Belegschaften werden von BDE-Vorhaben stärker tangiert als von üblichen EDV-Projekten:

Komfortables Betriebsdaten-Handling mit Mikroprozessoren

31.07.1981

Die Betriebsdatenerfassung (BDE) ist mit einer Neugestaltung des betrieblichen Informationsflusses verbunden, indem die Datenerfassung möglichst nahe an den Ort des eigentlichen Datenanfalls gelegt wird und die Daten möglichst im Moment des Anfallens verarbeitungsgerecht erfaßt werden. Man kann auf diese Weise manuelle Tätigkeiten sparen, die Datenerfassung beschleunigen und die Sicherheit der Erfassung erhöhen.

Der betriebliche Informationsfluß wird beschleunigt und in seiner Leistungsfähigkeit gesteigert. Häufig kommt zur aktuellen Erfassung vor Ort die aktuelle Datenausgabe vor Ort. BDE umfaßt also alles, was die eigentliche Verarbeitung unterstützt.

Erfassen, ausgeben, steuern

Unter Leitung des Autors hat die Projektgruppe Betriebsdatenerfassung des AWV-Arbeitskreises Datenerfassung folgende Definition festgelegt:

1. BDE umfaßt die Maßnahmen, die erforderlich sind, um Betriebsdaten eines Produktionsbetriebes in maschinell verarbeitungsfähiger Form am Ort ihrer Verarbeitung bereitzustellen (definierende Merkmale). Hiermit können zum Erfassungsvorgang gehörende Verarbeitungsfunktionen verbunden sein (ergänzende Merkmale).

2. Unter Betriebsdaten werden die im Laufe eines Produktionsprozesses anfallenden (definierendes Merkmal) und verwendeten Daten (ergänzendes Merkmal) verstanden. Hierbei handelt es sich um technische und organisatorische Daten, insbesondere über das. Verhalten oder den Zustand des Betriebes.

3. Ein BDE-System ist ein Hilfsmittel zur Erfassung und Ausgabe betrieblicher Daten mit Hilfe von automatisch arbeitenden Datengebern (Sensoren) und/oder personell bedienten Datenstationen im Betriebsgeschehen. Die Systeme können ergänzend über Datenverarbeitungsmöglichkeiten verfügen. Datenstation, BDE-Station oder Terminal ist die konstruktive Zusammenfassung der jeweils benötigten Datenendgeräte, mit deren Hilfe die unterschiedlichen Daten erfaßt oder Steuerinformationen ausgegeben werden können.

Ein weiteres, typisches Kennzeichen der BDE ist, daß sie Dienstleistungsfunktion für nicht nur ein anwendungsbezogenes Aufgabengebiet leistet, sondern für jeweils mehrere.

Folgende Aufgabengebiete werden immer wieder zugrunde gelegt:

- Produktionsplanung und -steuerung mit

- Materialwirtschaft (und damit Mengenerfassung/Überwachungen)

- Fertigungssteuerung, Kapazitäts-/ Zeitwirtschaft (mit Arbeitsfortschrittserfassung, Zeiterfassung für Aufträge, Überwachung der Kapazitätsbelegung, Terminüberwachung)

- Qualitätssteuerung/-sicherung mit Mengenerfassung nach Gut/Schlecht und Erfassung der - Daten unterschiedlicher Qualitätsmerkmale

- Technische Anlagensteuerung (wenn in organisatorischen Auftragsablauf eingegliedert)

- Instandhaltungswesen mit PPS-ähnlichen Aufgaben, häufig aber schlechteren Plandaten

- Kostenrechnung (Datenerfassung für die Ist-Rechnung)

- Personalwesen (Datenerfassung beispielsweise für Gleitzeit)

- Schwachstellenanalysen (beispielsweise Maschinennutzungsüberwachung)

- Sonstige, beispielsweise Wagedatenerfassung, Tankdatenerfassung, Kantinendatenerfassung, Zugangssicherung.

Für die Miterfassung der Ordnungsbegriffe (Beispiele: Personal-, Material-, Maschinen- und Auftragsnummer) im Datenerfassungsvorgang der neu angefallenen Daten kann man häufig entsprechende betriebliche Abläufe ausnutzen und anstelle umfangreicher Tastatureingaben vor Ort geeignete Datenträger zur Verfügung stellen. Anstelle der immer noch interessanten Lochkarte kommen zunehmend auch neue Medien in Frage, so etwa der Magnetbeleg oder der gedruckte Beleg mit OCR-Zeichen, zusätzlichem Strichcode oder sonstigen Codierungen.

Dezentral und direkt

Im Normalfall möchte man die Daten so nahe wie möglich an der Anfallstelle erfassen. Allerdings benötigt man, je weiter man dezentralisiert, um so mehr Erfassungsstationen im Betrieb. Im Prinzip lassen sich drei BDE-Schemen unterscheiden (siehe Abbildung).

