Worauf CIOs achten müssen

Kollaborationsplattformen erfolgreich einführen

23.11.2016
Von 


Oliver Blüher ist Regional Managing Director bei Solera Inc.
CIOs haben die Notwendigkeit von digitaler Zusammenarbeit bisher oft verkannt, jetzt kommt das Umdenken. Bei der Einführung von Kollaborationsplattformen müssen sie einiges beachten.

Der CIO steht durch die zunehmende Digitalisierung heute mehr im Rampenlicht als je zuvor. Ist er Traditionalist oder Visionär? Es wird von CIOs erwartet, dass sie eine technologische Vision für das Unternehmen entwickeln, die Wachstum und organisatorische Veränderungen vorantreibt.

Nur gemeinsam lassen sich Innovationen vorantreiben.
Nur gemeinsam lassen sich Innovationen vorantreiben.
Foto: Rido - shutterstock.com

CIOs schaffen sich selbst ab

CIOs teilen sich zunehmend die direkte Kontrolle über ihre technologische Vision mit anderen Abteilungen. Digitale Technologien sind längst nicht mehr nur im IT-Team verankert, Marketing und HR mischen vermehrt bei der Vergabe der Budgets mit. Nicht selten nehmen diese Abteilungen die Modernisierung sogar selbst in die Hand, ohne die IT mit ins Boot zu holen. HR ist gleichermaßen besorgt um die jüngeren Arbeitnehmer sowie das Verhältnis zwischen den verschiedenen Generationen am Arbeitsplatz, Marketing arbeitet mit Tools die Kreativität und Zusammenarbeit fördert.

Die Gründe für die viel zitierten Phänomene "Schatten-IT" und "Consumerisation der IT" sind bekannt: Eine IDC-Studie belegt, dass Wissensarbeiter etwa die Hälfte ihrer Arbeitszeit für die Erstellung, Bearbeitung oder Suche von E-Mails und Dateien aufwenden - allerdings können sie nur auf etwa 60 Prozent der für sie relevanten Dateien von jedem ihrer Clients aus zugreifen. Zudem ist jeder vierte Anwender gefrustet vom Umgang mit geschäftlichen Dokumenten.

In der Folge greifen die Anwender an ihrem Arbeitsplatz auf Technologien zurück, die sie aus ihrem privaten Umfeld kennen und schätzen. Einige IT-Abteilungen fühlen sich durch Schatten-IT herausgefordert, andere wiederum nehmen diese Entwicklung als Chance wahr und bezeichnen sie als die "Neue IT" - denn die Anwender sind bereits eingebunden und unter Kontrolle. Geschäftsführer, CIOs und andere Entscheidungsträger haben in den vergangenen Jahren die Notwendigkeit von Kollaboration und Enterprise File Sharing and Sync (EFSS) unterschätzt. Dies führte in vielen Unternehmen zur Frustration der Mitarbeiter sowie einem Wildwuchs an verschiedenen Plattformen innerhalb des Unternehmens. CIOs müssen aus diesem Grund dringend handeln und Themen wie Industrie 4.0 und Kollaboration ganz oben auf ihre Liste setzen. Andernfalls gefährden sie nicht nur ihr Unternehmen, sondern auch sich selbst, denn die entstehende Innovationslücke wird schnell von anderen CXOs (CDOs, CMOs, CTOs, etc.) geschlossen.

Kollaboration als Motor für Innovation

Die Bedeutung von Kollaboration für die digitale Wirtschaft ist offensichtlich, denn: Die digitale Wirtschaft ist kollaborativ. Eine Accenture-Studie geht etwa der Frage nach, welchen tatsächlichen wirtschaftlichen Wert digitale Kollaboration hat. Der "Digital Collaboration Index" kommt zu dem Schluss, dass alleine in Deutschland durch verbesserte digitale Kollaboration das Bruttoinlandsprodukt um 3,7 Prozent zulegen könnte (knapp 100 Milliarden Euro).

Digitale Formen der Zusammenarbeit spielen für Wissensarbeiter eine immer wichtigere Rolle: Entsprechende Tools, die Ideenaustausch und Informationszugang fördern, müssen oberste Priorität eines jeden CIOs sein. Die Wucht, mit der sich die digitale Zusammenarbeit auf die Produktivität auswirkt, ist enorm: 50 Prozent erfolgreicher Arbeitsleitung beruht heute auf Kollaboration- vor zehn Jahren waren noch 80 Prozent der Resultate vom Individuum abhängig. Unbestritten ist digitale Innovation einer der Eckpfeiler für optimierte Unternehmensperformance. Und Kollaboration - sowohl interne als auch externe - ist der Motor für digitale Innovation.

