Kommunikation DV-Fachabteilung: Die Lage entspannt sich

05.07.1985

Die Kommunikation zwischen der DV- und Fachabteilung verbessert sich in vielen Unternehmen immer mehr. Als entscheidenden Grund bezeichnet Hans Meintzschel den psychologischen Wandel, den der Mikro-Einsatz in den Fachabteilungen bewirkt hat. Der Frankfurter Org./DV-Leiter: "Das tief im Innern verwurzelte Mißtrauen gegenüber dem geheimnisvollen Geschehen in der Black Box wird aufgrund eigener Erfahrung zu einem logisch erkennbaren Ablauf." Diese Ansicht vertritt ebenfalls Jörg Bühler von der Salamander AG in Kornwestheim. In seinem Unternehmen nehmen die Kommunikationsprobleme immer stärker ab, gleichzeitig wächst die Akzeptanz für den Einsatz moderner Verfahren. Bühler: "Der DV-Einsatz wird zur Selbstverständlichkeit." Die früher als Fachidioten beschimpften Datenverarbeiter werden heute offensichtlich akzeptiert und ihr Rat und Wissen von der Fachabteilung angenommen. ih

Heinz Kowalski

Hauptabteilungsleiter für Betriebswirtschaft und Organisation, AOK Gummersbach

Bei den selbständigen Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKs) wird überwiegend mit dem "Informations- und Datenverarbeitungssystem der Ortskrankenkassen" (IDVS) gearbeitet. Dieses Programm, dessen zweite Ausbaustufe wir zusammen mit einigen Nachbar-AOKs als einzige Kassen im Bundesgebiet in vollem Umfang anwenden, wird vom AOK-Bundesverband ausgearbeitet. Teilprogramme gibt es zuzsätzlich vom Landesverband und vom Rechenzentrum. An das Rechenzentrum Bergisch Land sind fünf AOKs angeschlossen. In unserem Hause steht als sogenannter Satellit eine IBM 4361. Informationen für die Fachabteilungen können also aus vier unterschiedlichen Quellen stammen, die über den Landesverband, das Rechenzentrum und die DV gebündelt werden.

Beim Aufbau der DV und bis zur jetzt erst vollzogenen, kompletten Anwendung der Programme gab es natürlich Kommunikationsprobleme, die sich jedoch in Grenzen hielten. Dabei verzichteten wir bewußt auf eine starre Festlegung der Kommunikationsabläufe, auf übermäßige Schulung und lange schriftliche Anleitungen. In den einzelnen Fachabteilungen wurde je ein Mitarbeiter - zumeist der Abteilungsleiter - als DV-Kontaktmann benannt, der in direktem Kontakt zur DV-Abteilung steht. Außerdem gehört er den jeweiligen Arbeitsausschüssen im Rechenzentrum an. In anderen Zweigstellen sind nicht die direkt betroffenen Anwender, sondern beispielsweise Mitarbeiter der Datenverarbeitung in den Spezial-Ausschüssen tätig. Das führte dort vielfach zu Kommunikationsproblemen, besonders bei den Querinformationen.

Die DV-Kontaktleute sind auch für die Weitergabe der Informationen an die Mitarbeiter zuständig. Wird etwa ein neuer Programmteil eingesetzt, wie zuletzt die "Zahlbarmachung des Krankengeldes", so hat sich der Kontaktmann mit Unterstützung der DV-Mitarbeiter in das Handling einzuarbeiten. Seine Aufgabe ist es dann, jedem einzelnen Mitarbeiter das notwendige Wissen am Arbeitsplatz anhand praktischer Beispiele zu vermitteln.

Er erhält von der DV alle notwendigen Unterlagen und steht jederzeit für Rückfragen zur Verfügung. Bei einem anderen Programmteil (Arbeitsunfähigkeitsfallführung) wurde ein selbstverfaßtes "Handbuch" zur Verfügung gestellt. Außerdem fand durch die Kontaktleute und den DV-Abschnittsleiter eine theoretische Schulung statt. Bei diesem Verfahren funktionierte die Anwendung jedoch nicht besser als bei dem zuvor geschilderten kurzen Weg.

