Strategisches Management als neue Größe:

Klare Spielregeln für den DV-Benutzer

02.11.1984

KÖLN (CW) - Der Einsatz von Informationsverarbeitung geht häufig einher mit starker Verunsicherung. Technische Entwicklungen verlaufen enorm schnell und steigern damit das Investitionsrisiko, erhöhen aber auch die Einsatzmöglichkeiten. Auf die Bedeutung des strategischen Managements weilst Jürgen Groß, Mitarbeiter bei Arthur Dr. Little, Wiesbaden, hin und skizziert die derzeitige Lage: Forderungen der Anwender und Leistungsfähigkeit der Informationsverarbeitung stehen teilweise im Widerspruch zueinander.

Die technischen Entwicklungen führen dazu, daß eine eindeutige Zuordnung einer Technik zu einer bestimmten Aufgabe nicht mehr gewährleistet ist. Die Geräte sind teilweise schon multifunktional und werden es in Zukunft noch stärker sein. Wir müssen davon ausgehen, daß Kommunikationssysteme, Datenverarbeitungssysteme und Bürosysteme sich in eine "einheitliche" Richtung entwickeln und von daher in einigen Bereichen auch substituierbar werden.

Dies erschwert natürlich die Entscheidungen, die heute zu treffen sind, weil zwar die grundsätzliche Entwicklung absehbar ist, die Verfügbarkeit von Produkten aber zum Teil noch offen ist. Eine solche Situation zwingt dazu, sich einen mittelfristigen Rahmen aufzubauen und Technikeinsatz nicht ad hoc zu entscheiden beziehungsweise anhand heutiger Bedürfnisse, sondern in einem Systemzusammenhang zu denken. Ziel ist es dabei, vorhandenen Bedarf mit vorhandenen Mitteln zu lösen, ohne sich den zukünftigen Einsatz zu verbauen. Pläne dieser Art dürfen sich aber nicht nur auf technische Entwicklungen abstützen, sondern müssen aus den Bedürfnissen des Unternehmens heraus entstehen und deshalb an die strategische Planung des Unternehmens angebunden werden. In den konkreten Situation eines Unternehmens ist es jedoch fast unmöglich, ein solches Gesamtkonzept aufzubauen, ohne die drängenden operativen Belange der Anwendung dabei zu vernachlässigen Aus dieser Konfliktsituation heraus ergibt sich das Dilemma, vor dem viele DV-Abteilungen heute noch stehen.

Der Konflikt wird noch dadurch verschärft, daß die Kompetenz für die unterschiedlichen Technologien häufig noch verteilt ist. Die Verantwortung für Telefon und Telex als Kommunikationssysteme ist im Regelfall anderen organisatorischen Einheiten zugeteilt als die Kompetenz zum Beispiel für Datenfernverarbeitung. Diese in der Vergangenheit sinnvollen Kompetenzzuordnungen müssen heute überdacht werden und bedürfen im allgemeinen der Neuregelung. Hinzu kommt, daß die Anwendungen, die heute gefordert werden, häufig einen stark qualitativen Charakter haben und stärker Management-initiiert sind.

Die neue Generation von Anwendungen, die sich daraus ableitet, setzt die gezielte Nutzung unterschiedlicher Technik voraus. Wenn die Möglichkeiten systemtechnischer Unterstützung am Arbeitsplatz ausgeschöpft werden sollen, dann muß dies in einer Gesamtkonzeption geplant werden.

Zunächst einmal ist es jedoch wichtig, sich Klarheit zu verschaffen über die Rolle, die Informationsverarbeitung in einem Unternehmen spielt. Die möglichen Bedeutungen der Informationsverarbeitung lassen sich - als Unterstützungsfunktion, die strategisch nicht entscheidend, nur Rationalisierungsinstrument ist,

- als Fabrikfunktion mit Informationsverarbeitung als ein tragendes Element der Leistungserstellung, das effizient produzieren muß,

- als Durchbruch; Informationsverarbeitung wird ein kritischer Wettbewerbsfaktor sein und beeinflußt die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens.

- als strategische Waffe, wobei Informationsverarbeitung wesentlich die Wettbewerbsposition auf dem Markt beeinflußt.

Die Einordnung in eine dieser Kategorien richtet sich danach, inwieweit Informationsverarbeitung die kritischen Erfolgsfaktoren eines Unternehmens beeinflußt. Die kritischen Wettbewerbsfaktoren sind industrie- und marktabhängig und werden benutzt, um die Strategie eines Unternehmens festzulegen. In jedem Fall spielen Elemente von Informationssystemen eine Rolle bei der Planung und Kontrolle der Leistungen und bei der Definition des Leistungserstellungsprozesses.

Diese Neuorientierung der lnformationsverarbeitungsfunktion wirkt sich natürlich auf die Organisation aus. Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß Kompetenzzuordnungen erforderlich sind. Ebenso erforderlich ist es aber auch, die Organisation der EDV und die personellen Ressourcen dahingehend zu organisieren, daß neue Aufgaben wahrgenommen werden können.

Referat auf dem Orgatechnik-Congress '84 "Informationsverarbeitung morgen".