Nur ein weiteres Tool

Die Etablierung von Kollaborationsplattformen im Unternehmen ist für den CIO jedoch alles andere als eine leichte Aufgabe. In der Vergangenheit konzentrierten sich CIOs allzu oft auf die Einführung großer und starrer ERP- oder CRM-Systeme, was im krassen Gegensatz zu den Anforderungen unserer dynamischen Business-Welt steht. Anstelle dieser Großprojekte müssen flexible Produkte für Analytics, Mobility und Collaboration treten. Andernfalls wird aus der Plattform nur allzu schnell ein weiteres ungenutztes Tool, das nur geringe Adoption im Unternehmen erfährt, weil es keinen wirklichen Mehrwert bietet.

Viele CIOs hoffen, dass bereits die bloße Anschaffung eines Kollaborations-Tools genügt - ein Trugschluss! Denn schlussendlich sind es die Mitarbeiter und nicht das Tool selbst, die aus einem unkollaborativen Unternehmen ein kollaboratives machen.

Zuallererst gilt es also grundlegende Fragen mit den Anwendern selbst zu klären: Welche Ziele verfolge ich? Wie erledigen Mitarbeiter im Moment mit welchen Tools ihre Aufgaben und welchen Herausforderungen begegnen sie dabei? Die Auswahl der geeigneten Lösung erfordert Planung, Evaluierung und Recherche. Auf diese Weise erhält die IT-Abteilung wertvolle Erkenntnisse über das tatsächliche Nutzungsverhalten der Anwender. Anschließend gilt es herauszufinden, welche Plattform den entscheidenden Unterschied im Unternehmen machen kann. Die Einbindung der Mitarbeiter in den Auswahl- und Entscheidungsprozess erhöht nicht nur die Wahrscheinlichkeit, das passende Tool zu finden, sondern auch die Erfolgsaussichten hinsichtlich der Akzeptanz im Unternehmen.

Nutzerfreundlichkeit ist Trumpf

Eines der wichtigsten Kriterien für Kollaborationsplattformen hinsichtlich der technischen Anforderungen ist die Integrierbarkeit in andere Systeme und die Anpassungsfähigkeit. In den meisten Unternehmen müssen Dokumente aus Legacy-Systemen integriert werden und diese Informationen auf der neuen Plattform bearbeitet werden.

Hier gilt es im Vorfeld festzulegen, welche Betriebssysteme, Devices und Lösungen unterstützt werden müssen. Zudem sollte jeder Mitarbeiter in der Lage sein, die gewählte Plattform zu verwenden. In vielen Fällen ist die Plattform selbst eine wesentliche Barriere für die Akzeptanz, weil die Mitarbeiter die Lösung nicht bedienen können. Hier gilt: Je weniger Training erforderlich ist, umso besser wird das Tool angenommen. Eine Plattform mit einer Vielzahl von Features ist nutzlos, wenn sie nicht einfach und intuitiv zu nutzen ist.

Sicherheit

Im Zusammenhang mit dem Thema Kollaboration treibt den CIO ein weiterer wichtiger Aspekt an: die Sicherheit der Plattform. Dabei gilt es, sich zunächst vom Begriff der Schatten-IT zu lösen: In Zeiten mobiler Geräte und zunehmender Auflösung der Grenzen zwischen Consumer und Business ist diese Terminologie nicht mehr sinnvoll. Ganz im Gegenteil, Kollaborationsplattformen zeigen ganz offen auf, welche Funktionen Anwender an einem Tool schätzen und auch nutzen.

Auf diese Weise gewinnen CIOs die Kontrolle über die Firmendaten zurück, schließlich können sie nur kontrollieren was sie auch sehen. Wirklich innovative IT-Entscheider sehen sich heutzutage an, welche Tools ihre Mitarbeiter privat bereits nutzen und übernehmen diese Technologien in die Arbeitswelt. Zu oft wurde Sicherheit in der Vergangenheit mit dem Prädikat nutzerunfreundlich versehen - eine sichere Lösung kann unmöglich auch noch einfach zu bedienen sein. Diese Denkweise hat sich verändert, Sicherheit geht heute einher mit Popularität, Usability und damit Adoption.

Die Crux an der Geschichte

Neben den technologischen Aspekten ist vor allem ein Faktor entscheidend: Die entsprechende Unternehmenskultur ist die Grundvoraussetzung für den Erfolg von Kollaboration. Die Führungsriege muss zu 100 Prozent hinter den neuen Prozessen stehen und die Nutzung neuer Technologien idealerweise vorleben. Dazu gehört auch ein kollaborativer CIO. Nicht selten scheitern Kollaborationsprojekte an mangelnder Vertrauenskultur, denn digitale Zusammenarbeit erfordert eben auch, Kontrolle abzugeben. (haf)