Kommentar/Telecom-Geschaeft und seine Schattenseiten

05.05.1995

Zweimal war in den vergangenen Wochen in der COMPUTERWOCHE vom Augiasstall die Rede, den es zu saeubern gilt: einmal bei der Telekom, wo eine Zeitlang Abrechnungs- und Betrugsaffaeren fast schon alltaeglich schienen, und nun im Zusammenhang mit den angeblichen Fehltritten des jetzt vor Gericht stehenden Alcatel- Praesidenten Pierre Suard. Zugegeben, die Anlehnung an das aus der griechischen Mythologie stammende Bild ist sicher ein harter Vergleich, aber was sollte man sonst zu den im wahrsten Sinne des Wortes skandaloesen Vorgaengen sagen und schreiben.

Zwar ist es, um kein Missverstaendnis aufkommen zu lassen, nicht Aufgabe eines Fachblattes wie der COMPUTERWOCHE, diese Vorfaelle noch weiter zu durchleuchten und zu kommentieren. Dies koennen wir getrost den Staatsanwaelten und der Wirtschaftspresse ueberlassen. Andererseits wirft das, was hier an bewiesenen und (noch) unbewiesenen Tatsachen im Raum steht, schon ein gewisses Licht auf eine Branche, die jetzt im Zuge der Liberalisierung erst recht froehliche Urstaende feiern will. Man darf also gespannt sein, was der kuenftige freie Wettbewerb in der Telekommunikation noch so alles mit sich bringen wird.

Belassen wir es aber mit dieser Andeutung und bleiben wir noch ein bisschen bei Alcatel. Dort haben, wie Kritiker meinen, zu lange die Ingenieure und nicht die Marketiers das Sagen gehabt - auch das kennt man natuerlich von woanders her. Man hat wichtige Maerkte, beispielsweise den Mobilfunk, verschlafen - auch das beileibe kein Einzelschicksal. Dass nun die deutsche Alcatel-Tochter, der obendrein aufgrund der internen Alcatel-Hackordnung der Zugang zu wichtigen Auslandsmaerkten verbaut ist, die Suppe mehr als andere Konzernteile ausloeffeln muss, duerfte in Stuttgart wenig Anlass zu Optimismus bieten. Dem neuen deutschen Alcatel-Chef Peter Landsberg ist daher, schon um standortpolitischer Gruende willen, langer Atem und ein glueckliches Haendchen zu wuenschen.