Kommentar Das Szenario erinnert an IMS und DB2

01.10.1993

Die Vorstellung, ein objektorientiertes Datenbank-Management- System koenne allein die Buerde der unternehmensweiten Datenbestaende tragen, ist offenbar nicht einmal den Anbietern selbst geheuer. Zumindest beschraenken sie sich in ihren Marketing-Aussagen allgemein darauf, ihre Produkte als Ergaenzung zu den relationalen Systemen anzupreisen.

Diese Zurueckhaltung steht den zumeist jungen Unternehmen gut an: Sind doch die "Top-500"-Anwender gerade erst damit beschaeftigt, die Umstellung von hierarchisch nach relational zu verkraften. Wie Stefan Rasp auf Seite 42 treffend bemerkt, waere es demnach alles andere als realistisch, von den Kunden einen neuerlichen Paradigmen-Wechsel zu fordern.

Zudem haftet an den OODBMS-Produkten - hoffentlich beschert uns bald irgendein Datenbank- Guru einen griffigeren Terminus - noch das Stigma der Quasi-Betatest-Technologie. Bislang sind denn auch nur wenige Systeme sowohl strukturell wie auch funktional objektorientiert (vgl. Peter Boehm auf Seite 47).

Anwender, die auf die unstrittigen Vorteile der relationalen Systeme nicht verzichten wollen, aber die Funktionalitaet der Objektspeicherung benoetigen, werden sich wahrscheinlich fuer eine der moeglichen Sowohl-als-auch- Loesungen entscheiden: Bespielsweise koennen sie den Vorschlag von Hermann Schmitt (Seite 48) aufgreifen und versuchen, ihr relationales DBMS in ein objektorientiertes System umzufunktionieren. Vorherrschen duerfte in den kommenden Jahren aber das von IMS und DB2 gewohnte Szenario, naemlich der Parallelbetrieb von zwei oder sogar drei unterschiedlichen Datenbanktechniken. Theoretisch laesst sich auf diese Weise fuer jede Anwendung der adaequate Speichermechanismus nutzen - wenn auch mit der Gefahr von Redundanzen und Konsistenz- problemen.

Last, but not least, arbeiten Oracle, Informix und Co. bereits daran, ihre relationalen Produkte mit objektorientierter Funktionalitaet aufzupeppen. Dieses Unterfangen ist allerdings weniger trivial als uns die Anbieter glauben machen wollen: Blobs sind "nice to have", haben aber mit Objektorientierung wenig zu tun. qua