Kolumne/Microsoft und ein Stueck Normalitaet Dieter Eckbauer

05.05.1995

Dem amerikanischen Justizministerium ist die geplante Uebernahme des Telebanking-Software-Spezialisten Intuit durch Microsoft ein Dorn im Auge. Der US District Court in San Franzisko soll jetzt entscheiden, ob durch den Deal ein De-facto-Monopol in einem wichtigen Teilmarkt fuer interaktive Finanzdienstleistungen entstehen koennte (Seite 3) - keine leichte Aufgabe, denn die Auswirkungen sind bisher kaum abzusehen. Es werden die Weichen in einem neuen Anwendungsbereich gestellt, bei dem es den Kunden an den Nerv geht: Der Online-Verkehr beeinflusst unmittelbar den Puls ihrer Geschaeftsprozesse. Die Kunden koennen eigentlich nur begruessen, dass in diesem Punkt Klarheit geschaffen werden soll.

Ein ganz normaler Vorgang, sollte man meinen: So etwas kommt in den besten Familien vor - kein Grund jedenfalls, sich sonderlich aufzuregen. Doch ist daran zu erinnern, dass der Klage eine ausufernde und unergiebige Diskussion ueber das Fuer und Wider in den amerikanischen Medien vorausging. Zu bedauern ist das vor allem deshalb, weil dadurch diejenigen in ihrer Schnoddrigkeit bestaerkt wurden, die ohnehin nicht glauben, dass durch gerichtliche Massnahmen etwas erreicht werden kann.

Die flotten Sprueche des Microsoft-Gruenders Bill Gates sind auch ausserhalb der Branche ausfuehrlich zitiert worden. Er hat die Lacher auf seiner Seite, zumal einige seiner Gegner ideologische Positionen bezogen haben, was sie nicht unbedingt souveraen erscheinen laesst. Dasselbe kann man natuerlich von Gates sagen. Fuer die rechtliche Beurteilung sind seine Aussagen in eigener Sache vorerst ohne Belang. Und doch fehlte es nicht an Kommentaren, die einem vorweggenommenen Freispruch fuer Gates gleichkamen - typisch fuer eine Branche, die noch nicht gelernt hat, mit Fragen des Wettbewerbsrechts unbefangen umzugehen. Dabei kommt den IT- Anbietern der Umstand zugute, dass in weiten Kreisen noch Unwissenheit ueber die Zusammenhaenge im Computermarkt herrscht - Juristen bilden da keine Ausnahme. Dass sich ein US-Gericht mit Microsoft beschaeftigt, ist ein Stueckchen Realitaet, das zu Normalitaet fuehren koennte, wenn Gates und seine Anhaenger das Urteil annehmen - egal, wie es ausfaellt.

In eigener Sache

Die Zeiten sind laengst vorbei, in denen die Topmanager grosser Unternehmen die DV-Abteilung als Prestigeobjekt ansahen: Das in der Regel "blaue" RZ hat als Statussymbol ausgedient. Ob drei Grossbuchstaben in der Zusammenstellung IBM noch als "Versicherung" gegen informationstechnisches Ungemach aller Art gelten, mag dahingestellt bleiben, ebenso der Punkt, dass drei andere Grossbuchstaben moeglicherweise bereits fuer ein besseres Symbol des Schutzes gehalten werden. Darum geht es, wenn ueberhaupt, erst ganz zuletzt. Am Anfang hat die Frage zu stehen, was Informationstechnik zum Business Re-Engineering beitragen kann. Die CW moechte erreichen, dass dieser Aspekt staerker in den Vordergrund gerueckt wird. Schreiben Sie uns!