Kleine Servicehäuser haben die zufriedensten Kunden

15.10.2004
Kleine Dienstleister kommen besser an. Die Kunden schätzen an ihnen die kurzen Entscheidungswege und die persönliche Betreuung.

Von CW-Redakteur Joachim Hackmann

Der Markt für IT-Services erholt sich, doch zugute kommt die Besserung vornehmlich den großen Anbietern. Sie berichten in der vierteljährlichen Umfrage des Münchner Ifo-Instituts von anziehenden Einnahmen und steigender Nachfrage, die kleinen beklagen hingegen weiter die schlechte Auftragslage. Immerhin: Jenseits der wirtschaftlichen Betrachtungen spendet das Marktforschungshaus Trovarit den Häusern in der zweiten Reihe Trost. Eine Umfrage unter vornehmlich mittelständischen, zum Teil aber auch großen Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten ergab Folgendes: "Die Mitarbeiterzahl des Anbieters hat erheblichen Einfluss auf die Zufriedenheit der Nutzer. Je größer die Häuser, desto schlechter schneiden sie ab", berichtet Karsten Sontow, Vorstand der Trovarit AG in Aachen. Bewertet wurden sowohl dedizierte Servicehäuser als auch die Beratungseinheiten der ERP-Anbieter (etwa SAP Consulting). Teilgenommen haben 1434 zum Gros mittelständische Firmen.

Die Kleinen punkten immer

In keinem von insgesamt 27 abgefragten Qualitätsmerkmalen (etwa Branchen- und technische Kompetenz, Projekt-Management, Support, Kosten, Pünktlichkeit) schnitten große Anbieter von Betriebs- und Implementierungsdiensten für ERP-Projekte besser ab als die kleineren Häuser. Der Erfolg eines Projekts zur Einführung und Betrieb von betriebswirtschaftlicher Standardsoftware hängt wesentlich von der engen Zusammenarbeit der Anwender mit den Dienstleistern ab, so dass nicht zuletzt die Unternehmensstruktur der Servicehäuser erheblichen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat.

Große Koordinationsprobleme

Und hier liegen offenbar die Schwierigkeiten der vornehmlich dürftig bewerteten Provider: "Die Anbieter bekommen mit zunehmender Größe Koordinationsprobleme. Bei Dienstleistern mit 25 Mitarbeitern ist der Account-Manager zugleich Berater und verfügt im Zweifel noch über technisches Know-how. Wenn die Kunden anrufen, löst er Probleme am Telefon oder holt kurzfristig einen Spezialisten hinzu. Account-Manager in großen Unternehmen sollen vornehmlich Kundenkontakt halten und haben häufig keine Kompetenzen", erläutert der Trovarit-Manager. In der Implementierungsphase fällt es großen Unternehmen zunehmend schwerer, die für die Projektabwicklung erforderlichen Spezialisten zu steuern. Gerade bei Häusern mit 250 Mitarbeitern und mehr kommt es zu einer ausgeprägten Arbeitsteilung, was wiederum erheblichen Mehraufwand in der Koordination der Ressourcen erfordert.

Kümmerfaktor ist wichtig

Zugute kommt den kleinen Häusern ihre regionale Präsenz. Mittelständische Nutzer wollen ihren ERP-Dienstleistern auf Augenhöhe begegnen und wählen daher oftmals einen ortsansässigen Anbieter. Kurze Wegzeiten, schnelle Reaktionen und der persönliche Kontakt fördern das Wohlbefinden der Kunden. Die guten Urteile haben sich die Anbieter zudem durch ihre Spezialisierung erworben. "Die kleinen Dienstleister pflegen in der Regel eine klare Fokussierung auf bestimmte Kundengruppen. Sie verfügen über Branchenkompetenz und sprechen die Sprache des Kunden", schildert Sontow.

Die Analyse zeigte darüber hinaus eine größere Zufriedenheit der Kunden mit dem Verlauf von ERP-Vorhaben, wenn sie von einem reinen Dienstleister betrieben wurden. Vor allem die große Beratungseinheiten der ERP-Anbieter verfügen zwar über die finanzielle Mittel und personellen Ressourcen, um ihre Kunden auch auf internationaler Ebene zu unterstützen. Den zumeist mittelständischen Befragten lässt dies jedoch kalt. So schneiden beispielsweise die SAP-Partner All for One, Itelligence sowie die SAP-Mittelstandstochter Steeb bei der Zufriedenheitsanalyse deutlich besser ab als die Servicekräfte des Stammhauses in Walldorf.

Über alle Anbietergrößen hinweg zeigte sich zudem, dass die Kunden mit dem Engagement und der technischen Kompetenz ihres Partners in der Regel zufrieden sind. Beide Parameter wurden mit der Note "gut" bewertet. Auf weniger Zustimmung stieß hingegen das Projekt-Management der Dienstleister. Während die Kunden ihren Implementierungspartner insgesamt mit dem Durchschnittswert 3,75 (umgekehrtes Schulnotensystem: 1 = mangelhaft, 5 = sehr gut) bedachten, lagen die Beurteilungen was die Budgettreue, die Pünktlichkeit und den Personalaufwand betraf, deutlich darunter.

Dürftiges Projekt-Management

Lediglich die großen Anwender zeigten sich zufrieden mit Projektlaufzeit und Kosten der ERP-Projekte, weil sie das Projekt selber verantworten. "Anwenderunternehmen mit 1000 Mitarbeitern und mehr nehmen das Projekt-Management zumeist selbst in die Hand und entmündigen den Anbieter an dieser Stelle. Trotzdem bewerten sie das vom Dienstleister erbrachte Projekt-Management deutlich schlechter, als kleinere Kunden es bei ihren Partnern tun", beschreibt Sontow.

Probleme bei der ERP-Einführung

Mangelnder Kooperationswille durch Berater (etwa wegen Arroganz) 4,7

Mangelnde Kommunikation 5,2

Mangelnde Fachkompetenz des Implementierungspartners 6,0

Mangelnde Branchenkompetenz des Implementierungspartners 6,3

Mangelndes Projektmanagement 8,0

Fehlende Ressourcen des Implementierungspartners 8,2

Kosten höher als geplant 14,9

Fehlende Ressourcen im Projektteam 24,6

Abbildung der Unternehmensprozesse 25,2

Zu viele Systemanpassungen 30,0

Knapper Zeitplan 38,1

Aufbereitung der erforderlichen Daten, Datenmigration 56,1

Quelle: Trovarit, 1419 Antworten, Mehrfachnennungen

Die Kritik trifft häufig das Projekt-Management: Zeit-, Ressourcen- und Budgetprobleme sollten sich durch gute Planung reduzieren lassen.