Filmhändler setzt auf Unified Messaging

Kirch Media sorgt für Kommunikationsmix

27.04.2001
MÜNCHEN (hi) - Fax, E-Mail, SMS, Handy und Telefon gehören für die meisten Beschäftigten heute zum Arbeitsalltag. Doch Medienbrüche erschweren ihren effizienten Einsatz. Kirch Media praktiziert mit einer Unified-Messaging-Lösung die Konvergenz dieser unterschiedlichen Kommunikationsmittel.

Berlin, Cannes, Hollywood, Venedig, - die internationalen Filmfeste dieser Welt sind ihr Arbeitsplatz. Während das normale Publikum nach Stars und Filmsternchen Ausschau hält, sind die Glitzer-Events für die Außendienst-Mitarbeiter der Kirch Media GmbH Knochenarbeit: Sie suchen neuen Stoff für das rund 85 000 Stunden umfassende Filmarchiv in Ismaning bei München und versuchen gleichzeitig, die entsprechenden Sendelizenzen gewinnbringend an die Fernsehanstalten zu bringen. Ein Job, der ohne Rücksprache mit dem Innendienst nicht zu leisten ist, denn von jedem Film lagern diverse Sprachversionen mit unterschiedlichen Senderechten für verschiedene Länder in Ismaning.

Diese Kommunikation mit der Zentrale bereitete in der Vergangenheit Probleme: Mal konnte der Mitarbeiter nicht per E-Mail erreicht werden, mal scheiterte der Faxversand an der unbekannten Telefonnummer eines Hotels. "Letztlich war die reibungslose Kommunikation mit den Außendienstlern nicht sichergestellt", bringt Christian Rosenhauer, Teamleiter Back Office in der zentralen Informatik bei Kirch Media, die frühere Situation auf den Punkt.

Allerdings drückte den Teamleiter noch anderweitig der Schuh. Auch die internen Kommunikationslösungen waren durch den technischen Fortschritt teilweise überholt. So lief etwa die früher auf den Arbeitsplatzrechnern unter Windows 3.11 eingeführte Faxlösung nicht mehr auf den aktuellen Windows-NT-Workstations. Für die Mitarbeiter hatte dies zur Konsequenz, dass sie ihre Dokumente erst auf einem Abteilungsdrucker zu Papier bringen mussten, um sie dann von einem der zentralen Faxgeräte zu versenden. "Das war äußerst ineffizient", blickt Rosenhauer zurück.

Das zweite große Problem, mit dem sich Kirch Media im Sommer 1999 konfrontiert sah, war die TK-Anlage. "Die Nebenstellenanlage mit ihren Voice-Boxen, über die rund 1000 Mitarbeiter angeschlossen waren, entpuppte sich als nicht Jahr-2000-fähig", erklärt der Teamleiter. Insgesamt wurde die IT-Infrastruktur den gestiegenen Kommunikationsansprüchen nicht mehr gerecht.

Faxgeräte sollten verschwindenAngesichts dessen entschlossen sich die Ismaniger zu einem grundsätzlichen Umbau. Dabei sollten zum einen alle Kommunikationsmittel auf einer Plattform vereint, zum anderen die noch vorhandenen Faxgeräte abgeschafft werden. "Wegen dieser grundlegenden Forderungen", so Rosenhauer, "kam für uns nur eine Unified-Messaging-Lösung in Frage."

Allerdings wollte die IT-Mannschaft bei der Suche nach dieser Lösung nicht komplett bei Null anfangen: Eine Ablösung des erst kürzlich eingeführten "Microsoft Exchange" in der Version 5.5 als Basis für E-Mail und Workflow stand nicht zur Disposition. "Schließlich hatten wir im Alltag mit der Kombination aus Exchange und Outlook als Client gute Erfahrungen gemacht, und die Anwender hatten sich an diese Plattform gewöhnt", beschreibt der Teamleiter die Ausgangssituation.

