Kommentar/Mit einem Bein im Gefaengnis

26.01.1996

Wer anderen oeffentlich zugaengliche - etwa in Compuserve oder auf dem Internet abgelegte - Software an die Hand gibt, mit der die Empfaenger etwa Passwoerter zu entschluesseln vermoegen, steht mit einem Bein im Gefaengnis.

Vergangene Woche berichtete die COMPUTERWOCHE ueber einen Programmierer, der in zwar aufklaererischer, nichtsdestotrotz moeglicherweise strafbarer Weise ein Passwort- Entschluesselungsprogramm in einem Compuserve-Forum ablegte.

Wie Nachfragen bei der Staatsanwaltschaft in Muenchen ergeben haben, laufen Online-Surfer Gefahr, sich mit solchen Aktionen strafbar zu machen. Allerdings ist die Rechtslage noch laengst nicht geklaert. Die Rechtsverfolger waren deshalb auch nur zu inoffiziellen Aussagen bereit. Aus den juristischen Beurteilungen ergibt sich jedoch trotzdem eine deutliche Warnung an all jene, die glauben, mit oeffentlich verfuegbar gemachten Hackerprogrammen anderen Online-Surfern einen Gefallen zu tun:

Nach Paragraph 263a StGB (Computerbetrug) macht sich der Programmierer eines Passwortentschluesselungsprogramms moeglicherweise strafbar, weil er mit Hilfe des Decodierprogramms sich oder Dritten einen unrechtmaessigen Vermoegensvorteil verschaffen koennte. Laedt sich naemlich ein anderer Compuserve- Teilnehmer das oeffentlich zugaengliche Programm auf seinen Rechner, um das Compuserve-Passwort Dritter zu entschleiern, koennte er auf dessen - gegebenenfalls extrem hohe - Kosten auf dem Daten-Highway surfen.

Eine Anstiftung zu einer Straftat scheint aber nicht vorzuliegen. Denn der Schoepfer des Basic-Programms ermutigt sicherlich zu keinem konkreten Vergehen und weiss wohl auch nicht genau, ob und wer ueberhaupt das Passwortentschluesselungsprogramm in finsterer Absicht benutzt. Dies aber waere fuer einen Richter Voraussetzung, um einen Angeklagten nach Paragraph 263 StGB zu verurteilen.

Allenfalls koennten nach dem Zivilrecht sogenannte Abwehransprueche beruehrt sein. Strafrechtler bestaetigten allerdings, dass es sich bei dieser Art von Gefaehrdung privater oder auch Firmendaten um einen sehr schwierigen Sachverhalt handelt. Noch gebe es hierfuer keine obergerichtliche Rechtsprechung und aus Mangel an einschlaegigen Urteilen auch kaum Literatur.

Auch Beihilfe nach Paragraph 202a StGB (Ausspaehen von Daten) koennte dem Programmierer vorgeworfen werden. Wer naemlich - wie eingangs erwaehnt -, unbefugt Daten, die nicht fuer ihn bestimmt und die gegen den unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, sich oder einem anderen verschafft, wird mit Freiheits- oder Geldstrafe belegt.