verarbeitung von Daten - zurückzuführen und ihn von allen DFÜ-Routinen freizuhalten.

Da wir uns im Augenblick ausschließlich auf den IBM-Markt konzentrieren und PIX, vereinfacht dargestellt, nichts anderes als ein verlängerter Byte-Multiplex-Kanal ist, hat der Anwender die Wahl, IBM- oder IBM-kompatible Peripherie zu installieren. Die lokalen Einheiten, die der Kunde heute in seinem Rechenzentrum betreibt, kann er morgen in Hamburg oder München installieren und unter den gleichen Bedingungen wie in seiner Zentrale steuern.

Dies gilt auch für solche Peripherie, die der "große Bruder" normalerweise nicht oder nur mit wesentlich größerem finanziellen Aufwand für den Anwender betreiben will.

SEL, Stuttgart

Zwischen einem geschlossenen Datenkommunikationskonzept und offenen Datenpaketvermittlungsnetzen besteht ein grundsätzlicher Widerspruch. Dies trifft auf sämtliche Hosthersteller-bezogenen Konzepte zu.

Das Datenkommunikationskonzept von SEL ist aber von vornherein auf die Kommunikation ausgerichtet (deshalb CNA = Communication Network Architecture) und nicht auf das Zentral-Rechnersystem.

Konsequenterweise wird die X.25-Unterstützung in CNA-Netzen von SEL implementiert werden, sobald die Spezifikationen des Datex-P-Netzes der Deutschen Bundespost endgültig festgelegt sind. Dem CNA-Benutzer steht dann diese Betriebsweise alternativ zur Verfügung.

AEG-Telefunken, Frankfurt

In den von AEG-Telefunken bearbeiteten Prozeßrechnerverbundsystemen kommen ausschließlich Komponenten des X.25-Protokolls zur Anwendung.

Für die Prozeßrechner der Linie AEG 80 stehen die Leistungen der Ebene 1 sowie der Ebene 2 (Prozedurebene) gemäß ISO zur Verfügung. Hierbei wird die Ebene 2 bereits durch mikroprozessorgesteuerte Anschalteinheiten per Firmware unterstützt.

Die weitere Entwicklung wird aus unserer Sicht die Implementierung des X.25-Protokolls, das. heißt Ebene 3 gemäß ISO, bringein, um die Kopplung von Prozeßrechnern über das Datex-P-Netz der Bundespost zu ermöglichen.

Memorex, Frankfurt

Wie die Memorex-Produktankündigungen zeigen, nutzen wir bereits heute die Technik der Mikroprozessoren. Die gegenwärtigen Planungen sehen X.25und SNA-Kompatibilität vor.

Honeywell Bull, Köln

Honeywell Bull verweist auf die eigene Konzeption von Netzwerken und verteilten Systemen DSA (Distributed Systems Architecture). In dieser Architektur sind X.21 und X.25 (Package Switching) sowie HDLC realisiert. Die Ebenen-Struktur in DSA entspricht den Vereinbarungen der International Standards Organisation (ISO). Honeywell Bull hat aktiven Anteil an der Ausarbeitung und am Zustandekommen der international vereinbarten Ebenen-Strukturen für die Netzwerk-Architektur verteilter Systeme.