Vor diesem Hintergrund zählte die nahtlose Integration in die Exchange-Infrastruktur mit zu den wichtigsten Forderungen im Pflichtenheft. Dabei verstand Rosenhauer unter Integration nicht nur ein reibungsloses Zusammenspiel, sondern erwartete von seinem künftigen Unified-Messaging-System auch, dass es sich auf Server-Seite in Exchange einklinkt und dabei nur als eine weitere Registerkarte im Exchange erscheint sowie alle User-Daten wie Telefonnummer, Mail-Adresse etc. im Directory von Exchange abspeichert. Neben dieser vereinfachten Administration hatte der Teamleiter auch konkrete Erwartungen in Sachen Client. Dort sollte die Lösung alle Funktionen über Outlook offerieren, "denn wir wollten nicht mehr wie in der Vergangenheit bei unserer Faxlösung unter Windows 3.11 auf jedem Desktop Treiber installieren". Zudem sah es das Pflichtenheft als Selbstverständlichkeit an, dass die Messaging-Plattform am Arbeitsplatz nicht nur den Versand, sondern auch den Empfang von Faxen erlaubt.

Ein weiterer zentraler Punkt war für die IT-Mannschaft das Zusammenspiel zwischen Telefonanlage und Messaging, denn die Voicebox-Funktionalität sollte künftig ebenfalls vom Messaging-System übernommen werden. "Dabei war uns wichtig", erklärt Rosenhauer, "dass eine Signalisierung eingegangener Anrufe auch an den Telefonen erfolgt, damit der Benutzer bei ausgeschaltetem PC trotzdem erkennt, dass er neue Nachrichten hat."

Konvergenz der Kommunikationsmedien"Einen breiten Platz nahm im Pflichtenheft zudem die Konvergenz der verschiedenen Kommunikationsmedien ein, denn wir wollten ja künftig Medienbrüche vermeiden", führt Rosenhauer weiter aus. Konkret verstand die IT-Abteilung darunter etwa die Option, sich von unterwegs via Telefon eingegangene E-Mails vorlesen zu lassen (Text-to-speech), oder die Möglichkeit, Faxe an eine beliebige Telefonnummer in einem Hotel weiterzuleiten. Zudem war es dem Teamleiter im Zeitalter des Handy-Booms wichtig, dass auch direkt aus Outlook heraus eine SMS an die mobilen Mitarbeiter versandt werden kann. Um die SMS-Begrenzung auf 160 Zeichen zu umgehen, sollte das System eine Nachricht automatisch in bis zu vier SMS zerlegen, womit dem Anwender 640 Zeichen zur Verfügung stehen.

Damit die IT-Abteilung bei diesem Medienmix nicht auf irgendwelchen Kosten sitzen bleibt, stellte das Pflichtenheft hohe Anforderungen an das Reporting: Für jede Kommunikationsart wie Fax, SMS etc. sollte eine Aufschlüsselung der Kosten auf die einzelnen Abteilungen erfolgen.

Trotz des sehr detaillierten Pflichtenheftes gestaltete sich die Suche nach einem passenden System schwierig. "Auf dem Papier", lässt Rosenhauer den Entscheidungsprozess Revue passieren, "erfüllten die Lösungen unsere Anforderungen." Ablehnungsgründe ergaben sich erst bei gezielten Nachfragen, etwa nach dem Zusammenspiel von TK-Anlage und Messaging-Plattform.

TK-Anbieter blocken oft abIT-Entscheidern, die ebenfalls eine Unified-Messaging-Lösung einführen wollen, rät Rosenhauer an diesem Punkt, sich nicht nur auf die Aussagen des Messaging-Anbieters zu verlassen, sondern auch bei dem Hersteller der TK-Anlage nachzufragen, ob er gewillt ist, mit diesem Anbieter zusammenzuarbeiten. In der Praxis wäre denkbar, dass ein TK-Anlagenbauer, der selbst eine ähnliche Lösung im Programm hat, nicht unbedingt durch Kooperationswillen glänzt, da er seine eigenen Produkte an den Mann bringen möchte.

Noch ein weiteres Ausschlusskriterium kristallisierte sich heraus: Zwar bieten alle Unified-Messaging-Lösungen die Option des Faxversandes, doch in der Praxis unterscheiden sie sich bezüglich des Handlings von unterschiedlichen Dateiformaten wie Word, Excel etc. beträchtlich. "Wer also eine universelle Faxlösung sucht, sollte unbedingt auf die Vielfalt der unterstützten Dokumentanlagen achten", empfiehlt Kirch-Media-Mann Rosenhauer.

