IT im Handel/

Kommentar/Kundennähe als Lauschangriff?

19.07.1996

Glaubt man Nicholas Negroponte, so funktioniert der Mensch im Labor des Massachusetts Institute of Technology bereits wie eine verkabelte Biokomponente in einem Netzwerk. Lässig skizziert der IT-Guru Szenarien, in denen der Kunde ausdrücklich und immer im Mittelpunkt des Handelns und Verhandelns steht: Es geht um sein Geld und um seine Daten, seine Bedürfnisse übrigens auch, die indes weniger über ihn persönlich als über einen Datenschürfvorgang, beispielsweise "Data- Mining", ermittelt und schließlich befriedigt werden sollen. Ort der Handlung: die Cyber Mall.

"Abgehandelte Datensouveränität"

Das ist - zugegeben etwas pointiert - die Vision des MIT-Mannes, der in zögerlichen Außenseitern und Zuschauern des elektronischen Commerce- und Marketing-Betriebs die kommenden "digitalen Obdachlosen des Cyberspace" vermutet.

So weit, so schrill. Kunden in der Alten Welt schrecken vor derartigen Szenarien zurück. In der Bundesrepublik hat es schließlich jahrelange Diskussionen über die informationelle Selbstbestimmung gegeben. Soll König Kunde sich diese seine persönliche Datensouveränität klammheimlich im Supermarkt um die Ecke wieder abhandeln, besser, "abscannen" lassen? Eine Frage des Bewußtseins? Auch. Doch gleichfalls eine Aufgabe für die Informationstechnik - beispielsweise der nachladbaren elektronischen Börse. Bei ihr sind die Vorteile von Electronic Cash am Point of Sale mit denen der Anonymität des Kunden gekoppelt. Vorteile, wohlgemerkt vom Kunden aus gedacht, der hierzulande e b e n n i c h t als auf Bonität und sämtliche andere Stärken und Schwächen hin gecheckter Träger einer Kundennummer seine Daten im (Daten-)Warenhaus speichern lassen möchte.