Den rund 160 Mitarbeitern in unserem Unternehmen stehen zur Zeit 57 Bildschirme zur Verfügung (zumeist Olivetti 378 L), was in etwa einer Relation von 1:1000 Mitgliedern entspricht. In der DV-Zentrale in Gummersbach und in zehn Geschäftsstellen im Umkreis sind Bildschirme installiert. Gerade bei dieser dezentralen Verwaltung ist ein direkter Informationsfluß notwendig. Der von uns gewählte unkomplizierte Weg entspricht unserer Grundhaltung des "learning by doing". Die Mitarbeiter haben das akzeptiert, da diese Methode einfach, direkt und mit sofortigem praktischen Nutzen verbunden war. Schulungsprogramme, externe Unterweisungen und das Studieren dicker Handbücher entfielen. Die Kontaktleute haben zudem den Vorteil, die abteilungsspezifische Sprache der Mitarbeiter zu sprechen, wodurch Verständigungsschwierigkeiten abgebaut werden. Als Führungskräfte haben sie auch die erforderliche Übersicht, um Querverbindungen zu sehen und verständlich zu machen.

Da wir als Programmanwender eine Art Pionier-Kasse waren, hat sicher auch der Zeitdruck und der Zwang zum Experimentieren eine Verbürokratisierung der Kommunikationswege verhindert. Heute hat sich das gut eingespielt. Ein Vorteil war auch, daß der DV-Gruppenleiter aus einer Fachabteilung kam. Das verhinderte Reibungsverluste zwischen Fachabteilung und DV. Gegenwärtig sind wir dabei, mit dem Integrationsprogramm Daten und Text (IPDT) das Formular(un)wesen zu ersetzen. Auch das ist nur in direkter Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen möglich, wobei die Formatierung in der Datenverarbeitung konzentriert bleibt. Ein Handbuch oder ähnliches wurde nicht erstellt.

Klaus Meintzschel

DV-Leiter, Deutsche Vereinigte Schuhmaschinen GmbH, Frankfurt

In den vergangenen, zwei Jahren hat sich eine entscheidende und tiefgreifende Wandlung vollzogen. Das rasche und unaufhaltsame Vordringen der Mikrocomputer in die Bereiche der Fachabteilungen hat viele bisher bestehende Kommunikationsprobleme auf recht einfache Art und Weise ausgeräumt. Insbesondere ist nunmehr auch die Fachabteilung zu einer gründlichen Problemanalyse genötigt und muß sich mit den zu lösenden Aufgaben identifizieren. Die Denkprozesse bewegen sich in Richtung DV-Profis. Schon dies allein bringt unschätzbare Vorteile in der Zusammenarbeit, räumt alte Vorurteile aus und ist somit die beste Voraussetzung zur Vermeidung von ständigen Kommunikationsschwierigkeiten, wie sie in der Vergangenheit leider zu oft vorkamen.

Doch auch die einem Mikro-Einsatz vorausgehende notwendige Schulung fördert das gegenseitige Verständnis. Während in der Vergangenheit die spezifischen DV-Belange wie Datensicherung, Kapazitätsprobleme, Datenstrukturen und Zeitverhalten in allen Erörterungen mit den Fachabteilungen als reines DV-Problem abgetan wurde, kam es gerade nach Einführung neuer Abläufe wegen dieser Verlagerung in die DV-Verantwortung nicht selten zu erheblichen Meinungsunterschieden. Durch die nunmehr eigene Verantwortung für die Daten, sei es, daß sie im Arbeitsplatzrechner gespeichert oder auch zur Großanlage übertragen werden, haben diese Punkte plötzlich eine vorher nie beachtete Wichtigkeit erhalten.

Der entscheidende Aspekt dürfte jedoch die psychologische Wandlung sein, die der Einsatz von Kraftzwergen in den Fachabteilungen bewirkt hat. Das tief im Innersten verwurzelte Mißtrauen gegenüber dem "geheimnisvollen Geschehen in der Black-Box" wird aufgrund der Erfahrung im Umgang mit dem eigenen Kleincomputer zu einem einfachen logisch erkennbaren Ablauf. Spätestens ab diesem Moment wird er als technisches Hilfsmittel betrachtet, das ohne irgendwelche mystischen Dinge, lediglich aufgrund logisch analysierter und in Programme umgesetzter Vorgaben, diese Aufgaben löst. Und damit endlich schwindet auch das Mißtrauen und wandelt sich zu einer offenen und freien Partnerschaft zwischen Mensch und Maschine.