Abschließend macht der Teamleiter noch auf einen anderen, oft vernachlässigten Punkt im Pflichtenheft aufmerksam: die Verfügbarkeit der Komponenten in 19-Zoll-Bauweise. "Auf diese Weise ist das strategische Kommunikationsequipment geschützt eingebaut, und die Kühlung ist dank moderner 19-Zoll-Schränke ebenfalls gewährleistet", erklärt er.

Nachdem die einzelnen Systeme anhand des Pflichtenheftes mit Schulnoten bewertet waren, verblieben zwei Unified-Messaging-Plattformen in der engeren Wahl. Letztlich entschieden sich Rosenhauer und seine Gruppe für Thor von der Speech Design Carrier Systems GmbH. "Bei diesem Hersteller fühlten wir uns subjektiv am wohlsten", begründete der Teamleiter die Entscheidung. Den Ausschlag gaben schwer zu benotende Punkte wie die Offenheit des Herstellers, auf Kundenwünsche in künftigen Versionen zu reagieren. Ferner erschien dem IT-Team bei Thor die Administration einfacher als bei den Konkurrenzprodukten.

Die Migration wurde in knapp vier Tagen bewältigt. Aufgrund der großen Infrastruktur (1000 PCs und rund 1200 TK-Endgeräte) installierten die Ismaninger zwei Line Server und ein Gateway. Dank intensiver Vorarbeiten und direkter Kontakte zwischen Speech Design und TK-Anlagenhersteller im Vorfeld klappte das Zusammenspiel von IT- und TK-Welt. Lediglich ein unscheinbares Detail hätte in letzter Minute fast noch die reibungslose Inbetriebnahme verhindert: Die Leitungslänge der ISDN-Verbindung zwischen TK-Anlage und Thor erwies sich als sehr lang. Sie hätte fast die Realisierung des Features "Signalisierung eingegangener Nachrichten am Telefon" verhindert.

Neben der eigentlichen Installation der Unified-Messaging-Server waren noch Änderungen am Exchange-Server erforderlich, denn mit den neuen Diensten wie Voicebox etc. reichten die ursprünglichen 50 MB Plattenplatz pro User nicht mehr aus. Hier verdoppelte das IT-Team den Speicherplatz für jeden Account.

Zudem rät Rosenhauer, bei einer solchen Migration bereits im Vorfeld zu prüfen, ob der Exchange-Server mit den neu hinzugekommenen Diensten in der Praxis noch ausreichend skaliert, "denn ein System, das im Alltag unter Last zusammenbricht, fördert nicht unbedingt die Akzeptanz der Anwender für neue Services". Ein Problem, mit dem die IT-Mannschaft bei Kirch Media nicht zu kämpfen hatte. So nahmen etwa die Sekretariate die Möglichkeit, SMS direkt aus dem Mail-Client an die Außendienstler zu versenden, dankbar an. Auch wenn zurzeit in der Unified-Messaging-Lösung das Mail-Aufkommen das Gros der Kommunikation ausmacht, erobern sich laut Rosenhauer SMS, Fax und Voice kontinuierlich einen höheren Anteil. "Letztlich haben wir die Effizienz unserer Kommunikationsprozesse gesteigert", zieht der Teamleiter ein Resümee.

Ermutigt durch die positive Resonanz der Anwender, plant Rosenhauer bereits den nächsten Schritt: den Web-Access auf die Postfächer von unterwegs. Insgesamt zufrieden mit der jetzigen Lösung hat der Manager bereits eine weitere Idee: Stehen die neuen schnellen UMTS-Netze, so könnten die Außendienstmitarbeiter von den Filmfestspielen Videosequenzen nach Hause schicken und so den Entscheidungsprozess über den Einkauf neuer Filme und Lizenzen vereinfachen. Doch bevor dieses Zukunftsszenario Wirklichkeit wird, hat Rosenhauer noch einen anderen Wunsch an die Mobilfunkbetreiber: dass die Mitarbeiter unterwegs auf SMS-Nachrichten direkt antworten können. Bislang sehen sie nämlich lediglich eine zentrale Rufnummer und nicht den konkreten Absender.