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"Kleiner Junge" Kleinfeld führt Siemens mit Ampelsystem

04.07.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Klaus Kleinfeld, seit Anfang 2005 Vorstandsvorsitzender der Siemens AG und Nachfolger von Heinrich von Pierer, möchte die Innovationsfähigkeit des deutschen Unternehmenskolosses und dessen Kostenstruktur durch ein Ampelsystem auf Vordermann bringen.

Der 48-Jährige will die operative Marge der zwölf Geschäftsbereiche (ohne das Finanz- und Immobiliengeschäft) der Siemens AG von jetzt knapp fünf Prozent auf etwa neun Prozent fast verdoppeln. Hierzu hat er ein Management-Führungsinstrument etabliert, das bei einigen der rund 100 Top-Divisionsmanagern für graue Haare sorgen dürfte. Mit einem Ampelsystem kategorisiert Kleinfeld die Divisionen in rote Kandidaten mit schlechten Margenwerten, gelbe Divisionen mit befriedigenden Gewinnspannen und den grünen Leistungsträgern mit exzellenten Ergebnissen.

Anlässlich einer Zusammenkunft der 100 obersten Siemens-Manager teilte er deren Divisionen in rote, gelbe und grüne Gruppen, schreibt die "Financial Times". Die "roten" Führungskräfte forderte er sodann auf, vor der versammelten Management-Creme Pläne zu detaillieren, wie ihre Einheiten auf einen prosperierenden Weg gebracht werden sollten. Anschließend konnten die versammelten Top-Leute via elektronische Abstimmung entscheiden, wie plausibel die vorgeschlagenen Maßnahmen sind.

Kleinfeld ließ keinen Zweifel daran, dass Führungskräfte, die auf einem ähnlichen Treffen wieder die rote Karte bekommen, sich ernsthaft Gedanken machen müssen. Angesprochen auf deren Karriereaussichten, sagte Kleinfeld der "Financial Times" zufolge: "Das wäre nicht gut."

Der Siemens-Topmann konzedierte, dass einige der roten Kandidaten von einem geradezu züchtigenden Effekt solch eines Ampel-Managements sprachen. Kleinfeld ist aber überzeugt, dass gerade die - neudeutsch - Low-Performer aus diesem Experiment lernen und das Geschäftsergebnis ihrer Division verbessern werden. Zu den unbefriedigend agierenden Geschäftsbereichen zählen die Telekommunikationssparte ebenso wie die IT-Dienstleister der Siemens Business Services (SBS).

Kleinfeld betonte allerdings, dass es ihm nicht nur um Kostensenkungen gehe. Innovationen müssten her, damit das Geschäft wachse. Kostenreduzierungen allein würden nicht die Ergebnisse produzieren, die er sich vorstelle.

Der Siemens-Chef ist im Gegensatz zu seinem Vorgänger Heinrich von Pierer, der jetzt den Aufsichtsrat anführt, bekannt für einen hemdsärmligen Führungsstil, der nicht immer auf Gegenliebe stößt. Viel Kopfschütteln erregte Kleinfeld gleich zu Beginn seiner Amtszeit als Vorstandsvorsitzender des Münchner Industrieriesen. Seinerzeit hatte er anlässlich eines Pressetermins einen Journalisten mit einem Handy bemerkt, das nicht von Siemens stammte. Kurz entschlossen griff sich Kleinfeld das Mobiltelefon und warf es in ein Glas Wasser. "Da hat sich Kleinfeld wie ein kleiner Junge benommen" zitiert die britische Wirtschaftszeitung einen nicht näher genannten Berater. Niemand in der Branche hatte Verständnis für diese Demonstration.

Dummerweise hatte Siemens aber mit seinen Handys im Sommer 2004 für negative Schlagzeilen gesorgt. Das Unternehmen, das am Handy-Markt ständig Marktanteile verlor und diese Sparte kürzlich an den taiwanischen Anbieter BenQ verkauft hat, musste Top-Modelle aus der "65"-Serie wegen eines Softwarefehlers zurückrufen, um eine bessere Version aufzuspielen. Insider gehen davon aus, dass dieser Fauxpas Siemens rund 50 Millionen Euro Umsatzeinbuße einbrachte, vom Imageschaden nicht zu sprechen. (jm)