Die hier beschriebenen Faktoren haben, zumindest in dem mir bekannten Unternehmen ein völlig neues Verhältnis zwischen Fachabteilungen und DV-Mitarbeitern herbeigeführt. Nicht nur das Verständnis für die technischen und organisatorischen Probleme hat sich wesentlich verbessert, auch stellt sich heute die Tätigkeit der DV-Spezialisten in den Augen der Fachbereiche in einem aufgewerteten Licht dar. Die "Fach-Idioten" werden heute mehr als früher akzeptiert und man ist bereit, ihre Hilfe und ihr Wissen für die Realisierung eigener Probleme zu nutzen. Diese noch im Anfang stehende Entwicklung verspricht für die Zukunft weniger Reibungsverluste,

Jörg Bühler

Leiter Org./DV Salamander AG, Kornwestheim

Es ist sicherlich nicht nur bei Salamander so, daß Kommunikationsprobleme zwischen Datenverarbeitung und Fachabteilung kontinuierlich abnehmen und daß die Akzeptanz für den Einsatz moderner Verfahren und Technologien wächst.

Das rührt unter anderem daher, daß Mitarbeiter der Fachabteilung zunehmend mehr über die Informationsverarbeitung wissen. Umgekehrt haben DV-Profis die Probleme der Fachabteilung besser kennengelernt.

Der DV-Einsatz wird zur Selbstverständlichkeit. War es früher mehr die Org./DV-Abteilung, die Umstellungen initiierte, so kommen heute solche Anstöße und Forderungen häufiger von Fachabteilungen. Und nicht selten wird von entstehenden Systemen dieselbe Flexibilität und Bedienerfreundlichkeit verlangt, wie sie zum Beispiel Kalkulationsprogramme auf Mikrocomputern bieten.

Der Einsatz moderner Technologien wird auf lange Sicht über Sein oder Nichtsein vieler Unternehmen entscheiden. Deshalb ist es unumgänglich, daß diese Technologien auf breiter Ebene akzeptiert werden.

Unser Schulsystem ist leider immer noch nicht in der Lage, an diesem wichtigen Punkt ein ausreichendes Basiswissen zu vermitteln. Diese Aufgabe fällt damit den Betrieben zu, die allerdings nicht nur Auszubildende (für die bei Salamander eigene Arbeitsplatzsysteme zur Verfügung stehen) in den neuen Technologien ausbilden müssen. Der Einsatz dieser Verfahren bringt einen Trend zur ganzheitlichen Vorgangsbearbeitung mit sich. Deshalb muß gleichzeitig auch das Know-how über die betrieblichen Zusammenhänge vermittelt werden. Das heißt, eine reine Technikschulung reicht nicht aus.

Ist das nötige DV-Wissen in der Fachabteilung vorhanden, motiviert eine frühzeitige Mitarbeit bei der Systementwicklung und Einbindung in die Verantwortung die zukünftigen Benutzer. Gleichzeitig entsteht hierbei auch ein bestimmtes Verständnis für die immer noch existierenden wirtschaftlichen und technischen Grenzen von Hard- und Software.

Durch den Einsatz von Mikros mit Standardprogrammen können bestimmte arbeitsplatzspezifische Aufgaben von den Mitarbeitern der Fachabteilung selbst erledigt werden. Dazu ist es allerdings erforderlich, daß in der DV eine Anlaufstelle, ein Service-Center existiert, das die Anwender schult und berät und bei Problemen zur Verfügung steht.

Spätestens zu dem Zeitpunkt, wo mit Abfragesprachen, Sprachen der vierten Generation (wie immer man sie definiert), von Terminals oder Mikros am Arbeitsplatz des Fachabteilungs-Mitarbeiters auf Host-Daten zugegriffen wird, müssen den Fachabteilungen die für sie verfügbaren Informationen transparent gemacht werden. Im Idealfall geschieht dies unter Einsatz eines Data Dictionary. Auch hier kann das Service-Center wertvolle Dienste leisten.

Durch mehrseitige Zeitungsanzeigen wird von Hard- und Softwareherstellern fortwährend erklärt, wie einfach und mühelos moderne Verfahren und Technologien eingesetzt werden können. Dadurch wird, was positiv ist, zunächst die Neugier geweckt. Es werden aber auch übertriebene Erwartungen aufgebaut. In der Praxis stellen sich die Dinge dann häufig doch etwas komplizierter, und was das Lernen und Umdenken anbelangt, auch mühevoller dar. Aufgabe des DV-Personals ist es dann oft, den Anwender sehr behutsam an die Realität heranzuführen. In diesem Sinn tut uns Charlie Chaplin für eine dauerhafte Akzeptanz nicht nur einen Gefallen.