Im Fall a) hat der Betrieb beispielsweise einen Fertigungssteuerungs-Leitstand eingerichtet und benutzt ihn als Informationsknotenpunkt zur BDE- oder es werden in hochentwickelten Konzepten hier die Sonderfälle bearbeitet.

Im Fall b) werden beispielsweise in einer mechanischen Fertigung die Meisterbereiche mit je einer BDE-Station ausgerüstet.

Im Fall c) erfolgt direkter Abgriff der Daten an der Datenquelle vor Ort, so etwa an Maschinen bei Nutzungsüberwachung.

Am Markt werden vielfältige BDE-Systeme angeboten, wobei die Fortschritte in der Computertechnik insbesondere bei den Mikroprozessoren zu einem interessanten Spektrum an Systemen geführt haben. Es reicht von Offline-Einheiten zur Installation vor Ort über unterschiedlich weitergehende Offline-Formen bis zu hierarchischen Online-Konzepten in bereichsweiser oder kombinierter Strukturierung einschließlich automatischer Datengewinnung an den Datenquellen.

Technische Intelligenz steht dabei auch dezentral zur Verfügung. Durch Modularisierung der Systeme werden Anpassungen an die unterschiedlichen

Aufgabenstellungen erreicht. Dies gilt außer für die Hardware zunehmend auch für die Software, die sich folgendermaßen klassifizieren läßt:

1. Betriebssystem/Dienstprogramme

2. Dateiverwaltungsprogramm/ Datenbanksystem

3. Kommunikationssoftware

- BDE-Zentrale <-> Terminals

- BDE-System <-> Planungsrechner

4. Anwendungssoftware

- Hilfen (Tools) für Systembetrieb, beispielsweise Terminaldialog einrichten

- Hilfen (Tools) für Software-Erstellung der BDE-Aufgabe, beispielsweise Plausibilitätskontrollen

- Fertige Anwendungssoftware in Moduln mit geeigneten Schnittstellen.

Wirtschaftlichkeit gestuft nachweisen

Grundsätzlich sollte die Wirtschaftlichkeit einer vorgesehenen BDE-Konzeption gegeben sein. Der Nachweis fällt allerdings oft schwer, so daß teilweise empfohlen wird, neben einigen in ihrem finanziellen Ausmaß ohne weiteres erkennbaren Einsparungen, nur mit Argumenten zu arbeiten.

Da dies in vielen Betrieben aber wie bei sonstigen Investitionen nicht weiterhilft, wird hier ein noch weiter gestufter Nachweis der Wirtschaftlichkeit vorgeschlagen:

1. Relativ leicht zu bestimmen sind die

KOSTEN mit meist hohem einmaligem und möglichst kleinem laufendem Anteil.

2. Schwieriger zu ermitteln ist meist der zu erwartende

NUTZEN mit meist kleinem einmaligen und möglichst stattlichem laufenden Anteil.

Vorschlag: Unterscheiden nach

- faßbaren Beträgen,

- indirekten, schätzbaren Einsparungen/Vorteilen,

- indirekten, schlecht faßbaren Einsparungen/Vorteilen .

Jeweilige Zuordnung nach Gegebenheiten des einzelnen Betriebs. Zu Einsparungen durch bessere Dispositionen siehe. Zu Checklisten für Kosten- und Nutzengrößen siehe.

Motivation durch Information

Immer wieder wird von BDE-Projekten berichtet, bei denen Widerstände auf seiten der Mitarbeiter auf getreten sind; in Extremfällen sind daraufhin sogar schon Projekte abgebrochen worden. Deshalb sollte beachtet werden, daß die Mitarbeiter im Betrieb in mehrfacher Hinsicht und stärker als bei den meisten EDV-Projekten berührt werden, da mit der BDE die Datentechnik direkt in das Betriebsgeschehen hineinreicht.

Wie gut durchgeführte Beispiele zeigen, möchten die Arbeiter nach erfolgter Einführung das System nicht mehr missen. Im übrigen werden aber auch immer wieder Motivationsprobleme in den verschiedenen Führungsebenen beklagt, so daß für alle

Ebenen bis hinunter zu den einzelnen Sachbearbeitern und Arbeitern an den Maschinen gilt:

Motivation durch Information ist höchstes Gebot, um die BDE erfolgreich verwirklichen zu können. Nur ein System, das erkennbare Vorteile bringt, wird akzeptiert.

Mindestens teilweise besteht sogar die Notwendigkeit, die Zustimmung des Betriebsrates für betreffende Projekte zu gewinnen:

Paragraph 87 des Betriebsverfassungsgesetzes bestimmt unter (1):

Der Betriebsrat hat ... mitzubestimmen:

6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;

10. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung; .....

Die Einigung hat sich dann in einer Betriebsvereinbarung niederzuschlagen.