Kolumne des Herausgebers

Kommentar: Wie produktiv ist die IT?

02.05.2008
Von 
Christoph Witte arbeitet als Publizist, Sprecher und Berater. 2009 gründete er mit Wittcomm eine Agentur für IT /Publishing/Kommunikation. Dort bündelt er seine Aktivitäten als Autor, Blogger, Sprecher, PR- und Kommunikationsberater. Witte hat zwei Bücher zu strategischen IT-Themen veröffentlicht und schreibt regelmäßig Beiträge für die IT- und Wirtschaftspresse. Davor arbeitete er als Chefredakteur und Herausgeber für die Computerwoche. Außerdem ist Witte Mitbegründer des CIO Magazins, als dessen Herausgeber er bis 2006 ebenfalls fungierte.
Der Quotient von Output und Input wird für fast alle Branchen berechnet. Nur mit der Informationstechnik tun sich die Marktforscher schwer, bemängelt COMPUTERWOCHE-Herausgeber Christoph Witte.

Es gibt kaum noch Prozesse und Geschäftsabläufe, die nicht mit Hilfe von IT automatisiert wurden oder die zumindest stark von ihr abhängen. Deshalb lässt sich ohne Vermessenheit sagen, dass die IT viele Produktivitätszuwächse in allen Wirtschaftsbereichen moderner Industriestaaten erst ermöglicht hat. Der Diskussion, die ich anstoßen möchte, liegt der Begriff Produktivität als Quotient von Output und Input zugrunde. Zur Erläuterung: In den 30 Mitgliedsstaaten der OECD ist die Produktivität zwischen 1993 und 2002 durchschnittlich um 2,6 Prozent pro Jahr gestiegen. Das bedeutet, wenn 1993 für die Produktion von 1000 Tonnen Stahl 100 Arbeitsstunden nötig waren, dann brauchte man im Jahr 2002 nur noch 71 Stunden dazu. Im Jahr 2008 sind es dann - bei gleicher jährlicher Produktivitätssteigerung - nur noch gut 49 Stunden.

Christoph Witte, Herausgeber COMPUTERWOCHE
Christoph Witte, Herausgeber COMPUTERWOCHE
Foto: Christoph Witte

Anhand der OECD-Daten lassen sich die Effizienzgewinne fast jedes Wirtschaftszweiges und jeder zu erledigenden Aufgabe beziffern. Nur für die IT-Abteilungen existieren keine solchen Zahlen, nicht von der OECD und nicht von großen Research-Häusern wie Gartner oder IDC. Sie weisen, wenn überhaupt, nur Teilergebnisse (Produktivität von Programmierern) aus oder beschreiben Produktivitätsgewinne eher wolkig, ohne sie wirklich als Verhältnis von Aufwand und Nutzen zu berechnen. Angesichts der Ausgaben für IT ist das eigentlich sträflich. Laut Gartner verwendeten Unternehmen im weltweiten Durchschnitt gut vier Prozent ihres Umsatzes für IT.

Die Berechnungen zur Produktivät der IT sollten sich nicht um herkömmliche IT-Benchmarks wie Kosten pro CPU-Stunde oder Kosten pro Transaktion drehen. Vielmehr geht es zum Beispiel um das Verhältnis von eingesetztem Kapital zur Anzahl IT-unterstützter Mitarbeiter oder um die Menge erfolgreich abgeschlossener IT-Projekte im Verhältnis zu den geleisteten Arbeitsstunden in der IT. Diese Informationen würden darüber Auskunft geben, wie effizient die IT-Abteilungen insgesamt arbeiten und wie sie sich entwickeln. Die dafür nötige Datenbasis ließe sich relativ leicht schaffen, viel leichter jedenfalls als eine, die den Beitrag der IT am Produktivitätswachstum des Gesamtunternehmens beziffern könnte.

Erst wenn solche pragmatischen Benchmarks diskutiert werden - vielleicht liegen sie ja einzelnen IT-Managern bereits vor, aber sie reden nicht darüber -, lässt sich der Wert der IT im Verhältnis zu anderen Unternehmensbereichen bestimmen. Und erst dann blieben der IT die vielen intensiven, aber letztlich fruchtlosen Diskussionen über ihren Wertbeitrag erspart, in denen bekanntlich die Existenzberechtigung vieler IT-Abteilungen angezweifelt werden.