Componentware/Kommentar

Kleine Brötchen backen

21.05.1999

Der Traum von einer industriellen Softwareproduktion hat mit Componentware neue Nahrung bekommen. Neben Benutzeroberflächen ê la Windows und Java, die heute schon die Clients bevölkern, sollen sich künftig offene Softwaresysteme aus wiederverwendbaren Komponenten am laufenden Band montieren lassen. Vorbei wäre dann die Zeit, in der Unternehmen die knapper werdenden Ressourcen Arbeitskraft, Zeit und Know-how in Insellösungen vergeuden und Applikationen immer wieder von Grund auf neuentwickeln.

Vor allem aber ist die Notwendigkeit der Integration immer komplexerer DV-Umgebungen die Ursache, daß Anwender an der Komponententechnologie Gefallen finden. Deren Möglichkeit, Einzelfunktionalitäten sowohl auf der Basis bestehender Anwendungsmonolithen zu erstellen als auch mit Hilfe verschiedenster Techniken neuzuentwickeln, läßt Herzen höher schlagen. Zudem bringen brennende DV-Probleme wie Verteilung, Interoperabilität, schnelles Prototyping und Reverse Engineering die Komponentensicht und ihre modernen Mehrschichten-Architekturen COM, Corba und Enterprise Javabeans auf die Tagesordnung der IT-Abteilungen.

Es scheint daher, daß Componentware, anders als die verwandte Objekttechnik, die seit Jahren dahindümpelt, gute Zukunftschancen hat. Doch es kommt wieder einmal viel Arbeit auf die IT-Abteilung zu: Umfangreiches Know-how etwa beim Design muß aufgebaut werden, die Standards sind noch im Fluß, Entwicklungswerkzeuge sind Mangelware, und zu allem Überfluß soll der Anwendungsentwickler Komponenten vertrauen, die er nicht selbst geschrieben hat und deren Qualität er nicht kennt. Viele Anwender backen deshalb erst einmal kleine Brötchen und machen ihre Legacy-Anwendungen modularer, während Komponentenfans weiter von einer Welt aus Softwarefabriken träumen.